Haiger. aktiv sprach mit Cloos-Geschäftsführer Sieghard Thomas, der „seine Roboter“ seit 45 Jahren im Unternehmen begleitet.
Was fasziniert Sie an Robotern?
1979, direkt nach meiner Ausbildung, durfte ich mich schon um den ersten Roboter kümmern und war sofort begeistert. Heute geht mir das Herz auf, wenn ich wie bei einem Wasserballett diesen Gleichklang erlebe, mit dem sich Roboter inzwischen perfekt aufeinander abgestimmt bewegen, um zum Beispiel ein tonnenschweres Lkw-Chassis zu schweißen. Bei unserer Jubiläumsfeier wurde jeder Redner auf der Bühne mit einem Trommelwirbel begrüßt, dargeboten von einem Roboter. Es ist einfach nur toll, was die alles können.
Wofür braucht man Ihre Roboter?
Um in Deutschland noch rentabel produzieren zu können, aber auch, um für den Menschen kräftezehrende Tätigkeiten zu ersetzen. Der Beruf des Schweißers ist zu Recht hoch angesehen, aber er ist auch anstrengend. Da sind Können und Know-how gefragt, hohe Konzentration bei der präzisen Führung des Schweißbrenners über lange Zeit für eine ideale Schweißnaht. Leider gibt es immer weniger dieser Könner. Der Nachwuchs fehlt. Also geht der Trend weiter zur Automatisierung und zu Anlagen, in denen mehrere Roboter gleichzeitig schweißen.
Was zeichnet Carl Cloos Schweißtechnik aus?
Das Unternehmen leistet seit 100 Jahren Pionierarbeit, ob in technischer Hinsicht oder auch, weil wir neue Wege bei der Ausbildung gehen wie beim dualen Studium. Mit 800 Mitarbeitern weltweit realisieren wir Fertigungslösungen für alle möglichen Branchen. Unsere Stärke liegt in der breit angelegten Kompetenz. Denn angefangen von der Schweißtechnik über die Robotermechanik und -steuerung bis hin zu Positionierern, Software und Sensorik kommt bei Cloos alles aus einer Hand.
Wie wird man Pionier der Branche, und wie hält man diese Position?
Indem man neugierig ist und offen an Neues herangeht, beim Kunden die richtigen Fragen stellt und Raum gibt für Ideen. Zudem haben wir einen Unternehmensbereich mit Start-up-Strukturen. Frei vom Korsett einer Abteilung wurde hier das „C-Gate“ entwickelt. Dieses Tool verpackt via Dashboard alle in der Anlage aufgezeichneten Daten in nützliche Auswertungen. Algorithmen werden den Optimierungsbedarf einer Anlage selbst erkennen und Lösungsansätze vorschlagen oder selbstständig realisieren. Das ist bei komplett verketteten, hochautomatisierten Anlagen ganz wichtig. In China weiß man solche Leistungen der Industrie 4.0 zu schätzen. Die Bereitschaft, eine Maschine in ein Netzwerk einzubinden, ist in China deutlich größer. Hier gehen wir leider noch ängstlich damit um.
Was ist Ihr nächstes Ziel?
Neben dem kontinuierlichen Vorantreiben technologischer Entwicklungen werden wir wohl endlich lauter werden. Wir waren, glaube ich, in den letzten 100 Jahren immer zu bescheiden und haben weniger intensiv vermittelt, was wir können. Wir haben tolle Produkte, haben Erstaunliches geleistet – und haben insgesamt zu wenig getrommelt. Daran arbeiten wir.
Zur Person
- geboren 1958 in Breitscheid, verheiratet, zwei Kinder und ein Enkelkind
- 1974 bis 1978 Ausbildung zum Industriegeräte-Elektroniker bei Cloos
- 1980 Einstieg in die Robotersystemtechnik als Servicetechniker. Anschließend verschiedene weitere Tätigkeiten bei Cloos im In- und Ausland
- seit 2016 Geschäftsführer der Carl Cloos Schweißtechnik
Estun übernimmt Carl Cloos
Haiger/Nanjing. Carl Cloos Schweißtechnik in Haiger hat sich mit dem chinesischen Automatisierungsspezialisten Estun Automation in Nanjing zusammengeschlossen. „Damit hat Cloos den perfekten Partner für die strategische Expansion seines Schweiß- und Robotik-Angebots gefunden und sichert so das Wachstum nachhaltig“, heißt es beim Unternehmen. Durch die Übernahme will Estun weltweit führender Robotik-Spezialist werden.
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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