Berlin. Bei der Nachricht kriegen Biertrinker Spontan-Schluckauf: Unsere Brauereien müssen derzeit jede Menge Fassbier wegschütten! Weil die Gastronomie weitgehend dicht ist, Partys und Großveranstaltungen verboten sind, werden sie ihren Gerstensaft nicht los, bevor das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. „Ware im Millionenwert wird so einfach in den Gully gekippt“, seufzt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes mit Sitz in Berlin.

Harter Preiskampf im Handel – ein Zehner für eine Kiste Markenbier

Zwar ist der Bierdurst hierzulande schon seit Jahrzehnten rückläufig. Doch Corona hat das noch mal verschärft. So süffelte der Durchschnittsdeutsche zuletzt 87 Liter Gerstensaft im Jahr – so wenig wie seit den 50er Jahren nicht mehr. Und im Januar 2021 brach der Absatz noch mal um brutale 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein.

Der Brauer-Bund warnt deshalb vor einer Pleitewelle. „Von Woche zu Woche geraten immer mehr Brauereien, Brauereigaststätten und Fachgroßhändler unverschuldet in existenzielle Not und sind von Insolvenz bedroht“, so der Verband.

Paradox dabei: Zwar wird hierzulande immer weniger Bier getrunken. Im Einzelhandel aber, aktuell der letzte große Absatzkanal der Bierproduzenten, gilt der Kasten mit Gerstensaft noch immer als stabiler Umsatz- und Kundenbringer. Wenn, ja, wenn der Preis stimmt!

Der aber kennt derzeit vor allem nur eine Tendenz: abwärts. Als hart umkämpftes Preissegment kristallisiert sich dabei die 10-Euro-Kiste heraus. Egal ob Bitburger, Krombacher, Becks oder Radeberger – Bierfreunde, die ab und an einen Blick in die Angebotsblättchen der Einzelhändler werfen, werden derzeit für diesen Preis so gut wie immer fündig. Für Aufsehen sorgte zuletzt besonders eine Rabattaktion der Privatbrauerei Warsteiner. Wer per Kassenbon belegen konnte, zwei Kisten Bier der Marke gekauft zu haben, bekam von den Sauerländern eine erstattet – exklusive Pfand.

Was den Kunden freut, belegt andererseits wohl vor allem die Verzweiflung der Brauer. Wobei ein Teil der Bierbranche der aktuellen Krise durchaus trotzen zu können scheint: die regionalen Brauereien.

Verbraucher schätzen Bio und regionale Produkte

Denn während die Großen der Branche einen Kater haben, scheint es in der Nische derzeit ganz süffig zu laufen. Bei der Oberpfälzer Bio-Brauerei Neumarkter Lammsbräu zum Beispiel. Im vergangenen Jahr habe man „über alle Produktlinien Erfolge verzeichnet und den Umsatz um 10 Prozent steigern können“, heißt es bei den Ökobrauern. Bemerkenswert – ist deren Produkt von der magischen 10-Euro-Latte doch weit entfernt.

Den Trend zur Regionalität auch beim Bier bestätigen zudem auch andere Brauer. „Die Konsumenten bevorzugen fast immer die regionale Alternative, wenn sie angeboten wird“, sagt Christoph Ebers, Chef der Distelhäuser Brauerei in Tauberbischofsheim.

Ulrich Halasz
aktiv-Chefreporter

Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann studierte Uli Halasz an drei Universitäten Geschichte. Ziel: Reporter. Nach Stationen bei diversen Tageszeitungen, Hörfunk und TV ist er jetzt seit zweieinhalb Dekaden für aktiv im Einsatz – und hat dafür mittlerweile rund 30 Länder besucht. Von den USA über Dubai bis China. Mindestens genauso unermüdlich reist er seinem Lieblingsverein Schalke 04 hinterher. 

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