Ergersheim. Sie waren unterwegs zur Arbeit, zum Einkaufen oder zur Schule … und sie kommen nicht mehr heim. Täglich verunglückt in Deutschland mindestens ein Radfahrer tödlich im Straßenverkehr. Häufig werden die Opfer von abbiegenden Lkws übersehen.

„Viele dieser Dramen könnte man verhindern – mit der richtigen Technik“, sagt Markus Dören. Der Kaufmann arbeitet für die Lang Unternehmensgruppe im fränkischen Ergersheim und erklärt deren Produkte: „Wir beliefern nahezu alle großen Nutzfahrzeughersteller.“

Der Produzent von Sichtsystemen entwickelt und produziert Sichtlösungen mit Spiegel- und Kamera-Monitor-Systemen aus einer Hand. Sie helfen, im Laster, Bus sowie in Bau- und Landmaschinen die Übersicht zu bewahren – vor, hinter und vor allem seitlich der großen Fahrzeuge, wo der tote Winkel lauert. Mit unterschiedlicher Sensorik erkennen sie Gefahr und warnen den Fahrer, damit er rechtzeitig auf die Bremse treten kann.

Der Sensor erkennt, ob am Straßenrand ein Mensch oder nur eine Mülltonne steht

„Bessere Sicht am Steuer ist dringend nötig“, betont Dören. Das geht mit technischen Hilfen. Der Mittfünfziger ist Abteilungsleiter der Vertriebstochter Mekratronics und kennt sich mit schweren Brummis aus. „Auf unseren Straßen herrscht immer mehr Verkehr“, sagt der Nutzfahrzeugexperte. Vor allem in den Innenstädten bewegen sich viele ungeschützte Verkehrsteilnehmer, die flink und zudem schwer zu sehen sind: Radler, Fußgänger, E-Biker und neuerdings auch Fahrer von Elektro-Tretrollern.

Der Abbiegeassistent, den die Franken entwickelt haben, kann in solchen Situationen Leben retten. Der Radarsensor erfasst „Hindernisse“ am Straßenrand. Er detektiert Objekte, die sich bewegen, und unterscheidet diese von statischen. Dören: „So weiß man, ob ein Mensch die Fahrbahn überqueren will – in der Fahrerkabine ertönt ein Warnsignal – oder ob am Straßenrand nur eine harmlose Mülltonne steht.“ Die Entwickler und er sind mit der Innovation zufrieden: Im ADAC-Vergleich wurden sie Testsieger. „Objekte wurden zuverlässig erkannt, und es gab keine Fehlalarme.“

Für rund 2.000 Euro lässt sich ein Truck nachrüsten

In neuen Trucks ist die Technik sofort einsatzbereit. Für rund 2.000 Euro lässt sie sich zudem nachrüsten. „Es besteht jedoch aktuell noch kein Zwang.“ Die EU sieht eine Einbaupflicht ab 2022 vor. Das Verkehrsministerium hat ein Förderprogramm über 5 Millionen Euro für freiwillige Nachrüster aufgelegt. Die Summe wurde jetzt verdoppelt. „Es tut sich was“, so Dören. Doch es dauert, bis knapp drei Millionen Brummis auf deutschen Straßen aufgerüstet sind.

Den Trailer immer im Blick

Mekra Lang ist derweil schon am nächsten Schritt: Mit digitalen Mitteln werden immer größere Sichtfelder abgedeckt. Etwa mit elektronischen Systemen, die herkömmliche Spiegel komplett durch Kameras und Monitore ersetzen. „Digital Vision System“ nennt sich die Lösung, die auch für das autonome Fahren wichtig ist. Das System erfasst alles, was hinter dem Fahrzeug passiert und bringt dies auf zwei Monitoren im Fahrerhaus zusammen. Der Trucker wird beim Spurwechsel unterstützt und behält in der Kurve seinen Trailer hinten im Blick.

Denn trotz technischer Unterstützung bleibt weiterhin der Mensch gefordert. Dören: „Man muss auch die Fahrer trainieren und auf Lenkzeiten achten.“ Denn nur wer wach ist, kann schnell reagieren.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Schon mein Vater hatte mit Nutzfahrzeugen zu tun. Nach dem Studium habe ich mich ebenfalls für die Branche entschieden.

Was reizt Sie am meisten?

Dazu beizutragen, dass schwere Verkehrsunfälle in Zukunft möglichst verhindert werden können.

Worauf kommt es an?

Spiegel, Kameras und Monitore perfekt aufeinanderabzustimmen und dann im Fahrzeug richtig einzustellen – das gilt übrigens auch privat im Pkw.

Verkehrsunfälle auf deutschen Straßen im Jahr 2018

  • 2.600.000 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei
  • 3.275 Menschen starben bei Verkehrsunfällen
  • 445 Fahrradfahrer verunglückten tödlich
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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