Iserlohn. Cengiz Cayar reißt das Maß an, hat das Werkstück dabei genau im Blick. Akkurat muss er die Körnung setzen, damit die Bohrung später 100-prozentig an der richtigen Stelle sitzt. Präzision ist da gefragt und konzentriertes Arbeiten. Kein Problem für den angehenden Industriemechaniker.

Genauso fokussiert wie die Bohrvorrichtung geht Cayar gerade seine Zukunft an. Er ist kein „normaler“ Azubi. Der 36-Jährige macht eine Umschulung in der Ausbildungswerkstatt Mittel-Lenne (ABG) in Letmathe. „Jetzt oder nie“, habe er sich vor einem Jahr gesagt: „Es ist eine gute Zeit, sich weiterzubilden.“

Ohne Abschluss schlechte Chancen am Stellenmarkt

Berufserfahrung als Maschinen- und Anlagenführer hat Cayar reichlich, eine Ausbildung nicht. Mit 19 hat er die Schule abgebrochen, weil er in der Familie gebraucht wurde. „Ich habe erst mal gejobbt, und das hat gut geklappt“, blickt er zurück: „Wenn man einmal drin ist, dann läuft es. Finanziell war es gut. In einer Ausbildung hätte ich weniger verdient. Da habe ich das aufgeschoben.“

Er hat in verschiedenen Unternehmen gearbeitet, hatte immer mit Metall zu tun und konnte viele Erfahrungen sammeln. Als er nach dem letzten Job arbeitslos war, kam Cayar aber doch ins Grübeln, wie es in der Zukunft weitergeht. Mehrere Bewerbungen liefen ins Leere. „Ohne abgeschlossene Ausbildung hatte ich da keine Chance.“ Seine Beraterin bei der Arbeitsagentur empfahl eine geförderte Qualifizierungsmaßnahme, und so landete er in der Ausbildungsgesellschaft.

Die bietet regelmäßig zweijährige Umschulungen zum Industrie- und Zerspanungsmechaniker oder (einjährig) zum Maschinen- und Anlagenführer an. Das Programm ist gestrafft, Theorie und Praxis finden in der Ausbildungswerkstatt statt, ein Praktikum gehört dazu. „Rund 60 Umschüler haben wir immer an unseren Standorten in Letmathe und Plettenberg“, sagt ABG-Geschäftsführer Andreas Weber: „Sie sind in den Unternehmen sehr begehrt.“

Für Cayar ist es genau das Richtige. „Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis habe ich. Und den Beruf fand ich immer schon interessant. Maschinen instand halten, Baugruppen herstellen, Teile einbauen – das kannte ich ja alles schon aus den Betrieben von den Kollegen dort.“

Auch mit dem Lernen klappt es wieder

Seine praktische Erfahrung sieht er als großen Pluspunkt. Nicht ganz so leicht ist es ihm gefallen, wieder ans Lernen zu kommen. „Vieles hat man doch vergessen. Einiges war für mich auch neu wie die Pneumatik. Da muss man schon zu Hause ordentlich nacharbeiten“, sagt er. Auch in der Corona-Pause hat er Bücher gewälzt. Gefreut hat er sich, als es wieder losging. Das gute Arbeitsklima, das Lernen in kleinen Gruppen und die Ausbilder, die unterstützen, machen es leichter.

Gelassen sieht er der Abschlussprüfung Teil I entgegen. „Ich bin ein Einser- bis Zweier-Kandidat. An den Zweien arbeite ich noch“, sagt er selbstbewusst. Sein Ehrgeiz ist geweckt, und er überlegt, nach den zwei Jahren noch weiter auf den Meister oder Techniker zu lernen. „Die Ausbildung ist eine Basis, die viele Möglichkeiten bietet. Ich kann das auf jeden Fall empfehlen.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich kannte ja bereits Industriemechaniker. Ihr Job hat mich schon länger interessiert. Als die Arbeitsagentur das empfohlen hat, habe ich zugegriffen.

Was reizt Sie am meisten?

Eine defekte Produktionsanlage instand setzen und sie einstellen, Bauteile wechseln - es schaffen, dass sie wieder läuft.

Worauf kommt es an?

Technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und Teamfähigkeit, wenn man an den großen Maschinen arbeitet.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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