Märkischer Kreis. Wochen- und monatelang gelernt, mit den Arbeitsabläufen vertraut, und dennoch zittern am Prüfungstag die Knie. Wenn es ernst wird, liegen die Nerven der Auszubildenden oft blank. Und mancher verliert sie komplett.

So wie der junge Mann, an den Werner Beckmann sich noch gut erinnert: Der verschwand während der Zwischenprüfung einfach. Ein Einzelfall, aber ähnliche Erfahrungen machen alle Prüfer. „Es ist immer wieder überraschend, wie die Azubis sich am Tag der Prüfung verändern. Man erkennt sie kaum wieder“, erzählt Kollege Jens Wittnebel.

1.625 Prüfer bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer

Beckmann und Wittnebel gehören zu den 1.625 Prüfern der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer, die die Leistungen der Auszubildenden und Umschüler alljährlich bewerten. Ehrenamtlich.

Im Hauptberuf sind sie Ausbilder in der Ausbildungsgesellschaft Mittel-Lenne (ABG) – und 2 von insgesamt 18 Kollegen in den Lehrwerkstätten Letmathe und Plettenberg, die sich nebenher engagieren. Gerade sind sie wieder für fünf Jahre in die Prüfungsausschüsse berufen worden.

Betriebe erhalten Hintergrundwissen

Die nächsten Abschlussprüfungen Teil II stehen vor der Tür. Da geht es dann wieder darum, jeweils zu zweit die gut sechsstündigen praktischen Prüfungen zu begleiten. „Beobachten, bewerten, beurteilen“, fasst Prüfungsausschussvorsitzender Beckmann zusammen.

Dazu der theoretische Teil, die Auswertung, im Lauf des Jahres weitere Prüfungen … „Da kommen schon einige Tage zusammen.“ Tage, in denen die Ausbilder nicht ausbilden können. In der ABG ist das kein Thema, in vielen Firmen auch nicht.

„Bei Hoesch Hohenlimburg, wo ich angefangen habe, gehörte es zum guten Ton, in den Prüfungsausschuss zu gehen“, erinnert sich Beckmann. „Die Unternehmen profitieren ja auch davon. Man bekommt viel Hintergrundwissen mit, weiß, was verlangt wird, und kann entsprechend ausbilden.“

Der Bedarf an Prüfern ist groß, permanent werden neue gesucht. „Je mehr es gibt, desto weniger groß ist der Aufwand für den Einzelnen“, werben Jens Wittnebel und seine Kollegen. Sie machen es gern und aus Überzeugung, auch wenn schon mal ein paar Stunden Freizeit mitgeopfert werden müssen.

Psychologisches Geschick ist gefragt

In der ABG bereiten sie viele Azubis intensiv auf die Prüfungen vor. „Wer mitmacht, Übungsprüfungen durchzieht und bei Problemen nachfragt, hat gute Chancen“, sagt Werner Beckmann.

An der Nervosität ändert das aber nichts. „Da muss nur der Bohrer abbrechen, dann bricht Panik aus“, weiß Stefan Möwes, Standortleiter in Plettenberg und - natürlich - auch Prüfer.

Psychologisches Geschick ist da gefragt. „Unsere Aufgabe ist auch, zu beruhigen und Mut zu machen“, so Beckmann. Da gibt es schon mal einen kleinen Tipp. Oder die Prüfer versuchen, mit einer gezielten Nachfrage den Weg zu weisen. Keiner werde in die Pfanne gehauen.

Auch der zunächst verschwundene Azubi wurde nicht hängen gelassen. Beckmann: „Wir haben die Einzelteile bewertet. Am Ende hat er doch noch bestanden.“

Neue Kräfte gesucht

Alle Interessierten können sich am 28. Januar ab 16 Uhr bei der SIHK zu Hagen über das Ehrenamt informieren. Anmeldungen zur Info-Veranstaltung unter 02331/390263 möglich.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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