Hagen. Die Schläge der Schmiedehämmer wummern, Funken fliegen, Metallteile glühen. Mittendrin steht Marcel Becker und schraubt konzentriert. Lärm, Hitze und Schmutz machen ihm nichts aus.

Noch vor wenigen Wochen hatte der Azubi es etwas komfortabler. Da absolvierte er seine Ausbildung zum Industriemechaniker in einem Unternehmen in Süddeutschland, das Produktionsanlagen für die Lebensmittel- und Tiernahrungs-Industrie baut. „Das war ein fast reiner Edelstahlbetrieb“, erklärt er.

„Als er zu uns kam, war er noch sauber“, lacht Thomas Hüttenhein, Geschäftsführer von RUD-Schöttler in Hagen.

RUD-Schöttler in Hagen schmiedet ICE-Bremsbacken und Kranhaken

Hier, in einer der ältesten Schmieden Hagens, die anspruchsvolle Teile von der ICE-Bremsbacke bis zum Hochleistungskranhaken produziert, ist Marcel Becker im September in sein drittes Lehrjahr gestartet. Mitten in der Ausbildung Betrieb, Branche und Wohnort wechseln - ein ungewöhnlicher Schritt. „Ich bin am Bodensee und in Bad Mergentheim aufgewachsen, aber geboren bin ich in Unna“, erzählt der 20-Jährige. Als die Familie sich jetzt zur Rückkehr aus Süddeutschland entschloss, hat er nur kurz gezögert.

Ein paar Skype-Gespräche, einige Telefonate und der Wechsel war perfekt

„Ich habe dort weniger verdient als hier. Eine eigene Wohnung und ein Auto hätte ich mir nicht leisten können“, sagt er. Über den Chef seines Bruders kam der Kontakt zu Thomas Hüttenhein zustande. Ein paar Skype-Gespräche, einige Telefonate und der Wechsel war perfekt.

„Wir haben uns mit seinem Ausbilder dort intensiv abgestimmt. Er war sehr bemüht, dass das für Marcel ohne Schaden klappt“, berichtet Hüttenhein, der den bestens vorgebildeten Azubi als Bereicherung sieht: „Er bringt auch mal Ideen von außen rein. Das ist gut.“

„Hier kommt fast täglich was anderes auf mich zu“

Bei RUD-Schöttler hat Marcel Becker schnell ins Instandhaltungs-Team gefunden. Die Arbeit gefällt ihm. „In meiner alten Firma hat man oft mehrere Wochen an einer Maschine gearbeitet. Hier kommt fast täglich was anderes auf mich zu. Man lernt viel“, erzählt er. Gewinde nachdrehen, schweißen, Anlagen umbauen, Teile dafür anfertigen: Die Vielfältigkeit begeistert ihn und dass er selbstständig arbeiten kann: „Wir haben neue Rutschen für einen Ofen gebaut. Ich durfte die Schweißnähte machen.“ Schlosser mit Schweißgerät: „Das ist genau das, was ich wollte.“

In der Berufsschule werde hier mehr für die Fertigung ausgebildet als in Baden-Württemberg, hat der Azubi festgestellt. Es gehe mehr um Instandhaltungsprozesse als um Dreh- und Fräsmaschinen. Das findet er spannender. Einige Themen aus dem Unterricht hatte er schon. In anderen Bereichen sind die Mitschüler ihm voraus. Das wird er jetzt mit Unterstützung der Firma schnell nachholen.

Nachkommen will auch seine Freundin, wenn sie mit dem Studium fertig ist. Bis dahin fährt einmal im Monat er, einmal sie. Es läuft also, in jeder Beziehung.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ins Büro wollte ich auf keinen Fall. Infrage kam ein sozialer Beruf oder etwas Handwerkliches. Ein Praktikum beim Maschinenbauer hat mich am Ende begeistert.

Was reizt Sie am meisten?

Die Vielfältigkeit der Aufgaben. Man ist überall beschäftigt.

Worauf kommt es an?

Man muss sehr genau arbeiten. Wenn ich etwas schweiße, müssen sich andere darauf verlassen können, dass es hält.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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