Für viele Normalbürger ist die Steuererklärung ein Buch mit sieben Siegeln. Wer keine Lust hat, sich mit den komplizierten Formularen zu beschäftigen, geht zum Steuerberater. Der sollte eigentlich dafür sorgen, dass mit dem Finanzamt alles klargeht. Doch auch Steuerberater können sich natürlich einmal irren. Was kann man tun, wenn man glaubt, dass etwas schiefgelaufen ist?
Schritt 1: Steuerbescheid kontrollieren
„Grundsätzlich ist es natürlich die Aufgabe des Steuerberaters, den Steuerbescheid des Finanzamts zu prüfen und gegebenenfalls fristgerecht Einspruch einzulegen“, erklärt Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer in Berlin. Verpennt der Berater den Termin, haftet er dafür. Trotzdem kann natürlich auch der beste Steuerberater mal etwas übersehen.
Man erspart sich selbst viel Ärger, wenn man das Schreiben des Finanzamts nicht einfach unbesehen zu den Akten legt. Sicherheitshalber sollte man selbst kontrollieren, ob das Amt tatsächlich nur das verlangt, was der Steuerberater vorher ausgerechnet hat.
Wenn man vom Finanzamt kein Geld zurückbekommt, ist das allerdings kein Fehler des Beraters. „Es ist die Aufgabe des Steuerberaters, eine korrekte Steuererklärung abzugeben und dabei eventuelle Steuervorteile für den Mandanten zu nutzen“, sagt Nora Schmidt-Kesseler. Wenn alle Angaben richtig sind, das Finanzamt aber trotzdem nichts zurückzahlt, liegt das nicht am Berater, sondern an den Steuergesetzen.
Anders sieht die Sache aus, wenn unerwartet saftige Nachzahlungen kommen oder wenn man im Nachhinein feststellt, dass der Berater bestimmte Kosten nicht berücksichtigt hat, beispielsweise die Pflegekosten für die Eltern, die Haushaltshilfe oder die Maler, die letztes Jahr die Wohnung renoviert haben. Dann sollte man in jedem Fall aktiv werden.
Schritt 2: Gespräch suchen
Ist man unsicher, ob die Steuererklärung o.k. ist, sollte man einen Gesprächstermin mit dem Berater vereinbaren. Damit muss man sich aber beeilen. „Nach dem Erhalt des Steuerbescheids hat man einen Monat Zeit, Einspruch einzulegen“, erklärt die Expertin. „In dieser Zeit kann der Berater eventuelle Fehler völlig problemlos korrigieren.“
Ist die Einspruchsfrist dagegen erst einmal abgelaufen, muss man die festgesetzten Steuern bezahlen. Dabei interessiert es das Finanzamt überhaupt nicht, ob die Steuererklärung Fehler enthält und wer dafür verantwortlich ist. Wenn der Steuerberater schuld ist, dass man zu viel gezahlt hat, muss man sich das Geld von ihm wiederholen, als Schadenersatz. Das Finanzamt zahlt nichts zurück.
Schritt 3: Zahlt die Versicherung?
Bemerkt man einen möglichen Fehler erst, nachdem die Einspruchsfrist schon abgelaufen ist, kann es schwierig werden. „In jedem Fall sollte man umgehend das Gespräch mit dem Berater suchen“, empfiehlt Nora Schmidt-Kesseler. Jeder Steuerberater ist nämlich gegen Fehler versichert, und zwar mit einer Mindestsumme von 250.000 Euro pro Fall.
Ist die Sache eindeutig, zahlt die Versicherung des Beraters den Schaden. Dann hat man die Angelegenheit doch noch relativ schnell vom Tisch. Allerdings sollte man schnellstmöglich aktiv werden, denn eventuelle Ansprüche gegen den Berater verjähren bereits nach drei Jahren. Die Frist läuft übrigens auch weiter, wenn sich Einsprüche beim Finanzamt länger hinziehen. Dagegen hilft beispielsweise ein sogenannter Verjährungsverzicht. Dies sollte man mit einem Anwalt besprechen.
Schritt 4: Vermittlungsverfahren nutzen
Ist die Sachlage nicht so klar oder bestreitet der Berater, einen Fehler gemacht zu haben, ist das Vermittlungsverfahren der Steuerberaterkammern eine sinnvolle Lösung. Dieses Verfahren ist aber nur möglich, wenn noch keine Klage läuft. „Dabei versuchen Experten der Kammer gemeinsam mit den beiden Parteien, ein für alle Seiten akzeptables Ergebnis zu finden“, erklärt Nora Schmidt-Kesseler. Der große Vorteil daran: Das Vermittlungsverfahren ist im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren wesentlich schneller abgeschlossen und sehr preiswert. Je nach Fall kostet es gar nichts oder um die 200 Euro pro Partei.
Ansprechpartner für das Vermittlungsverfahren ist immer die örtlich zuständige Steuerberaterkammer. Zuerst reicht man seine Beschwerde schriftlich ein, dann hat der Berater die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge darzustellen. Kommt man darüber nicht zu einer Einigung, findet ein persönliches Gespräch aller Beteiligten gemeinsam mit dem Experten der Kammer statt. „Ist man mit dem Ergebnis nicht zufrieden, kann man hinterher trotzdem noch klagen“, erklärt Schmidt-Kesseler.
Schritt 5: Klage einreichen
Nutzt alles nichts, muss man vor Gericht ziehen. Die Verfahren sind häufig teuer und langwierig, man wartet unter Umständen also jahrelang auf eine Entscheidung. „Leider ist es selbst für Fachleute oft gar nicht so einfach zu entscheiden, ob tatsächlich ein Fehler des Steuerberaters vorliegt“, sagt Nora Schmidt-Kesseler. Bevor man also Klage einreicht, sollte man sicherheitshalber einen zweiten Experten nach seiner Einschätzung des Falls fragen. „Die verschiedenen Urteile zu diesem Thema zeigen, dass es vorher kaum absehbar ist, wer am Ende Recht bekommt“, so die Expertin. Der Klageweg wird sich im Normalfall also nur lohnen, wenn es um größere Summen geht.
Rechnung muss man zahlen
Übrigens: Die Rechnung des Steuerberaters muss man grundsätzlich bezahlen, auch wenn er nachweislich einen Fehler gemacht hat. Der Grund: Seine Beratungsleistung hat er ja trotzdem erbracht. Immerhin: Man kann die Zahlung zurückhalten oder den Schadenersatzanspruch gegenrechnen. Das sollte man aber vorher mit einem Anwalt besprechen, Rechnungen des Beraters also nicht einfach ignorieren.
Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.
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