Berlin. Der gute alte Nachtzug erlebt ein fulminantes Comeback: Die Zahl der Verbindungen zwischen den Großstädten Europas steigt. Und das verbesserte Angebot kommt an. Die Züge sind voll – und häufig über Wochen hinaus ausgebucht, ob von Geschäftsreisenden unter der Woche oder von Touristen an den Wochenenden.

Fast 20 Nachtzüge rollen im Schnitt täglich durch Deutschland

Die Deutsche Bahn (DB) hatte ihre letzten Nachtzüge 2016 aufs Abstellgleis geschoben: Nicht mehr rentabel, hieß es. 2020 kündigte dann der Konzern gemeinsam mit anderen europäischen Bahnen an, das Nachtzugnetz auszubauen, wobei die DB bislang nur Personal stellt. Vergangenes Jahr sind rund 6.500 Züge mit Schlaf- und Liegewagen von Deutschland aus oder quer durch die Republik gerollt, im Schnitt also rund 18 täglich.

Unangefochtener Marktführer in dem Geschäft sind die Österreichischen Bundesbah- nen (ÖBB) mit ihren dunkelblauen Nightjets. Die ÖBB hatten 2016 einige Verbindungen der DB übernommen und 40 Millionen Euro in die Modernisierung des Wagenparks investiert. Die Österreicher bieten derzeit rund 20 Fernverbindungen kreuz und quer durch Europa an. Neu im Programm sind Verbindungen ans Mittelmeer, von München (oder Wien) nach Genua und weiter nach La Spezia.

Außerdem bieten die ÖBB Nachtreisezüge in Kooperation mit Partnerbahnen an. Diese Euro-Night-Züge fahren auch von deutschen Städten aus und derzeit nach Prag oder Budapest, nach Rijeka oder Zagreb.

Beim neuen Nightjet verfügen alle Schlagwagenabteile über WC und Dusche

Die Konkurrenz schläft nicht. Anfang April hat die Schwedische Staatsbahn SJ den Nachtzug Stockholm–Kopenhagen–Hamburg bis nach Berlin verlängert. Damit bekommt der ebenfalls schwedische Anbieter Snälltåget auf der gleichen Strecke Konkurrenz. Das niederländische Start-up European Sleeper wiederum möchte ab dem 25. Mai zwischen Berlin und Brüssel fahren (über Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen).

Während Nachtzüge zum Beispiel von SJ und Snälltåget mit recht betagtem Material Richtung Stockholm rattern, schicken die Österreicher in diesem Jahr die ersten Nightjets der neuesten Generation auf die Reise – mit einem Komfort, der Maßstäbe setzen wird.

Gleich 33 Züge haben die Österreicher bei Siemens bestellt. Diese neuen Nachtzüge schaffen bis zu Tempo 230. Alle Abteile im Schlafwagen verfügen über eine eigene Toilette und Dusche. Ein spezieller Multifunktionswaggon bietet Fahrradstellplätze und zusätzlichen Platz fürs Gepäck. Und es soll sogar kostenloses WLAN geben …

Tipps für die Nachtzug-Buchung

  • Verbindung finden: Das geht etwa über das Portal bahn.de, in dem fast alle euro- päischen Fahrpläne enthalten sind. Allerdings sucht das System nicht konkret nach Nachtzügen: Man sollte daher den Haken bei „schnellste Verbindungen anzeigen“ entfernen. Das System zeigt aber nicht alle Züge der Konkurrenz, die Angebote weiterer Anbieter findet man zum Beispiel auf: nachtzug-urlaub.de, einen guten Überblick liefert die Site nighttrains.net.
  • Preise vergleichen: Das Angebot reicht vom einfachen Sitzplatz bis zum De-luxe- Schlafabteil. Plätze im Sitzwagen gibt es teils schon für knapp unter 30 Euro, Plätze im Liege- oder Schlafwagen sind deutlich teurer.
  • Zug buchen: Die Preise schwanken extrem, es lohnt sich, früh zu buchen! Die Nightjet-Tickets zum Beispiel kann man schon 180 Tage vor Fahrtantritt auf nightjet.com kaufen. Ein „Komfortticket“ ist teurer als das Ticket „Sparschiene“, dafür aber bis 15 Tage vor Abreise kostenlos stornierbar. Tarifbeispiel für die Nightjet-Strecke München–Genua im Schlafwagen mit drei Betten: Sparschiene 127,20 Euro pro Person, Komfort 173,80 Euro. Tickets anderer Betreiber sind oft nur über die Reisezentren oder ein auf Bahnreisen spezialisiertes Reisebüro erhältlich.
  • Anschluss beachten: Für die Geltendmachung von Fahrgastrechten etwa bei verpasstem Anschluss ist es wichtig, dass alle Verbindungen gemeinsam gebucht werden. Das ist bei ÖBB- und DB-Zügen problemlos möglich. Ansonsten empfiehlt sich eine Komplett-Buchung im spezialisierten Reisebüro oder im DB-Reisezentrum.