Hamminkeln/Gütersloh. Weltweit sind 3.500 deutsche Soldaten in Krisenregionen im Einsatz: in Afghanistan, im afrikanischen Mali oder in Syrien und dem Irak.
Immer direkt am Mann (oder der Frau): speziell ausgerüstete Textilien, die in Tarnanzügen oder Schutzwesten ihren Dienst tun. „Wir versehen den Stoff für Kampfanzüge mit einer speziellen Ausrüstung gegen Insekten und Spinnen“, erklärt Thomas Siegfried vom Textilunternehmen Setex in Hamminkeln am Niederrhein. Die schützt etwa vor Zecken, Moskitos oder Mücken, die Krankheiten übertragen können.
Dieser sogenannte Vektorenschutz, mit dem die Firma jährlich mehrere 100.000 Laufmeter Flächengewebe aus hochfesten Synthetikfasern ausrüstet, war ursprünglich nur für Tropenuniformen gedacht.
180.000 Soldaten erhalten den neuen Kampfanzug in Multitarn-Optik
„Doch der Klimawandel und die weltweiten Einsatzorte der Soldaten haben die Anforderungen in den letzten Jahren sehr verändert“, sagt Siegfried. Das zeigt sich auch am neuen Kampfanzug, dessen Rohmaterial Setex ausrüstet. Seit 2016 werden nach und nach alle 180.000 Soldaten der Bundeswehr damit ausgestattet.
Entwickelt vom Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe (Wiweb) in Erding bei München verfügt der Anzug über sechs Farben und ist heller als der olivgrüne „Waldtarn“ früherer Exemplare. Zu Braun, Dunkel- und Hellgrün gesellen sich jetzt große Flächen Grau und Beige sowie ein paar helle Tupfer.
Drei Jahre haben Textiltechniker des Instituts an der Kombination gearbeitet. Ergebnis: „Multitarn“, ein Muster, das Soldaten auch im Irak, in Mali oder Afghanistan mit der Umgebung verschmelzen lässt, einschließlich der Kampfausrüstung.
Die wird meistens am Körper gesichert – mit Gurten und Bändern. Eine Spezialität von Güth & Wolf in Gütersloh. „Für Schutzwesten etwa fertigen wir Bänder für ein Schlaufensystem, an dem man alle 38 Millimeter etwas anhängen kann“, erklärt Mike Strothmann, Experte für Sicherheitsausrüstung bei dem Bandweber.
Eine gute Tarnung kann Leben retten
Die Gurte seien mit einer Signaturunterdrückung ausgestattet: „Wird der Träger von einem Nachtsichtgerät erfasst, dämpft die Ausrüstung infrarote Strahlungsreflexe“, so Strothmann. Der Soldat wird zwar nicht vollständig unsichtbar, aber er ist viel schwerer zu erkennen. Solche Eigenschaften können im Einsatz Leben retten.
Die Bundeswehr investiert daher in intelligente Kleidung. Die Ausgaben für sie wurden im Wehretat 2018 um 480 Millionen Euro aufgestockt.
Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.
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