Emsdetten. Wenn es darum geht, aus verschiedenen Farben und Formen ein passendes Stoffdesign zu entwickeln, ist Johanna Volkery in ihrem Element. Derzeit arbeitet die junge Frau bei Schmitz Textiles in Emsdetten am Design von Markisenstoffen.

Im letzten Sommer hat sie hier ihre Ausbildung zur Produktgestalterin Textil abgeschlossen – und so ihr textiles Wissen noch vertieft. Denn zuvor hatte die 25-Jährige schon ein Modedesign-Studium in Düsseldorf absolviert.

Erst ein Studium, dann eine Ausbildung? Volkery ist klar, dass das bei manchem Stirnrunzeln verursacht. „Das Studium selbst hat mir sehr viel Spaß gemacht. Doch im Laufe dieser Zeit ist mir klar geworden, dass ich noch mehr über technische Textilien außerhalb der Modewelt lernen möchte“, gibt sie selbstkritisch zu. 

Selbst das Angebot, in einem Düsseldorfer Theater als Kostümassistentin zu arbeiten, schlägt die Diplom-Modedesignerin deshalb aus.

Schmitz Textiles sieht das Potenzial der jungen Frau – und gibt ihr einen ganz neuen Ausbildungsplatz

Sie orientiert sich um, arbeitet sich in einen ganz neuen Bereich ein: als Produktgestalterin Textil. „Das Berufsbild passt zu 100 Prozent zu meinen Interessen. Gleichzeitig kann ich mein Wissen aus dem Studium nutzen“, erklärt Volkery.

Statt also hinter der Bühne Kostüme zu schneidern, öffnet sich für sie ein neuer Vorhang! Und zwar bei Schmitz Textiles. Sie bewirbt sich bei dem Spezialisten für In- und Outdoorstoffe. Das Besondere daran: „Dort gab es damals eigentlich noch gar keinen Ausbildungsplatz als Produktgestalterin“, erinnert sich Volkery. Doch ihr Engagement, ihr Wissen aus dem Studium und ihr bisheriger Werdegang überzeugen das Unternehmen. Es zieht die Pläne, auch einen Ausbildungsplatz zur Produktgestalterin anzubieten, um ein Jahr vor.

Im Herbst 2018 beginnt die Diplom-Modedesignerin die Ausbildung – und krönt sie zwei Jahre später sogar mit einem Preis. Für einen von ihr erstellten Druck erhält das Unternehmen einen „German Design Award“.

Für ihre Abschlussarbeit wiederum muss sie einen Vorhang designen, Stoffe sichten und ein sogenanntes Moodboard auch digital entwickeln. In ihm werden Farben und ihre Nuancen angepasst. Und schließlich gilt es auch noch die Ausrüstung des flächigen Gewebes zu bestimmen. Herausgekommen ist ein teils aus recycelten Fasern in Leinwandbindung gewebter Stoff mit einer flammhemmenden und geruchsabbauenden Ausrüstung. In Form und Farbe inspiriert von der Innenarchitektur eines Zimmers im Hamburger Scandic Hotel, für das zeitgenössische Künstler die Wandgestaltung entworfen haben.

„Bei dieser Arbeit hat mich das Zusammenspiel von Kreativität und technischem Know-how gepackt“, sagt Volkery. Die Herausforderung habe darin bestanden, kreativ innerhalb der Vorgaben und dem bestehenden Design zu bleiben. „Am Ende war es dann ein tolles Gefühl, den fertigen Vorhang in den Händen zu halten.“

Neue Kollektionen aus dem firmeneigenen Designstudio

Ihre Erfahrungen kann sie jetzt bei der Arbeit im Schmitz-Designstudio einsetzen. Dessen fünf Mitarbeiterinnen haben gerade eine große Aufgabe: das neue Design für die Markisenstoffkollektion.

Ihr Studium kommt Volkery dabei zugute: Stoffe oder textile Flächen zu designen, ähnelt sich sehr, ist sie überzeugt, beides verlangt Fantasie und technisches Wissen.

Ihr Fazit nach den ersten Monaten im neuen Beruf: „Mich den technischen Textilien zu widmen und mich weiterzubilden, war genau die richtige Entscheidung.“  

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
In den Designbereich wollte ich immer schon. Deshalb habe ich ab 2014 ein Modestudium in Düsseldorf absolviert. 2018 folgte dann die Ausbildung zur Produktgestalterin.

Was reizt Sie am meisten?
Etwas selbst zu designen und mit Fantasie bis an die Grenze des Machbaren gehen zu können.

Worauf kommt es an?
Immer wieder neue Ideen für Farben und Formen zu haben – und diese dann auch im Textil umzusetzen.

Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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