Das Unternehmen Güth & Wolf ist ein echter Hidden Champion in der deutschen Textil-Industrie. In dem Familienbetrieb werden täglich bis zu einer Million Meter hochanspruchsvolle technische Schmaltextilien hergestellt. „Wir sind in unserer Nische geschätzter Lösungs- und Entwicklungspartner für führende internationale Kunden aus den Bereichen Automotive, Luftfahrt sowie Branchen wie der Windenergie, Personenschutz und Sicherheitstechnik“, sagt Thorsten Störmer, der als zweiter Geschäftsführer neben dem geschäftsführenden Gesellschafter Herrmann Güth das Unternehmen seit zwei Jahren leitet. Textile Hightech-Lösungen also – made in Germany!

„Uns fehlt der fachlich qualifizierte und eng an der industriellen Praxis ausgerichtete Führungsnachwuchs.“

Thorsten Störmer, Geschäftsführer Güth & Wolf

In der Branche gibt es viele Unternehmen, die sich auf verschiedene Nischen im Bereich der technischen Textilien spezialisiert haben. Sie alle eint ein zukunftsrelevantes Problem: „Uns fehlt der fachlich qualifizierte und eng an der industriellen Praxis ausgerichtete Führungsnachwuchs. Wir brauchen eine Kombination aus Ausbildung und Studium. Um zum einen die Praxisnähe sicherzustellen, andererseits aber um junge Menschen eine attraktive, ingenieurwissenschaftliche Perspektive geben zu können“, sagt Störmer.

In vier Jahren zum Bachelor-Abschluss

Die Lösung ist ein Ausbildungsangebot, das zusammen mit Unternehmen wie Güth & Wolf, der Hochschule Niederrein und der Textilakademie in Mönchengladbach entwickelt wurde: das duale Blockstudium Textil- und Bekleidungstechnik.

Erfolgreiche Absolventen erreichen nach der vierjährigen Kombi-Ausbildung im Betrieb und an der Hochschule den Bachelor-Abschluss. Das erste Jahr verbringen die als duale Studenten an der Hochschule Niederrhein Eingeschriebenen im Betrieb. „Dieser erste Abschnitt widmet sich der praxisnahen Ausbildung als Produktionsmechaniker oder Textil-Modenäherin“, erklärt Störmer. Er dient nicht nur als gestraffter Ausbildungsteil, sondern als echtes Praxisjahr, in dem sich die Studierenden mit der betrieblichen Praxis vertraut machen können. „Hier werden erste Orientierungspunkte gesetzt, wo es nach dem Abschluss im Betrieb hingehen kann. Etwa in die Produktentwicklung, die Produktionsleitung oder Qualitätssicherung“, erläutert Störmer. Ergänzend gibt es Webinare zur Vorbereitung auf die Zwischenprüfung.

Im zweiten Lehrjahr liegt der Fokus dann auf dem Studium und der IHK-Abschlussprüfung. Ausbildungsjahr drei und vier füllen sich mit Studium und Praxiswochen. In ihnen sollen eigenständig kleinere Projekte im Unternehmen angegangen werden, die für eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis sorgen. Den Studierenden ist so eine gute Möglichkeit gegeben, für sich festzustellen, welche Bereiche und Themen im Unternehmen für sie die interessantesten sind.

Am Ende stehen die Bachelor-Arbeit und die Prüfung. Weitere Infos findet man auf der Website der Textilakademie

Erste Studierende werden im Sommer 2025 an die Hochschule kommen

Die Studierenden erwartet also ein ambitioniertes und spannendes Programm. Die Anforderungen seien natürlich höher als bei der klassischen Ausbildung oder einem „reinen“ Studium, sagt Störmer: „Allerdings muss das auch so sein. Wir suchen ja schließlich unsere zukünftigen Führungskräfte.“

Aktuell sucht das Unternehmen geeignete Kandidaten. Störmer schätzt, dass die ersten Teilnehmer bereits im August 2024 starten und 2025 zum Studium an die Hochschule gehen. „Trotz eines neuen Lebensabschnitts bleiben die jungen Leute also zunächst in ihrer bekannten Umgebung.“

Auch der Betrieb muss sich auf Neuerungen einstellen. Dazu gehört, Ressourcen und Einsatzorte für die künftige Führungskraft zu planen. Interessierten Firmen rät Störmer: „Um dem Nachwuchs eine klare Perspektive zu geben, sollten die Unternehmen frühzeitig überlegen, wo für die Kandidaten in vier Jahren die berufliche Landebahn im Betrieb sein kann.“

Das Blockstudium

  • Erstes Jahr: Praxisjahr im Betrieb, Prüfungsvorbereitung, IHK-Zwischenprüfung.
  • Zweites Lehrjahr: Studium an der Hochschule Niederrhein, IHK-Abschlussprüfung.
  • Drittes und viertes Lehrjahr: Studium und Praxiswochen, Bachelor-Arbeit und Abschluss.
Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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