Mönchengladbach. Beim Blick aus dem Fenster muss Detlef Braun nicht lange suchen. Der Geschäftsführer der Textilakademie NRW – Weiterbildung GmbH deutet auf einen lang gestreckten Bau, etwa zwei Stockwerke hoch: „Das ist die Maschinenhalle des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein. Gerade mal 100 Meter von uns entfernt.“
Diese Nähe ist für Braun und seinen Mitstreiter, Professor Lutz Vossebein, von entscheidender Bedeutung. Nicht nur im geografischen Sinne. „Wir wollen, dass wissenschaftliche und praktische Aus- und Weiterbildung enger zusammenrücken“, sagt Vossebein, Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein.
Nützlicher Austausch: Textiler kommen in die Maschinenhalle, Studierende nutzen Kurse
Die Vision: Wissenschaft trifft Praxis. Berufliche Aus- und Weiterbildung in der Akademie und das Angebot der Hochschule sollen sich ergänzen – und das alles auf einem Campus.
Wie das im Alltag aussieht, zeigt sich im dualen Studium des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik. Im Grundstudium absolvieren die Studierenden bei der an der Hochschule angegliederten Öffentlichen Prüfstelle für das Textilwesen eine Ausbildung zum Textillaboranten. Einen Berufsschulzwang wie bei anderen Ausbildungsberufen gibt es nicht.
„Die Kandidaten müssen sich das theoretische Wissen selbst aneignen und nutzen dafür die Kurse der Textilakademie“, so Vossebein. Mittlerweile sitzen alle sechs Studierenden in den Seminaren der Akademie. „Wir bekommen von ihnen nur positive Rückmeldungen zu dem Angebot“, so der Dekan.
Dank der Kooperation: Ein Meisterkurs dauert nur 14 Monate
„Die Kooperation funktioniert natürlich auch umgekehrt“, erklärt Akademie-Chef Braun – und deutet auf die Maschinenhalle. Wer etwa den berufsbegleitenden Meisterkurs an der Textilakademie belegt, kann das theoretische Wissen damit unterfüttern, dass er in der benachbarten Maschinenhalle des Fachbereichs an Web- oder Strickmaschinen praktisch arbeitet.
Dank dieser Kombination aus Theorie und Praxis absolvieren Teilnehmer den Meisterkurs in nur 14 Monaten. Normalerweise dauert er meistens doppelt so lang. Für Vossebein wie Braun zeigen die beiden Beispiele, dass sich die Kooperation jetzt schon bewährt.
„Es muss sich jetzt herumsprechen, dass wir akademische und berufsorientierte Weiterbildung kombinieren und so Synergien nutzen“, sagt Vossebein. Und Braun hofft, dass die Weiterbildung damit attraktiver wird. Seine Forderung angesichts des drohenden Fachkräftemangels: „Jeder Textiler sollte eine Weiterbildung pro Jahr machen.“ Davon sei man aber noch weit entfernt.
Wer dafür an die Akademie kommt, dem verspricht er: „Wir lassen keinen mit einem Ordner voller Theorie allein. Jeder kann hier sein Wissen praktisch austesten.“
Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.
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