Köln. Nach dem russischen Einmarsch verhängte der Westen harte Sanktionen gegen Russland. „Die Maßnahmen haben eine historische Qualität“, sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Das macht sich selbst im Alltag der Menschen in Russland bemerkbar. Denn eine Reihe russischer Banken wird von Swift ausgeschlossen. Dem Zahlungssystem gehören weltweit über 210 Geldinstitute an. Wer nicht dabei ist, hat erhebliche Probleme bei Überweisungen. Zudem bilden sich lange Schlangen an den Geldautomaten: Die Bürger brauchen jetzt wieder mehr Bargeld, weil etwa Google- und Apple-Pay nicht mehr funktionieren.

Vor allem Energie und Metalle könnten noch teurer werden

Auch wurden etwa Hightech-Lieferungen nach Russland und die Ostsee-Pipeline „Nord-Stream 2“ gestoppt. Welcher weitere Warenverkehr könnte betroffen sein? Aus Russland erhält Deutschland neben Gas, Öl und Kohle vor allem Vorprodukte und weitere Rohstoffe – etwa Palladium. Hierfür ist Russland weltgrößter Anbieter neben Südafrika. Das Metall wird etwa für Abgas-Katalysatoren von Verbrennerfahrzeugen benötigt. Engpässe könnten bei uns Lieferprobleme in der Auto-Industrie weiter verschärfen.

Doch noch liefert Russland. Käme es anders, würde die deutsche Wirtschaft dennoch nicht stillstehen, urteilt Peter Buchholz, Leiter der Deutschen Rohstoffagentur: „In der Breite dürften die russischen Lieferungen ersetzbar sein.“

Allerdings könnten sich Zulieferungen spürbar verteuern, bemerkt IW-Experte Hubertus Bardt: „Weitere Preissteigerungen kämen also auf ein ohnehin hohes Niveau obenauf.“

3.650 deutsche Betriebe gab es zuletzt noch in Russland

Deutschland verkauft an Russland vor allem Maschinen, chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge. Der Gesamtexport dorthin betrug 2021 rund 27 Milliarden Euro. Die Bundesrepublik ist hinter China zweitwichtigster Handelspartner für Russland. Für uns liegt das riesige Land dagegen nur noch auf Platz 13. Seit der russischen Krim-Annexion 2014 schrumpfte der Warenaustausch um ein Viertel.

Und die Zahl deutscher Unternehmen in Russland nimmt seit Jahren stark ab. Derzeit sind es noch 3.650 Betriebe mit 277.000 Beschäftigten, meldet die Deutsch-Russische Außenhandelskammer. Fest steht: Jahrzehntelange Zusammenarbeit wurde schwer beschädigt.

Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

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