Die Stimmung der M+E-Betriebe im Norden ist auf einem Rekordtief, noch nie haben so viele Unternehmen Produktionsverlagerungen ins Ausland geplant. Auf diese Formel bringt Nordmetall-Präsident Folkmar Ukena die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage, die sein Verband gemeinsam mit dem AGV Nord und den Arbeitgeberverbänden Oldenburg und Ostfriesland in Norddeutschland durchgeführt hat.

65 Prozent der Betriebe beklagen, dass sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland in den vergangenen sechs Monaten verschlechtert habe, der zweithöchste Wert innerhalb von sieben Jahren. Neue Gesetze bewerten 52 Prozent als erschwerende Wirtschaftsfaktoren, mehr als doppelt so viele Firmen wie im Frühjahr 2022.

Zu hohe Kosten, zu wenig Arbeitskräfte

85 Prozent ordnen die hohen Arbeitskosten als schwere Last für die norddeutsche M+E-Industrie ein, so viele wie noch nie. 71 Prozent bezeichnen den Arbeitskräftemangel als erheblichen Negativfaktor. Und 21 Prozent planen als Reaktion Produktionsverlagerungen ins Ausland, gut fünfmal mehr als vor zehn Jahren – auch dies ein Höchststand (siehe Grafik links).

„Wir müssen leider konstatieren, dass die De-Industrialisierung in vollem Gange ist“, so Ukena. „Und sie lässt sich nur stoppen, wenn die Politik endlich massive Anstrengungen unternimmt, um die schlechten Rahmenbedingungen umgehend zu verbessern.“

Fahrzeugbauer pessimistisch

Eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten im kommenden halben Jahr nur 12 Prozent der Unternehmen, 61 Prozent prognostizieren eine gleichbleibende Entwicklung und 27 Prozent eine Verschlechterung. Besonders pessimistisch blicken die Fahrzeugbauer und die Hersteller von Metallerzeugnissen in die Zukunft.

Und auch die massiv gestiegenen Beschaffungskosten für Material und Energie machen den Firmen zu schaffen. Um sie auszugleichen, müssten die Betriebe ihre Verkaufspreise durchschnittlich um 13 Prozent erhöhen – ein Wert, der fast dreimal so hoch ist wie die offizielle Inflation in Deutschland.

Mangel an qualifizierten Azubi-Kandidaten

Die gute oder befriedigende Verfügbarkeit von Azubis hat sich seit Frühjahr 2023 um ein gutes Drittel auf 37 Prozent erhöht. Aber noch immer klagen 63 Prozent der Betriebe über einen Mangel an qualifizierten Bewerbern. 33 Prozent der Unternehmen setzen bei der künftigen Deckung ihres Fachkräftebedarfs nun auch auf Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre sind.

Insgesamt nahmen 170 Firmen mit rund 108.000 Beschäftigten in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Nordwest-Niedersachsen an der Befragung teil.

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

Alle Beiträge des Autors