Regensburg. Wer zu Hause den Föhn oder den Toaster an die Steckdose stöpselt, vertraut darauf, dass dann immer die gleiche Spannung fließt – und das auch, wenn draußen gerade ein Gewitter tobt und womöglich ein Blitz in den Strommast einschlägt.

Verantwortlich für die sichere und gleichbleibende Spannungsregelung sind unter anderem Stufenschalter, wie sie die Maschinenfabrik Reinhausen in Regensburg herstellt, etwa für Transformatoren im Übertragungsnetz. Dass die auch im Hochspannungsbereich über Jahrzehnte hinweg sicher funktionieren, dafür sorgt zum Beispiel Marco Hörl. Der studierte Elektrotechniker arbeitet im Versuchszentrum des Unternehmens und begleitet neue Schalter von der ersten Idee bis zur Serienfertigung.

Bereits seit zehn Jahren arbeitet der 37-Jährige in einem 13-köpfigen Team als Versuchsleiter: Hörl konzipiert neue Versuche, baut sie auf, konfiguriert die benötigte Prüf- und Messtechnik und erfasst und bewertet die Ergebnisse. „Am Anfang einer Neuentwicklung starten wir manchmal nur mit zwei Kontakten, um zu entscheiden, ob man daraus ein Produkt entwickeln kann“, sagt er.

Enorme Hitze und Kälte oder auch Blitzeinschläge werden in der Testkammer simuliert

Jeder Laststufenschalter muss nämlich einiges aushalten können. Das wird im Test geprüft: Hitze bis zu 130 Grad ebenso wie minus 60 Grad kalte Temperaturen. Im Hochspannungslabor trifft den Schalter ein künstlich erzeugter Blitz mit bis zu 1,8 Millionen Volt. Nur wenn der Schalter alle Extrembelastungen problemlos übersteht, wird die Entwicklung fortgesetzt.

Solche Laststufenschalter stecken in großen Transformatoren: Immer dann, wenn die Leistung im Netz schwankt, müssen sie durch einen Schaltvorgang die Spannung ausgleichen. Das ist etwa der Fall, wenn abends in vielen Haushalten gleichzeitig Licht, Fernseher und Backofen angeknipst werden. Der erhöhte Verbrauch führt zu einem Spannungsabfall im Netz, den der Schalter ausgleicht. Umgekehrt kommt es bei einem Blitzeinschlag zu erhöhter Spannung, die ebenfalls geregelt werden muss.

Im Transformator ist der Schalter in einer öligen Flüssigkeit verbaut. „Diese müssen wir auch bei den Versuchen nachstellen“, erklärt Hörl. Die Testkammern sind daher auch mit Öl gefüllt, damit die Tester das Verhalten des Schalters unter möglichst realistischen Bedingungen beobachten können. Computergesteuerte Simulationen sind daher bei den Versuchen nicht die erste Wahl. „Wir arbeiten aber mit der Simulationsabteilung eng zusammen“, so Hörl.

Manche Schalter regeln die Netzleistung bis zu 100-mal am Tag

Bei den Tests gehen er und seine Kollegen immer einen Schritt weiter als nötig: „Wir prüfen mehr, als die Norm erfordert.“ So sei man bei einer Neuentwicklung sicher, dass die Schalter auch extremen Belastungen standhalten und zuverlässig funktionieren. Denn einige sind bis zu 50 Jahre im Einsatz, mit entsprechenden Wartungsintervallen. Je nachdem, an welchen Abschnitten im Übertragungsnetz sie verbaut sind, müssen sie täglich mehr als 100 Schaltvorgänge absolvieren – etwa bei Zuleitungen zu energieintensiven Stahlschmelzöfen. Hochspannungsleitungen zu Siedlungen regeln dagegen an manchen Tagen den Strom nur mit ein bis zwei Schaltungen nach. Gerade diese unterschiedlichen Anforderungen machen die Aufgabe von Hörl spannend: „Wir wollen schließlich dafür sorgen, dass jeder Schalter reibungslos funktioniert – egal, wo er eingesetzt wird.“

Zu seinem Job ist Hörl übrigens über seine Diplomarbeit gekommen, die er zum Abschluss seines Energie- und Automatisierungstechnik-Studiums in Regensburg angefertigt hat: „Ein Teil der Arbeit beschäftigte sich mit experimentellen Hochspannungsversuchen.“ So bekam er Kontakt zum Versuchszentrum der Maschinenfabrik Reinhausen, wo er später einsteigen konnte. Vor dem Studium hatte er bereits in einem anderen Unternehmen eine Ausbildung als Industriemechaniker absolviert. „Hier bin ich aber am richtigen Arbeitsplatz gelandet“, urteilt Hörl. „Ich trage dazu bei, dass wir für unsere Energieversorgung langfristig sichere und stabile Lösungen bereitstellen.“

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

In meiner Elektrotechnik-Diplomarbeit habe ich mich auch mit Hochspannungsversuchen beschäftigt. Darüber kam ich als Diplomand in die Firma.

Was reizt Sie am meisten?

In meiner Arbeit begleite ich oft Produkte vom ersten Gehversuch bis zur Markteinführung. Zu sehen, wie sie Form annehmen, fasziniert mich.

Worauf kommt es an?

Ich muss mich immer wieder auf neue Situationen einlassen und neue Prüfverfahren entwickeln – meine Methoden also ständig hinterfragen.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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