Mannheim. Endlich im Urlaub! Millionen Touristen legen Wert auf einen Pool, Klimaanlage, Meerblick. Malte Freund aber steht mit seinem Gepäck auf dem staubigen Boden eines armen Dorfs in Ruanda und wird von Einheimischen neugierig gemustert. Was verschlägt den Mann in diese Gegend, wo es nicht mal fließendes Wasser gibt? Der Ingenieur aus Germany krempelt die Ärmel hoch. Er ist gekommen, um mit der lokalen Bevölkerung zusammen ein Rohrleitungssystem aufzubauen, für die Wasserversorgung des Dorfs.

„Ingenieure ohne Grenzen“ ist ein Verein mit etwa 1.000 ehrenamtlichen Helfern

Etwa 1.000 ehrenamtliche Mitglieder engagieren sich bei „Ingenieure ohne Grenzen“ – wie der 36-Jährige, der bei Caterpillar Energy Solutions arbeitet. Schon zwei Urlaube hat er als Entwicklungshelfer in Afrika verbracht. Und es nicht bereut! „Viele Pauschalurlauber anderswo sehen drei Souvenir-Shops und denken dann, sie hätten ein Land kennengelernt“, meint er. Was er selbst in Afrika erlebt hat, geht ganz schön unter die Haut.

„Gut 1.000 Schüler und die Bewohner einiger Dörfer mussten da bisher ihr Wasser mit Kanistern von einer Quelle holen“, berichtet er. „Dafür ging ein großer Teil der Unterrichtszeit drauf!“  

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Endlich fließendes Wasser und mehr Zeit für Unterricht

2016 reiste er mit einem weiteren deutschen Ingenieur für zwei Wochen hin, um Abhilfe zu schaffen – nachdem der Verein das Projekt vorher erkundet und mit der Bevölkerung einen Plan erstellt hatte. „Wir bauen Anlagen vor Ort aber nicht selbst, sondern zeigen den Leuten, wie’s geht.“

Das ist die Strategie des Vereins: Hilfe zur Selbsthilfe. „Man muss sich in die Menschen reinversetzen und verstehen, wie sie arbeiten“, betont der Heidelberger. Teures Material und Maschinen kann man sich in Entwicklungsländern meist nicht leisten. Also wurden die Leitungen so gelegt, dass Wasser auch ohne Pumpe fließt. „Als Baumaterial wurde Sand aus dem Fluss geholt“, erklärt der 36-Jährige. Beeindruckt hat ihn vor allem „die unglaubliche Freundlichkeit und Offenheit der Menschen“.

Letztes Jahr war Freund zwei Wochen in Uganda. Auch dort war der Bau von Leitungen geplant. Aber: „Dann haben wir festgestellt, dass es schon welche gab und nur die Pumpe kaputt war.“ Also planten sie ein anderes Projekt: „Wir bieten jetzt an einer Berufsschule Kurse an, wie man Trenn-Toiletten baut.“ Die wandeln Fäkalien, die sonst im Boden versickern, in Dünger für die Landwirtschaft um. „Damit wird in den Dörfern auch die Wasserverunreinigung verringert.“

In Mannheim ist er Systemintegrator für die Softwareentwicklung

Bei Caterpillar arbeitet der Hobby-Helfer als Systemintegrator für die Softwareentwicklung. Im Headquarter und Produktionsstandort Mannheim arbeiten rund 1.000 Mitarbeiter an gasmotorischen Lösungen für Strom-Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Die Software, mit der Freund sich beschäftigt, steuert diese Anlagen.

Freund bekommt von Caterpillar sogar Unterstützung für die Einsätze! Zuletzt stellte der Arbeitgeber ihn fünf Tage frei. Unternehmenssprecher Aljoscha Kertesz erklärt: „Engagement hat für uns einen hohen Stellenwert.“ Denn Caterpillar will auch mit seinen Anlagen die Welt verbessern – viele dienen etwa der Stromgewinnung aus Abfallgasen, die sonst ungenutzt blieben.

Auch im normalen Arbeitsalltag kann Freund so manche Erfahrung aus Afrika nutzen. Er lacht. „Man lernt, zu improvisieren und sieht manches Problem gelassener.“ 

Nachgefragt

Wie sind Sie zur Entwicklungshilfe gekommen?

Freunde engagierten sich bereits im Verein „Ingenieure ohne Grenzen“. Ich fand das interessant. Als ich nach Mannheim gekommen bin, wurde ich Mitglied – weil es hier eine Regionalgruppe gibt.

Was reizt Sie am meisten?

Fremde Länder kennenzulernen und gleichzeitig mein technisches Wissen einsetzen zu können.

Worauf kommt es an?

Es bringt nichts, eine Lösung vorzugeben: Man muss erst verstehen, wie die Einheimischen arbeiten und was vor Ort möglich ist.

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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