Vaihingen an der Enz. Auf den ersten Blick scheint das Kraftwerk in der Firma Wennberg nichts Besonderes zu sein. Tatsächlich aber ist diese Anlage der neueste Coup des Unternehmens im ständigen Kampf mit den Kosten – und im Ringen um einen möglichst effizienten Umgang mit Energie.
Wennberg ist eine traditionsreiche Großbuchbinderei in Vaihingen an der Enz (Baden-Württemberg). Für die Fertigung benötigt der Broschüren-Hersteller jede Menge Druckluft. Und die kommt nun aus dem neuen Druckwärmekraftwerk, das mit Erdgas läuft und nicht mehr mit Strom.
Die dabei erzeugte Abwärme wird ebenfalls im Betrieb genutzt und in das eigene Nahwärmenetz eingespeist. Wennberg zählt zu den ersten Unternehmen weltweit, die das von Bosch entwickelte Kraftwerk einsetzen – und damit auch den betrieblichen CO2-Ausstoß deutlich reduzieren.
„Unser Stromverbrauch sank um fast 1,5 Gigawattstunden im Jahr“
Ergebnis der Investition: Seit Inbetriebnahme vor gut einem Jahr kann man sich über eine deutliche Einsparung freuen. „Früher kostete uns allein der Strom für die Erzeugung von Druckluft rund 700 Euro pro Tag“, erklärt Unternehmer Martin Wennberg. Der gesamte Stromverbrauch erreichte früher bis zu 4,4 Gigawattstunden jährlich – inzwischen sind es, dank vieler Einsparmaßnahmen, weniger als 3 Gigawattstunden.
„Solche Kostensenkungen sind und bleiben für uns dringend notwendig“, betont Wennberg, „damit wir uns im Wettbewerb behaupten können, auch gegen Anbieter aus osteuropäischen Ländern, in denen die Löhne niedriger sind und der Strom billig ist.“Martin Wennberg leitet das Familienunternehmen mit seinen Brüdern Daniel und Christian in der fünften Generation. Rund 130 Mitarbeiter verarbeiten pro Tag bis zu 500 Tonnen bedrucktes Papier: zu Zeitschriften, Katalogen, Werbeheften und mehr.
„Produkte von uns liegen in jedem deutschen Haushalt, etwa als Katalog einer schwedischen Möbelhauskette“, so Wennberg. Eine Spezialität des Betriebs ist das Einfügen von Werbematerialien: CDs, Gutscheine, Kosmetik-Pröbchen, Extrahefte zum Heraustrennen.
Dreh- und Angelpunkt der Produktion sind sogenannte Zusammentragmaschinen. Und damit die reibungslos laufen, braucht man eben gewaltige Mengen an Druckluft: Die bewegt die pneumatischen Elemente in diesen Maschinen, sie sorgt dafür, dass die Papierseiten auf den Produktionsstraßen nicht aneinanderhaften – und nicht zuletzt reinigt man mit Druckluft die Anlagen.
Das innovative Bosch-Druckwärmekraftwerk ist nur eine von vielen Maßnahmen, die das Unternehmen realisiert hat, um Kosten zu reduzieren und nachhaltiger zu produzieren. So wurde schon 2008 eine Holzhackschnitzelheizung angeschafft: In ihr werden Einweg-Paletten gehäckselt und verbrannt, die jeden Tag bei der Anlieferung des bedruckten Papiers anfallen. Das spart teures Gas.
Ideen-Wettbewerb für die Mitarbeiter
Für sein Engagement erhielt der Betrieb kürzlich einen Effizienzpreis des Landesumweltministeriums, dotiert mit 3.000 Euro. Genau diesen Betrag verwendet Wennberg nun als Preisgeld für einen speziellen Ideen-Wettbewerb: Prämiert werden Vorschläge der Mitarbeiter – für noch mehr Energieeffizienz.
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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