München. Mit dem Eiskratzer käme man da nicht weit: Am Flughafen München muss Spezialgerät ran, um bei Frostwetter einen reibungslosen Flugbetrieb zu garantieren. An dem Luftfahrtdrehkreuz heben inzwischen monatlich mehr als vier Millionen Passagiere ab; die Airport-Gesellschaft wirbt deshalb eindringlich für den Bau einer dritten Startbahn!

Jetzt im Winter hat die Gesellschaft für Enteisen und Flugzeugschleppen (EFM) Hochsaison. Mit 150 Mitarbeitern und zwei Dutzend Spezialfahrzeugen, den „Eisbären“, ist sie im Einsatz und befreit Flieger von Frost und Schnee. Der Airport achtet auf Umweltschutz: Möglichst viel des glykolhaltigen Enteisungsmittels wird aufgefangen und wiederverwertet – der Flughafen besitzt eine der weltweit größten Recycling-Anlagen für diese Stoffe.

Je nach Größe des Flugzeugs werden 200 bis 2.000 Liter versprüht. Das muss aus Sicherheitsgründen sein. „Eis auf Tragflächen und Leitwerken verschlechtert die aerodynamischen Eigenschaften“, wie Edgar Lindner von der EFM erklärt. Das Flugzeug bräuchte länger, bis es abheben kann, unter Umständen müsste der Start sogar abgebrochen werden.

Damit das nicht passiert, werden je zwei verschiedene Mittel eingesetzt. Das erste ist dünnflüssig und mit Wasser vermischt. Im mobilen Enteisungsfahrzeug wird es auf 85 Grad erhitzt und dann auf Rumpf und Tragflächen gespritzt. Das geschieht bei laufendem Triebwerk auf speziellen Enteisungsflächen an den Startbahnköpfen – danach geht es möglichst schnell ab in die Luft. Das verwendete Fluid ist knallorange, „damit die Jungs sehen, ob sie alles erwischt haben“, so Lindner.

Je nach Witterung wird zusätzlich ein zähes, hellgrünes Mittel unverdünnt und kalt aufgetragen. Dieser Schutzfilm hält den Flieger bei extremen Bedingungen bis zum Abflug eisfrei. Damit ist der Job erledigt. Lindner: „Oben in der Luft sorgt die Bordelektronik dafür, dass nichts einfriert.“ In der vergangenen Saison (Oktober 2016 bis April 2017) gab es knapp 10.000 Enteisungsvorgänge, die meisten mit 378 im Januar. Von den insgesamt eingesetzten vier Millionen Liter Enteisungsmittel holt sich die EFM mit ihrer Recycling-Anlage etwa 70 Prozent wieder zurück.

Über Schlitzrinnen gelangt das von den Flugzeugen herabtropfende Mittel vermischt mit geschmolzenem Eis und Schnee in unterirdische Tanks. Von dort wird das Gemisch zur Recycling-Anlage transportiert, wo es erst mechanisch sowie chemisch gereinigt und danach destilliert wird. So erhält man wieder den glykolhaltigen Grundstoff für das Enteisungsmittel.

In 20 Jahren Betrieb wurden auf diese Weise bereits 21 Millionen Liter Enteiser gespart, das entspricht etwa 990 Lkw-Ladungen. Zudem wurde die Abwärme der Recycling-Anlage zum Heizen des Flughafens genutzt.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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