Toller Arbeitgeber, tolle Arbeitszeiten, gute Bezahlung. Mit einem schnellen Online-Vorstellungsgespräch soll schon alles erledigt sein. Das Jobangebot klingt gut, doch Vorsicht: Job-Bewerbungen per Video können böse Folgen haben, denn sie sind nicht immer seriös. Mit falschen Stellenanzeigen versuchen Kriminelle derzeit vermehrt, an sensible Daten zu kommen. Und dann hat man schnell ein Konto eröffnet, mit dem Verbrecher andere betrügen.

Diese Methode des Datenklaus nennt man Jobscamming. „Die mir bekannten Fälle sind Beiträge in Online-Stellenbörsen, Direktnachrichten in sozialen Netzwerken oder Messengern sowie E-Mails“, sagt Hauke Mormann von der Verbraucherzentrale NRW. Die Absender geben sich etwa als Job-Coach oder Karriereberater oder Karriereberaterin aus. Auch als Vertreter oder Vertreterin eines bekannten Unternehmens kommen die Kriminellen daher oder als Mitarbeitende einer Behörde oder Agentur. „Ähnlich wie bei anderen Betrugsmaschen, wie Phishing, werden E-Mails und Messenger-Nachrichten mit solchen Job-Angeboten gerne auch wahllos an beliebige Empfänger verschickt“, sagt der Experte. Es gibt also beide Wege: Falsche Anzeigen, auf die man bei eigener Recherche stößt, und Nachrichten, die einen unaufgefordert erreichen.

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Bewerbung mit Video-Ident-Verfahren: So kommen Kriminelle an sensible Daten

Die Vorgehensweise der Betrüger ist perfide: Hat man erst mal Kontakt zu den vermeintlichen Jobanbietern, soll man ein Foto seines Personalausweises sowie ein Bild von sich selbst mit Personalausweis in der Hand senden. Dann wird man im Rahmen des Bewerbungsprozesses aufgefordert, ein sogenanntes Video-Ident-Verfahren bei einer Bank durchzuführen. Seit 2020 werden den Verbraucherzentralen aus ganz Deutschland solche Fälle gemeldet, in denen Betroffene zu einer Kontoeröffnung für die vermeintliche Verifizierung ihrer Identität aufgefordert wurden.

Die Daten wurden dann zum Beispiel für Fake-Shops missbraucht. Dort wird Ware angeboten, die es gar nicht gibt. Ahnungslose Käufer bezahlen per Vorkasse, erhalten aber keine Lieferung. Die Kriminellen bleiben anonym, sie nutzen ja das Konto des getäuschten Jobanwärters. Entdecken dann die Geschädigten, dass sie von einem Fake-Shop betrogen wurden, wenden sie sich oft an den vermeintlichen Kontoinhaber: Klagen auf Rückzahlung des Geldes könnten folgen. 

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Seriöse Firmen bieten immer ein persönliches Gespräch an

Die Betrüger nutzen also eine Schwachstelle des Online-Bewerbungsverfahrens: Schließlich brauchen Firmen Gewissheit über die Person, wenn sie diese nur digital vor sich haben. Experte Mormann gibt zu bedenken: „Seriöse Firmen sollten immer ein persönliches Gespräch anbieten – sei es durch ein Treffen, ein Telefonat oder einen Video-Chat. Die Identitätsprüfung lagern sie aber natürlich nicht an Banken aus. Und vor allem wird nicht verlangt, dass zur Überprüfung der Identität ein Konto eröffnet werden müsse“, sagt Mormann. „Kontodaten für Gehaltszahlungen werden erst im Laufe des Einstellungsprozesses abgefragt und nicht schon im Bewerbungsgespräch." 

Vorsicht bei der Dateneingabe: Persönliche Daten sind erstmal tabu

Generell gilt: Werden Daten zur Bewerbung auf einer Internetseite abgefragt, unbedingt die Adresse in der Adressleiste des Browsers prüfen. Mormann: „Passt diese nicht zu der Firma, bei der man sich bewirbt, nichts eintragen!“ Falls die Firma den Bewerbungsprozess über einen externen Dienstleister abwickelt, sollte man sich im Bewerbungsgespräch genau sagen lassen, wie dieser Dienstleister heißt. „Man kann einen Vergleich zur klassischen Bewerbungsmappe ziehen: In sie schreibt man ja auch keine Kontonummer oder Personalausweisdaten. Warum sollte das beim Erstkontakt in der digitalen Welt anders sein?"

Auch wenn im Bewerbungsprozess plötzlich auf Whatsapp-Nachrichten umgestellt werden soll und dort ein Foto vom Ausweis oder sensible Daten wie Name, Adresse, Telefonnummer oder IBAN des eigenen Bankkontos verlangt werden, sollte man immer misstrauisch werden. Auf keinen Fall sollten derartige Daten über einen Chat, Messenger oder E-Mail verschickt werden.

Wie kann man checken, ob ein Jobangebot seriös ist?

„Man sollte über den möglichen Arbeitgeber recherchieren. Steht das Job-Angebot auf der echten Internetseite der Firma? Falls ja, gibt es in der Regel Kontaktdaten, um Fragen vor einer Bewerbung zu klären. Falls nicht: Bei der echten Firma nachfragen oder lieber die Finger vom Angebot lassen“, rät Mormann. Kommt sehr schnell eine Job-Zusage auf die Bewerbung, wird Zeitdruck erzeugt und soll alles nur über anonyme Kontaktwege wie Messenger oder E-Mails laufen, sollte man skeptisch sein.

Und wenn man im Bewerbungsgespräch via Videocall plötzlich aufgefordert wird, seinen Ausweis in die Kamera zu halten? „Im Bewerbungsgespräch ist das Zeigen eines Ausweises unüblich“, sagt der Experte. Falls man nicht sowieso während des Einstellungsprozesses in die Geschäftsräume des potenziellen Arbeitgebers geht: Immer auf Unterlagen zum Einstellungsprozess bestehen und dann auf diesem Weg – falls verlangt – eine Ausweiskopie einreichen. 

Was tun, wenn man vorschnell ein Konto fürs Video-Ident-Verfahren eröffnet hat?

Ist es schon passiert und man hat wichtige Daten preisgegeben und ein Konto zur vermeintlichen Verifizierung der Personendaten eröffnet, heißt es, sehr schnell zu handeln: Sofort die Bank kontaktieren, bei der das Konto eröffnet wurde und dieses sperren lassen. Und man sollte den Fall auch der Polizei melden.

Marie Schäfers
Autorin

Marie Schäfers hat ihren Studienabschluss in Geschichte und Journalistik an der Universität Gießen gemacht. Sie volontierte bei der „Westfälischen Rundschau“ in Dortmund und ist Leitende Redakteurin der Zeitung Sonntag-EXPRESS in Köln. Für aktiv beschäftigt sie sich als freie Autorin mit den Themen Verbraucher, Geld und Job.

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