Ein Auto, für das man nicht zwangsläufig einen Pkw-Führerschein braucht und keine Steuern fällig werden – und das nie zum Tüv muss. Sogar Jugendliche mit Mopedführerschein (Klasse AM) können mit ihm fahren. Das gibt’s doch nicht, zumindest nicht bei uns in Deutschland? Und ob: Auch hierzulande sind die Leichtkraftfahrzeuge (Lkfz) zu bekommen und dürfen am normalen Straßenverkehr teilnehmen. Nur sind sie auf unseren Straßen äußerst selten anzutreffen. Und das hat tatsächlich auch seine Gründe.
Was sind eigentlich Leichtfahrzeuge?
„Mopedautos“ nennt man auch die kleinen Wagen, die mit maximal 45 Stundenkilometern über die Straße schleichen können. Sie haben nur ein kleines Versicherungskennzeichen und dürfen auch schon von 16-Jährigen gefahren werden, wenn diese erfolgreich die Mopedprüfung bestanden haben – in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geht das im Rahmen eines Pilotprojekts sogar schon ab 15 Jahren. Aber nicht nur Teenager, die ihre mobile Freiheit kaum abwarten können, gehören zur Zielgruppe der Autos in Light-Version: Auch für ältere Umsteiger könnten sie interessant sein, für Menschen mit Behinderung, die keinen normalen Pkw-Führerschein machen können.
Die Fahrzeuge sind klein, daher für die chronisch unter Parkplatznot leidenden Städte durchaus attraktiv. Sie ermöglichen den Transport von Einkäufen besser als ein Fahrrad, Mofa (mit maximal 25 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit) oder Moped (bis zu 45 Stundenkilometer schnell) schützen vor Regen und Kälte, sind mit Autoradio und einige sogar mit Klimaanlage ausgestattet. Auf die Autobahn oder Schnellstraßen dürfen sie natürlich nicht, weil sie dafür zu langsam sind. Aber sonst kann man mit ihnen überall fahren, wo auch „normale“ Autos unterwegs sind.
Günstig im Unterhalt, teuer in der Anschaffung
Die meisten Modelle genehmigen sich nur knapp 3 Liter Diesel pro 100 Kilometer, sind also auch noch in Sachen Unterhaltskosten günstig. Steuern und regelmäßige Hauptuntersuchungen entfallen. Es gibt auch Elektro-Varianten, die man zu Hause bequem an die Steckdose hängen kann, und sogar kleine Transporter. In den südeuropäischen Ländern sieht man sie häufiger: Zu den bekannteren Marken zählen etwa Aixam, Ligier, Microcar und JDM aus Frankreich und Casalini aus Italien.
Die Modelle sehen schnittig aus, wie ein „erwachsener“ Kleinwagen. Bei uns sind die kleinen Autos aber noch wahre Exoten. Nur rund 1.000 neue Leichtfahrzeuge werden nach Branchenschätzungen pro Jahr angemeldet. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die Fahrzeuge eben nicht zugelassen werden müssen. Warum wollen nur so wenige bei uns das Auto light, wenn es doch so viele Vorteile gibt? Zunächst sind Leichtfahrzeuge in der Anschaffung keine Leichtgewichte. Ab circa 8.000 Euro sind sie neu zu haben, so viel kostet auch ein „richtiges“ Auto. Als Moped-Alternative sind sie für viele Jugendliche daher zu teuer, höchstens als Gebrauchte erschwinglich.
Langsam und leicht kann schnell und schwer gefährlich werden
„Das Hauptproblem ist aber die Sicherheit“, sagt Markus Bach von der „Auto Zeitung“ aus Köln. „Optisch sehen die Fahrzeuge wie vollwertige Autos aus, andere Verkehrsteilnehmer rechnen nicht damit, dass sie extrem langsam sind. Das kann zu gefährlichen Situationen führen, vor allem auf Landstraßen, auf denen diese Mopedautos mit maximal 45 Stundenkilometern ein echtes Verkehrshindernis sind.“ So provoziert man bisweilen gefährliche Überholmanöver oder Auffahrunfälle.
Und die sind vor allem für die Insassen in Leichtautos gefährlich, denn: „Die Karosserien bieten zwar einen Wetterschutz, crashsicher sind sie dagegen kaum“, sagt Dr. Reinhard Kolke, Leiter des ADAC-Technikzentrums in Landsberg. „Wie dramatisch die Verletzungen bei Unfällen mit diesen Leichtfahrzeugen sein können, haben unsere Crash-Versuche nach Euro NCAP Norm gezeigt.“
Vier Modelle, darunter auch Elektrofahrzeuge, wurden getestet. „Die Ergebnisse waren sehr schlecht. Obwohl die Frontaufprallgeschwindigkeit gegenüber dem gängigen Euro NCAP reduziert wurde, schaffte keines der getesteten Leichtfahrzeuge ein zufriedenstellendes Ergebnis.“ Für die Hersteller verpflichtend sind solche Crashtests übrigens nicht, sie können die Leichtfahrzeuge ohne entsprechende Checks auf den Markt bringen.
Unsicherer als im normalen Pkw
Bei allen getesteten Modellen hat der ADAC ein hohes Verletzungsrisiko festgestellt. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) kam in eigenen Tests zu ähnlichen Ergebnissen. „Das Sicherheitsniveau liegt weit unter dem moderner kleiner Pkws. Es ist grob vergleichbar mit dem von Motorrädern. Das sollten Fahrer und Käufer vor einer Kaufentscheidung auf jeden Fall berücksichtigen“, sagt Dr. Reinhard Kolke.
Wenigstens hat man in einem Leichtfahrzeug ein bisschen Knautschzone, auf dem Moped hat man gar keine. Und besser zu sehen ist man auch. Doch wie bereits angedeutet: „Andere Verkehrsteilnehmer sehen eben von außen nicht, dass es sich um ein Leichtfahrzeug handelt. Sie rechnen damit, dass es auch in Sachen Geschwindigkeit reagiert wie ein normaler Pkw“, sagt Bach von der „Auto Zeitung“. Und nehmen bisweilen weniger Rücksicht als auf einen Mopedfahrer.
Wenig Fahrfreude
Gerade Fahranfänger, die aus Unerfahrenheit schnell mal eine brenzlige Situation heraufbeschwören, sollten umso besser geschützt sein. Die Hersteller der Leichtkraftfahrzeuge gehen unterschiedlich mit dem Thema Sicherheit um, einige bieten auch für normale Kleinwagen übliche Standards wie ABS, Airbags und ein Alu-Chassis an, aber eben nicht alle. „Es gibt zum Beispiel einen zum Dreirad umgebauten, gedrosselten Fiat 500, der aber immerhin die Sicherheitsstandards eines normalen Kleinwagens bietet“, sagt Bach. Ein Verkehrshindernis außerhalb der Stadt sei man damit trotzdem.
Ob man die Abstriche bei der Sicherheit machen will, um unter allen Umständen auch ohne Pkw-Führerschein mobil zu sein, muss jeder selbst entscheiden. Ob ein Wagen, der 45 Stundenkilometer in der Spitze macht, im Straßenverkehr in Deutschland wirklich Spaß bringt, allerdings auch.
Marie Schäfers hat ihren Studienabschluss in Geschichte und Journalistik an der Universität Gießen gemacht. Sie volontierte bei der „Westfälischen Rundschau“ in Dortmund und ist Leitende Redakteurin der Zeitung Sonntag-EXPRESS in Köln. Für aktiv beschäftigt sie sich als freie Autorin mit den Themen Verbraucher, Geld und Job.
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