Iserlohn. Auf die Politik wartet jede Menge Arbeit: Nach der Bundestagswahl geht es darum, die Weichen für die Zukunft gut zu stellen. Märkisch aktiv hat darüber mit Horst-Werner Maier-Hunke gesprochen, dem Vorsitzenden des Märkischen Arbeitgeberverbands.

Jetzt wird wieder gewählt. Was ist Ihnen in den vergangenen Monaten aufgefallen?

Dass kaum jemand auf die Teams der Parteien und die Programme geschaut hat. Es wurde so getan, als wäre das hier eine Kanzlerwahl. Das ist nicht gut.

Warum?

Weil wir uns auch in diesem Falle fragen sollten, welche Menschen zukünftig die Regierungsarbeit machen und wie die Wahlprogramme finanziert werden sollen. Bei den Grünen beispielsweise ist mir Letzteres nicht klar.

"Unsere Gesellschaft darf nicht weiter in Arm und Reich auseinanderfallen"

Welches Thema sehen Sie für eine zukünftige Bundesregierung als besonders wichtig an?

Auch ich habe das Gefühl, dass wir beim Klimaschutz schneller werden müssen, viele Betriebe müssen ihre Energieeffizienz überprüfen. Eine weitere wichtige Herausforderung aber, über die man zu wenig spricht, ist das Thema Rente. SPD und CDU könnten es gemeinsam angehen. Es gibt zu viele kleine Renten in Deutschland. Wir brauchen eine breitere Basis des Rentensystems, möglicherweise auch Steuererhöhungen und eine längere Lebensarbeitszeit.

Kann denn jeder bis 70 arbeiten?

Sicher nicht. Hier dürfen nicht alle gleichbehandelt werden. Wir brauchen auch eine bessere Bezahlung bestimmter Berufe, etwa in der Altenpflege.

Warum ist Ihnen das wichtig?

Weil unsere Gesellschaft, wie ich meine, nicht weiter in Arm und Reich auseinanderfallen darf. Auch Unternehmern ist damit nicht gedient. Wir brauchen Beschäftigte, die Beschäftigten brauchen uns. Es ist der Mittelstand, der sich bemüht, den Laden zusammenzuhalten, nicht die Konzerne. Eingriffe der öffentlichen Hand hingegen bringen uns bei dem Thema nicht weiter. Der Staat kann nicht für alles geradestehen.

Welches politische Anliegen haben Sie noch?

Wir brauchen eine gelenkte Zuwanderung. Sonst wird der Fachkräftemangel noch schlimmer. Und die Parteien sollten sich reformieren.

Inwiefern?

Politiker sollten beispielsweise wieder einen erlernten Beruf haben. Wir brauchen auch Leistungsträger mit dem Blick für das Ganze. Nur „Lobby-Verein“ zu sein, das reicht nicht. 

Wo fehlt Ihnen zum Beispiel eine übergeordnete Perspektive?

Ich vermisse den gemeinsamen Konsens unter anderem bei Windrädern und erneuerbaren Energien. Hier müssten identische Regeln für alle Bundesländer gelten. Denken Sie außerdem an die Vielstimmigkeit in der Corona-Krise …

Zurück zur anstehenden Wahl: Wäre eine rot-rot-grüne Koalition für Sie ein Schreckgespenst?

Ich fürchte mich nicht vor Gespenstern. Allerdings würde ich in einer solchen Konstellation außenpolitische Probleme auf Deutschland zukommen sehen. Das kann niemand wollen. 

Zur Person

Der Engagierte

Horst-Werner Maier-Hunke ist seit 1998 Vorsitzender des Märkischen Arbeitgeberverbands. Von 2004 bis 2016 war er Präsident von Unternehmer NRW und von 2006 bis 2014 auch von Metall NRW. Zudem hat (und hatte) Maier- Hunke weitere Ehrenämter inne.

Der Unternehmer

Der 83-jährige Diplom-Betriebswirt war bis 2020 Chef des Büroartikel- Herstellers Durable in Iserlohn.

Der Ausgezeichnete

Maier-Hunke ist Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse.