Hinter der Frontschürze eines Autos, unterhalb der Motorhaube, steckt Hightech: Bis zu 80 Teile können in einem modernen Stoßfänger verbaut sein! „Und neben den Scheinwerfern auch Parksensoren oder Kameras“, erklärt Ivan Takenne, Junior Projektleiter beim Automobilzulieferer SMP in Bötzingen.

Zu den Kunden von SMP zählen Hochkaräter wie Audi, BMW, Ford, Mercedes-Benz, MAN, Nissan, Opel, Porsche, Renault und VW. Sie erhalten Kunststoffteile wie Türseitenverkleidungen, Cockpits, Mittelkonsolen, Spoiler, Schweller oder eben Stoßfänger. Was Takenne dafür tut? „Ich bringe alle Beteiligten an einem Tisch. Gemeinsam finden wir die bestmögliche Lösung für alle Anforderungen.“ So beschreibt er seine Arbeit beim Besuch von aktiv. Ins Detail geht er dabei natürlich nicht: Alles streng vertraulich!

Vermittler zwischen den Interessen

Projektleiter Takenne vernetzt Kunden und Experten und vermittelt zwischen den Interessen aller Beteiligten. Er kalkuliert die Kosten und wacht über Budgets sowie Zeitpläne. Wenn er sich mit Kollegen, Kunden oder Lieferanten trifft, darf sein rotes Notizbuch nicht fehlen: „Wir arbeiten natürlich digital, mit Projektsoftware. Aber manchmal ist es einfacher, schnell etwas von Hand aufzuschreiben“, sagt er und fächert die mit akribischer Handschrift bedeckten Seiten mit dem Daumen auf.

Einsatz im internationalen Umfeld

Der Mann ist viel unterwegs, hat am Standort Bötzingen zu tun oder auch in Göttingen, Hannover, Leipzig, Meerane, München, Neustadt an der Donau und Oldenburg. Oder in Schierling, wo er vor Jahren seine Bachelorarbeit zur Montageplanung für Porsche-Stoßfänger schrieb. Auch Auslandsreisen gehören dazu. Die Arbeit im internationalen Umfeld liegt ihm: „Klar gibt es Unterschiede in der Kultur. Aber ich bin durch Schulungen gut vorbereitet. Gut zuhören und aufmerksam sein hilft viel in der Zusammenarbeit.“

Ausgleich findet Takenne beim Sport. Hier schätzt er den Teamgeist im Mannschaftssport: „Ich liebe Fußball und Basketball“, sagt er – und man kann sich den hochgewachsenen Mann sofort auf dem Spielfeld vorstellen.

Eine seiner Stärken ist Durchhaltevermögen – das hilft im Sport wie im Job: „Es dauert drei bis dreieinhalb Jahre, bis ein neuer Stoßfänger in Serie geht“, berichtet der Projektleiter. An dem Prozess sind viele Menschen beteiligt: „Zu den Teams gehören Produktentwickler und CAD-Konstrukteure, aber auch Kollegen aus dem Vertrieb, dem Controlling oder der Qualitätssicherung.“

Auch Logistiker sind dabei: In der Automobil-Produktion werden die Teile fix und fertig direkt ans Band geliefert, das muss bis ins Detail geplant werden. „Ich muss reden, reden, reden und sehr, sehr viele E-Mails lesen und schreiben. Kommunikation ist das Wichtigste in meinem Job.“

Faible für Spätzle und Knödel

Takenne spricht fließend Deutsch mit nur leichtem Akzent – dabei kam er erst vor neun Jahren aus Kamerun, um hier zu studieren. Eigentlich Medizin – doch dann schrieb er sich für das Wirtschaftsingenieurwesen ein, Schwerpunkt Automation und Robotik. Seinen Master machte er später im Bereich Produktionsautomatisierung.

Ausschlaggebend für die Studienfachwahl waren sein Interesse an neuen Technologien in Verbindung mit wirtschaftlichen Zusammenhängen: „Deutschland ist perfekt, es gehört zu den führenden Nationen in der Automobilbranche und der Life-Science-Industrie.“ Die erste Zeit war allerdings nicht einfach: „Ich musste eine Sprache lernen, von der ich kein Wort kannte. Das war eine große Herausforderung, aber die Mühe hat sich gelohnt.“

Inzwischen lebt er in der Kaiserstuhl-Gemeinde Eichstetten, nur wenige Kilometer von seinem Arbeitgeber entfernt. Angetan hat es dem Hobbykoch übrigens auch die süddeutsche Küche: „Ich kann inzwischen Spätzle und Knödel machen“, sagt er.

Stoßfänger sind ein Hightech-Produkt

  • Bei einem Unfall schützt ein moderner Stoßfänger auf raffinierte Weise. Spezielle Konstruktionen und Sollbruchstellen sorgen zum Beispiel dafür, dass bei einem Aufprall nicht gleich der Kühler beschädigt wird – ein Stoßfänger ist einfacher und günstiger zu reparieren.
  • Sogenannte Absorber aus Schäumen im Inneren des Teils nehmen die Energie eines Aufpralls auf. Das kann auch Fußgänger vor schweren Verletzungen schützen.
  • Auch die spezielle Form trägt zum Schutz bei: Der Stoßfänger gibt Fußgängern im Fall eines Zusammenstoßes sozusagen einen bestimmten Dreh, sie landen auf der Motorhaube. Das verhindert, dass Unfallopfer unter das Fahrzeug geraten und überrollt werden.
  • Diese Hightech-Autoteile müssen außerdem möglichst leicht sein – und so konstruiert, dass sie Luft zur Kühlung in den Motorraum führen.
Andrea Veyhle
Autorin

Nach dem Germanistik- und Anglistik-Studium absolvierte Andrea Veyhle ein Volontariat und arbeitete für eine Agentur. Seit 2007 ist sie freiberuflich für verschiedene Verlage tätig. Für aktiv berichtet sie in Reportagen über die Chemie in Baden-Württemberg und stellt mit Porträts die vielseitigen Berufsbilder der Branche vor. Außerdem erklärt sie, wo uns chemische Produkte im Alltag begegnen. In ihrer Freizeit experimentiert sie gerne in der Küche, Kalorien strampelt sie auf dem Rennrad wieder ab.

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