Getränke im Wert von über 6,5 Milliarden Euro wurden allein 2022 von Deutschland aus in die ganze Welt verschickt. Dass solche Ware gut verpackt und daher heil an ihrem Ziel ankommt, dafür sorgt unter anderem das Smurfit-Kappa-Werk in Heppenheim. Die 85 Beschäftigten produzieren im Zweischichtbetrieb Gitterfacheinsätze, kurz: Gefache.

Und die hat wohl jeder schon mal in der Hand gehabt: Es geht um passgenaue Stanzteile aus Vollpappe, die so ineinandergesteckt werden, dass ein stabiles Gitter entsteht.

„Wir machen zum Beispiel das Innenleben von Weinkartons, damit die Flaschen darin beim Transport nicht aneinanderschlagen“, erklärt Damian Niedziela, Teamleiter in der Produktion, beim aktiv-Besuch im südhessischen Betrieb. Unter seiner Regie werden alle möglichen Gefache auf modernen Maschinen produziert.

Auch hochwertiges Mineralwasser wird weltweit verschickt

Die Teile sichern später nicht nur Flaschen oder Bierdosen, sondern zum Beispiel auch Parfüm-Flakons, Lippenstifte, Pflanzen, Zündkerzen sowie Auto-Teile der Zulieferindustrie. Gefache sorgen dafür, dass Oberflächen keine Kratzer bekommen und dass etwa Etiketten nicht beschädigt werden. „Und das starke Innenleben verhilft später dem gesamten Paket zu mehr Stabilität“, erklärt Niedziela, „sodass man Kisten besser stapeln kann.“

Die Kunden kommen aus ganz Europa, vor allem aus der Getränke-Industrie. Das Spektrum reicht von Großbrauereien über spanische Weingüter und französische Champagner-Häuser bis zu kleinen italienischen Winzern. „Zunehmend wird auch hochwertiges Mineralwasser verschickt“, sagt Werkleiter Stefan Handt.

Nachhaltige Verpackungen auf Papier- Basis seien in Ländern wie den USA oder Kanada mitunter sogar Pflicht, wenn es etwa um die Einfuhr von Getränken geht. „Für uns ein klares Plus“, sagt der Betriebswirt, der seine Karriere bei Smurfit Kappa vor 18 Jahren mit einem dualen Studium begann.

Der Standard: 6er-, 12er- und 24er-Gefache

„Wir sind hier ein tolles Team mit einem ganz enormen fachlichen Know-how“

Stefan Handt, Werkleiter

Bekannte Getränkehersteller ordern Gefache aus Heppenheim gleich lastzugweise. Standard sind 6er-, 12er- und 24er-Gefache. Aber hier geht auch viel mehr: etwa 100 und mehr Fächer für Lippenstifte.

„Jedes Gefach wird nach Kundenwunsch von uns konzipiert, sodass alles optimal passt“, sagt Entwicklungsleiter Boleslaw Kahl. Er ist gelernter Dachdecker und kam 1991 als Produktionshelfer in die Firma. Dank seines technischen Interesses und gezielter Weiterbildung wurde er zum Spezialisten für Qualität und Entwicklung, seit 2014 in leitender Position. „Hier wird es nie langweilig“, so Kahl, „denn Gefach ist eben nicht gleich Gefach. Und wir werden zunehmend als Alternative zu Verpackungen aus Kunststoff angefragt.“

Ursprünglich wurde das Werk gegründet, um Obst- und Gemüsesteigen herzustellen, 1962 war das. Schon zehn Jahre später erfolgte dann die Spezialisierung auf die Gefache. Die konnten aber lange ausschließlich in mühsamer Handarbeit konfektioniert werden.

Mehr Effizienz durch neueste Maschinen

Heute übernehmen das vor allem Maschinen, in die die gestanzten Vollkartonteile eingelegt werden. Die neueste Generation der Anlagen kann sogar noch mehr. „Es sind die schnellsten am Markt“, sagt Werkleiter Handt stolz, „stanzen und stecken erfolgen vollautomatisch in einem Durchgang.“

Aktuell wird kräftig investiert, damit das Werk noch effizienter wird. „Wir wollen schrittweise weg von der Handarbeit, weil sie nicht ergonomisch und im Hochlohnland Deutschland einfach zu teuer ist“, betont Handt. Unterstützung gibt es dabei vom Mutterkonzern Smurfit Kappa.

100 und mehr Fächer können als einzelnes Gefach gefertigt werden

Quelle: Smurfit Kappa

Der sorgt auch dafür, dass die in den Vorjahren drückenden Lieferengpässe und Rohstoffknappheiten hier nicht ankommen – denn Smurfit Kappa gehört selbst zu den größten Papierproduzenten der Welt.

Auch bei Themen wie Kundenbetreuung oder Ausbildung hilft die Konzernzugehörigkeit. Die Schwesterwerke unterstützen sich gegenseitig, zum Beispiel mit einer Ausbildung im Verbund, weil im Werk Heppenheim nicht alle Ausbildungsinhalte abgebildet werden können. Und so wird seit einigen Jahren auch in diesem Betrieb ausgebildet: Aktuell lernen hier vier junge Leute: eine Industriekauffrau, zwei Maschinen- und Anlagenführer und ein Packmitteltechnologe.

Das Unternehmen

  • Smurfit Kappa zählt zu den weltweit größten Verpackungsherstellern: Der Konzern hat in 350 Werken über 47.000 Beschäftigte, die 2022 einem Umsatz von knapp 13 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. In Deutschland arbeiten rund 5.000 Menschen an 30 Standorten für Smurfit Kappa.
  • In Europa ist Smurfit Kappa der führende Anbieter bei der Produktion von Verpackungen aus Wellpappe, Wellpappenrohpapier und Bag-in-Box-Verpackungen.
  • Durch die geplante Fusion mit dem US-amerikanischen Konzern Westrock, die vor Kurzem öffentlich bekannt gemacht wurde, würde der nach Umsatz größte börsennotierte Verpackungskonzern der Welt entstehen.
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

Alle Beiträge der Autorin