Korbach. Kaum noch Bewerber für die technischen Ausbildungsplätze – und gar keine für ausgefallenere Berufe wie den Verfahrensmechaniker? Bei Horizont im nordhessischen Korbach ist das vorbei. Dank der „Forscherwerkstatt“, die Ausbildungsleiter Guido Kersting (31) vor zwei Jahren angeschoben hat.

Die einleuchtende und schon mehrfach ausgezeichnete Idee: Die hauseigenen Azubis machen Schülern Lust auf ihre technischen Berufe. Und das direkt im Betrieb, mit prima Equipment.

Die Horizont Group ist einer der größten Hersteller von Weidezäunen weltweit, fertigt Sicherheitsprodukte für die Landwirtschaft und die mobile Verkehrsleittechnik. 280 der knapp 500 Beschäftigten arbeiten in der Zentrale, 28 junge Menschen lernen hier einen von elf angebotenen Berufen.

Azubis erklären Schülern technische Vorgänge – in speziellen Workshops

Unter ihnen Nils Grosche (18). Er steht kurz vor seiner Abschlussprüfung zum Mechatroniker und war von Anfang an bei der Forscherwerkstatt dabei. „Bei Vorträgen schalten die meisten ab“, weiß Grosche aus eigener Erfahrung, „aber wenn man selbst was machen kann, bleibt man gerne dran.“ Er hat selbst schon diverse Projekte erklärt, ehe die Schüler dann eine einfache Steuerung zusammenbauen oder einen Roboter programmieren durften.

Aktuell können interessierte Schulklassen aus der Region unter sieben Workshops auswählen, von „Grundlagen der Physik“ über Elektronik, Robotik und 3-D-Druck bis hin zu Social Media. Jedes Projekt wird auf das Vorwissen abgestimmt, die Sache funktioniert deshalb bei Grundschulklassen ebenso wie bei einem Physik-Leistungskurs. So erfahren die Schüler zum Beispiel, wie eine Windkraftanlage funktioniert – oder auch ein 3-D-Drucker. Der steht übrigens mitten in der Entwicklungsabteilung, sodass die Kinder dort unkompliziert mit Horizont-Technikern ins Gespräch kommen können.

Die Bewerberzahlen für die Lehrstellen steigen, ebenso der Anteil der weiblichen Azubis

„Daniel Düsentriebs gibt es in jeder Klasse, man muss sie nur finden und richtig ansprechen“, ist Ausbildungsleiter Kersting überzeugt. „Und mit ihren Postings in sozialen Netzwerken werben die Teilnehmer dann auch selbst für uns.“ Ergebnis: deutlich gestiegene Bewerberzahlen – und ein höherer Anteil weiblicher Azubis.

Auch Gea Scheele (19) hat die Firma als Schülerin entdeckt, über die praktischen Versuche. „Ich habe hier begriffen“, erzählt sie, „dass es einen tollen Beruf gibt, der Technik und Kreativität verbindet, und mich sofort beworben.“ Jetzt lernt sie technische Produktdesignerin. Und begeistert selbst schon Jüngere für technische Berufe. Ihre Beobachtung: „Die meisten steigen sofort voll ein.“

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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