Der 22. Juli 2012 war ein guter Tag zum Fliegen. Die Wettervorhersage hatte für diesen Sonntag zwar leichten Niederschlag angekündigt, aber der Flugplatz Conneforde bei Rastede (Niedersachsen) war davon nicht betroffen. Bereits am Vormittag war die Besucherterrasse voll besetzt, und am Rand der Startbahn machten die ersten Hobbypiloten ihre Maschinen startklar.
Einer von ihnen war Detlef Oltmanns, ein passionierter Ultraleichtflieger, der neben seiner Arbeit beim Heizungshersteller August Brötje als Fluglehrer tätig war. An diesem Tag hatte er einen älteren Schüler an Bord, 61 Jahre alt und schon mit Erfahrungen ausgestattet, die er in einer anderen Flugschule gesammelt hatte. Nun wollte er mit Oltmanns einige Runden drehen. Gemeinsam hoben die beiden ab.
„Wir schlugen mit 150 Stundenkilometern auf“
Was dann passierte, sollte das Leben des Niedersachsen für immer verändern. Oltmanns: „Kurz nach dem Start änderte der vor mir sitzende Schüler in knapp 60 Meter Höhe plötzlich den Kurs und steuerte in einer steilen Rechtskurve auf den Tower zu. Ich hatte keine Chance, das zu verhindern.“
In dieser Situation bleiben dem Fluglehrer nur wenige Sekunden zum Handeln. Oltmanns erinnert sich: „Der Mann war während der ganzen Aktion nicht ansprechbar und wie in einem Trance-Zustand. So handelt jemand, der seinem Leben ein Ende setzen will. Ich steuerte mit aller Kraft gegen und konnte gerade noch einen Aufprall auf der Besucherterrasse verhindern, doch dann streifte unser Airtrike eine Halle und war nicht mehr zu kontrollieren. Wir stürzten ab und schlugen mit rund 150 Stundenkilometern auf.“
Zwei bange Wochen auf der Intensivstation in Bremen
Der Schüler war sofort tot, doch Detlef Oltmanns überlebte den Aufprall und hatte Glück im Unglück: Die Absturzstelle lag unmittelbar neben dem Flugplatz, dadurch war nach kurzer Zeit ein Notarzt samt Rettungshubschrauber zur Stelle.
Im Bremer Klinikum zeigte sich das ganze Ausmaß seiner Verletzungen. Oltmanns gießt dem Reporter von AKTIV im Norden noch eine Tasse Kaffee ein und zählt auf: „Bruch des Jochbeins, Kompressionsfraktur des fünften Lendenwirbels, Frakturen im Oberarm und Wadenbein, Bruch des oberen und unteren Sprunggelenks, Rippenbrüche, Lungenquetschung und Gehirnerschütterung, diverse Brüche von Wirbelfortsätzen sowie schwere Schäden am Becken und am rechten Fuß.“
Zwei lange Wochen liegt der Familienvater im Koma, dann geben die Ärzte endlich Entwarnung: Oltmanns hat es geschafft und kann die Intensivstation verlassen. Es folgen diverse Operationen, physiotherapeutische Behandlungen und eine langwierige Reha.
Die Sorgen erwiesen sich als unbegründet
Oltmanns erinnert sich: „Diese Zeit war eine echte Herausforderung für mich, denn bis dahin war ich ein sehr aktiver Mensch gewesen. Die Ärzte haben mich nach allen Regeln der Kunst wiederhergestellt, aber natürlich bleibt so ein Unfall nicht gänzlich ohne Folgen. Da macht man sich schon Gedanken, wie es weitergeht, auch beruflich.“
Doch die Sorgen erwiesen sich als unbegründet, der Arbeitgeber tat nach seiner Rückkehr alles, um Oltmanns den Wiedereinstieg zu erleichtern. Und nicht nur das – im Dezember 2017 wurde der 52-Jährige befördert und übernahm die Leitung des Ersatzteilwesens im Geschäftsbereich Service/Kundendienst.
Die Geschichte von Detlef Oltmanns ist in ihren dramatischen Details sicher außergewöhnlich, aber sie ist ein gutes Beispiel für die Philosophie von Brötje. Das Unternehmen legt großen Wert auf Gesunderhaltung und Wohlergehen seiner Mitarbeiter und investiert viel Zeit und Geld in das betriebliche Gesundheitsmanagement, kurz: BGM.
Beratungsfirma half bei der Umsetzung
Dass Brötje mit diesem Engagement heute zu den Vorzeigefirmen im Nordwesten Niedersachsens zählt, ist auch Uwe Mehrtens zu verdanken. Er verantwortet die Bereiche Finanzen, Personal und IT bei dem Heizungshersteller und hat den Stellenwert von BGM früh erkannt.
Praktische Hilfe erhält Brötje dabei von der Unternehmensberatung IAS, die auf BGM spezialisiert ist. Mehrtens: „Wir haben uns dazu entschlossen, weil wir trotz hauseigener BGM-Angebote einen hohen Krankenstand hatten und spürten, dass es an einigen Stellen im Betrieb hakt. Ich glaube, es fehlte uns bis dahin ein einheitliches Grundverständnis für die Komplexität des Themas.“
Mitarbeiter wurden befragt, was sie bewegt
Und genau hier wurde zunächst angesetzt. Um herauszufinden, was die Belegschaft bewegt und wie man ihre Arbeitsbedingungen weiter optimieren kann, gab es in der ersten Phase eine umfangreiche Mitarbeiterbefragung, an der viele der rund 500 Brötje-Beschäftigten teilnahmen. Mehrtens: „Daran hat sich auch unserer Betriebsrat mit großem Engagement beteiligt, was uns sehr freut.“
Den Auftakt zur Zusammenarbeit mit IAS bildete ein Strategieworkshop mit der ersten Führungsebene. Mehrtens: „Hier ging es auch um die strukturelle Gesundheit der Firma und die Erkenntnis, dass es Mitarbeiter krank machen kann, wenn sie das Gefühl haben, ihre Arbeit nicht gut leisten zu können oder wenn sie an prozessualen Schwachstellen scheitern.“
Fahrtraining für den Außendienst und Gesundheitstage mit Yoga
Außerdem wurden drei Arbeitsgruppen eingerichtet, in denen Vertreter der Bereiche Innendienst, Außendienst und Produktion/Logistik sitzen. Dort werden Prozesse analysiert, Probleme identifiziert und neue Ideen entwickelt, die anschließend an das Management herangetragen werden.
Dieses Prozedere hat sich bewährt, auch nach Ansicht von Detlef Oltmanns. Sein Fazit: „Bei so vielen Mitarbeitern liegen ganz unterschiedliche Anforderungen vor. Da kommt man nur mit einer individuellen Betrachtung weiter, wenn man Ergebnisse erreichen will.“
Und Ergebnisse gibt es bereits einige. Marc Oliver König, Bereichsleiter Service und Kundendienst, nennt Beispiele: „Da die Kollegen oft im Auto unterwegs sind, achten wir nun verstärkt auf ergonomische Sitze und helle LED-Scheinwerfer, außerdem werden Fahrsicherheits-Schulungen angeboten.“ Für die Innendienstler wiederum wurden höhenverstellbare Schreibtische eingeführt, und für alle gibt es regelmäßige Gesundheitstage mit Yoga und Rückenschule.
Unternehmen arbeitet mit Fitness-Studios zusammen
Und natürlich spielt Sport eine große Rolle. Brötje kooperiert mit mehreren Fitness-Studios und zahlt seinen Mitarbeitern dort einen Zuschuss, gleichzeitig wird der Betriebssport aktiv unterstützt.
Mehrtens: „Inzwischen sehen wir erste Erfolge und freuen uns über die hohe Beteiligung. Sie zeigt: Der Wunsch, die Dinge anzupacken, ist da. Unsere Mitarbeiter sind hochmotiviert, wir müssen sie nur abholen.“
Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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