Freiburg. Der blonde Schopf und die Brille, sie erinnern irgendwie an Bill Gates, den Gründer von Microsoft. Der hat ja auch mal klein angefangen. Aber Frederik Kotz (31) lacht auf die Frage, ob er nun schon Millionär sei: „So schnell geht’s nicht“, sagt der Maschinenbauingenieur. Immerhin: „Wir machen nur knapp ein Jahr nach der Gründung schon sechsstellige Umsätze.“ Denn die Erfindung des Jungforschers ist bei der Industrie gefragt.

Glas lässt sich mit diesem Verfahren so einfach formen wie Kunststoff

Kotz hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Glas flexibel verarbeitet werden kann – so einfach wie Kunststoff. „Das Beste aus beidem“, so bringt er es auf den Punkt, „es lässt sich genauso leicht formen wie Kunststoff und hat doch die Eigenschaften von Glas.“ Und damit dessen Vorteile: Glas ist viel härter, kann mehr Hitze aushalten und hält auch chemischen Prozessen stand. Doch die konventionelle Herstellung von hochreinem Glas ist teuer und braucht extrem viel Energie. Das soll sich nun ändern. Die neue Fusion aus Glas und Kunststoff heißt „Glassomer“ – genau wie das Unternehmen, das Kotz mit der Chemikerin Dorothea Helmer und Professor Bastian Rapp gegründet hat.

Das Prinzip: Feines Glaspulver wird mit flüssigem Kunststoff vermischt. So lässt sich das Glas in jede gewünschte Form bringen, und zwar mittels eines 3-D-Druckers. Kotz macht das beim aktiv-Besuch vor: Heraus kommt ein kleines Schiffchen, milchig, halb Kunststoff, halb Glas. In einem Ofen wird es noch kurz auf 1.300 Grad erhitzt, damit der Kunststoff verdampft – fertig ist das Glasbauteil!

Die Vorteile verschiedener Materialien kombinieren

Eine denkbare Anwendung wäre die günstige Herstellung von optischen Linsen für Handykameras, wo bisher noch Kunststoff verwendet wird. Der hat den Nachteil, dass er sich bei Wärme verformt: Das Handy macht dann etwas andere Bilder. Glassomer kann winzige Teile aus Glas erzeugen, 1.000-mal dünner als ein menschliches Haar. Das könnten Bauteile für Laser oder auch Mini-Behälter für chemische Reaktionen werden.

Und Glas hat noch andere Vorteile: Während für Plastik meist Erdöl verwendet wird, ist der Rohstoff für Glas – Sand – reichlich vorhanden. „Auch das Recycling ist einfacher“, ergänzt Kotz.

Anfragen kommen von der Industrie aus der ganzen Welt

Die Idee ist am Karlsruher Institut für Technologie entstanden und war Thema der Doktorarbeit, für die Kotz nun den Förderpreis des Arbeitgeberverbands Südwestmetall erhielt. Sein junges Unternehmen hat außerdem den regionalen Wettbewerb „Start-up BW Elevator Pitch“ gewonnen. Seit Oktober 2018 tüfteln die Unternehmer in Räumen der Uni Freiburg.

Glassomer hat inzwischen eingeschlagen, das Interesse ist schon riesig: „Anfragen kommen von der Industrie aus der ganzen Welt“, sagt der Erfinder. Erste Pilotkunden für das Patent gibt es schon. Wer weiß: Vielleicht wird aus dem Jungforscher doch noch irgendwann ein Millionär.

Der Förderpreis

Als einer von neun Nachwuchswissenschaftlern hat der 31-jährige Frederik Kotz den Südwestmetall-Förderpreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erhalten.

Der Arbeitgeberverband verleiht diesen Preis jährlich auf Vorschlag der neun baden-württembergischen Universitäten. Gewürdigt werden damit wissenschaftliche Arbeiten mit besonderer Bedeutung für die industrielle Arbeitswelt und deren sozialpolitische Rahmenbedingungen.

Die Fakultäten reichen von Volks- und Betriebswirtschaftslehre über Ingenieurwissenschaften bis zu Informations- und Rechtswissenschaften. Der Förderpreis, der 2019 zum 30. Mal vergeben wurde, ist mit je 5.000 Euro dotiert.