München/Nürnberg. Massenproduktion auf Maß: Das muss sich nicht widersprechen, wenn man auf digitale Technik kombiniert mit 3-D-Druck setzt. Heraus kommt etwa ein Fahrradhelm mit feiner Wabenstruktur, den es so nur einmal gibt. Er passt perfekt zur Form des Kopfs, soll seine Träger noch besser schützen als Modelle von der Stange.
Losgröße 1 nennt man das. Davor hat man in der Industrie Respekt. Denn es bedeutet meist hohen Aufwand, sowohl in der Entwicklung als auch beim nötigen Umrüsten der Maschinen.
Siemens Digital Industries in Nürnberg hilft, die Hürden zu überwinden, damit der Prozess wirtschaftlicher wird. Die Mitarbeiter nehmen sich dazu die gesamte Prozesskette vor, straffen sie vom Anfang bis zum Schluss. Die inzwischen abgespaltene Sparte Siemens Energy nutzt das Vorgehen beispielsweise für eigene Produkte wie Brenner und Schaufeln für riesige Gasturbinen.
Die Simulation optimiert Design und Ablauf noch vor Beginn der Produktion
Im Fall Fahrradhelm haben sich Hersteller HEXR, Fachleute von Siemens sowie der 3-D-Druck-Spezialist EOS aus Krailling zusammengetan. Gemeinsames Ziel ist industrielle, hoch produktive Fertigung in hohen Stückzahlen, jedoch bei größtmöglicher Flexibilität für das Unternehmen und seine Kunden.
„Entscheidend ist die automatisierte Verkettung von abgestimmten Fertigungsschritten aller Beteiligten von der Konstruktion über den Druck bis hin zur Nachbearbeitung“, so Karsten Heuser, Leiter von Additive Manufacturing bei Siemens.
Hier kommen Steuerungssoftware, Automatisierungstechnik und Simulation zum Zug. In einem digitalen Abbild (auch: Zwilling) der Fabrik lässt sich noch vor Produktionsbeginn durchspielen, wie alles flüssig läuft und zugleich möglichst vieles automatisiert werden kann. Das spart Kosten und macht die Maßanfertigung im industriellen Maßstab mittels 3-D-Druck erst möglich.
Der Radlhelm selbst wird im Drucker schichtweise aufgebaut, aus einem pflanzlichen Pulver (aus Rizinusöl), und erhält so seine komplexe Struktur. Diese ähnelt Bienenwaben und soll die Energie bei einem Aufprall besser verteilen als herkömmliche Helme mit Schaumstoffschale.
Für die Anfertigung des Unikats braucht es Daten. Rund 250.000 Messpunkte, sie erfasst jeder Radler selbst mithilfe einer App von HEXR. Daraus wird der Bauplan für den Helm, der dann in den Drucker wandert. Kinnriemen dran, Schutzschale drauf, und fertig ist das individualisierte Produkt.
Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.
Alle Beiträge der Autorin