Würzburg. Lange hat die Welt auf die Entwicklung von Corona-Impfstoffen gewartet. Nun sind sie da und werden in großen Mengen produziert – müssen aber noch zu den Menschen gebracht werden. Und das ist deutlich kniffliger, als man denkt.
Die Welt steht vor einer logistischen Herkulesaufgabe. Um sie zu bewältigen, braucht es die Hilfe spezialisierter Unternehmen. Zu diesen gehört unter anderem die Würzburger Firma Va-Q-tec, ein Anbieter von innovativen Kälte-Containern und Kühlboxen.
Der Hintergrund: Viele Impfstoffe müssen konstant gekühlt werden, auch während eines Transports. Und dabei ist es egal, ob es nur kurz in die Nachbarstadt geht oder tagelang um den halben Globus. Meist reichen dabei schon Temperaturen leicht über dem Gefrierpunkt. Das ist für die großen Logistikunternehmen meist keine große Sache. Sie können mit etablierten Systemen eine sichere Kühlkette garantieren.
Manche Impfstoffe brauchen allerdings deutlich niedrigere Temperaturen. Das Mittel des deutschen Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer etwa benötigt nach derzeitigem Stand konstant minus 70 Grad.
Leistungsfähige Dämmung mit Vakuum ist das Geheimnis
Hier kommt Va-Q-tec ins Spiel. Für die Würzburger Temperatur-Spezialisten ist es kein Problem, diese extreme Kälte ohne größeren Aufwand und über mehrere Tage zu gewährleisten. „Unsere Container dämmen sehr gut“, erklärt Va-Q-tec-Vorstandsvorsitzender Joachim Kuhn das Geheimnis. „Längere Transportzeiten kann man so unabhängig von einer Energieversorgung realisieren.“ Bis zu 200 Stunden seien möglich.
Die Basis dafür sind spezielle Vakuumpaneele, die in den Containern und Boxen verbaut werden. Die Spezialplatten isolieren zehnmal besser als gängige Dämmmaterialien wie etwa Styropor und bestehen aus einem druckfesten Pulverkern. Er wird mit einer Spezialfolie gasdicht verpackt und luftleer gepumpt. Das Prinzip heißt Vakuumdämmung und funktioniert in einer ähnlichen Form auch in einer handelsüblichen Thermoskanne.
Die hohe Leistungsfähigkeit dieser Isolierplatten nutzt Va-Q-tec schon seit knapp 20 Jahren. Einsatzgebiete waren zunächst vor allem der Bau, wenn an bestimmten Stellen platzsparend gedämmt werden musste. Die Idee mit den Transportboxen kam erst später. Heute gehen in ihnen bei konstanten Temperaturen auch schon einmal teure Kunstgegenstände oder Dopingproben von Leistungssportlern auf die Reise. Ein weiterer großer Einsatzbereich ist das Gesundheitswesen. Neben Medikamenten und Blutplasma werden seit einigen Monaten auch regelmäßig Corona-Tests in Kühlboxen durch die Welt geflogen.
Brille und Handschuhe zum Schutz vor Verletzungen
Das Vertrauen in die eigenen Produkte ist bei Va-Q-tec groß. Sorgen macht Firmen-Chef Kuhn eher der Umgang damit. Bei Temperaturen für minus 70 Grad wird nämlich in der Regel Trockeneis verwendet. Das ist komprimiertes festes Kohlendioxid, das sich direkt in Gas verwandelt und bei einer zu hohen Konzentration in der Luft zum Ersticken führen kann. Ein längerer Kontakt mit der Haut verursacht irreparable Verbrennungen.
Die Mitarbeiter in seinem Unternehmen seien bestens geschult und sich der Gefahren bewusst, erklärt Va-Q-tec-Chef Kuhn. Bei Bedarf stecken sie in einem dicken Schutzanzug gegen die Kälte und tragen Handschuhe und Schutzbrille, um sich bei Unfällen vor möglichen schweren Verletzungen zu schützen.
Je näher es bei der Verteilung der Impfstoffe ans Ende der Logistikkette gehe, desto weniger seien Menschen den Umgang mit einem gefährlichen Stoff wie Trockeneis gewohnt, fürchtet Kuhn. Er ist sich daher sicher: „Wir werden viele Leute dafür trainieren müssen.“
Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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