Hollywood-Star Tom Cruise ist bekannt dafür, dass er Stunts gerne selber macht. Vor allem in den Filmen der „Mission Impossible“-Reihe gibt es dazu reichlich Gelegenheit. Besonders eindrucksvoll war sein Einsatz im fünften Teil, der 2015 anlief. Dort springt er auf ein startendes Militärflugzeug vom Typ Airbus A400M und hängt gefühlte Ewigkeiten an der Außentür, um schließlich in 1.500 Meter Flughöhe den Frachtraum zu entern und über die Heckklappe eine Fallschirm-Palette mit geklauten Granaten abzuwerfen.

Gedreht wurde die Szene auf der britischen Luftwaffenbasis Wittering, aber das Flugzeug kam aus Norddeutschland. Zumindest entscheidende Teile davon, denn der Rumpf und das Frachtladesystem der viermotorigen Maschine werden in Bremen entwickelt und gebaut.

Schon über 100 Rümpfe ausgeliefert

A400M-Standortleiter Jens Franzeck: „Bremen ist das deutsche Zentrum der A400M-Entwicklung und -Produktion. Wir beschäftigen hier derzeit rund 800 Mitarbeiter und haben bereits über 100 Rümpfe abgeliefert.“

Zu einem kompletten Flugzeug werden diese Rümpfe im spanischen Sevilla, wo Airbus ein großes Werk mit rund 2.000 Mitarbeitern hat. Den Transport übernimmt das Spezialflugzeug „Beluga“, das auch den Hamburger Standort regelmäßig anfliegt, um dort Teile an- und abzuliefern.

Die Nase kommt aus Frankreich

Franzeck: „Die A400M ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt. Wir liefern den Rumpf, die Briten die Tragflächen, die Franzosen die Nase inklusive Cockpit, und die Spanier übernehmen die Endmontage. Klingt einfach, ist aber im Detail eine gewaltige Herausforderung. Alles muss exakt aufeinander abgestimmt sein, wenn man am Ende ein perfektes Produkt haben will.“

Eine „Eier legende Wollmilchsau“ mit Flügeln

Dass so viele Länder beteiligt sind, hat mit der Entstehungsgeschichte der A400M zu tun - eine Geschichte, die bis in die 80er Jahre zurückgeht. Damals beschlossen einige europäische Nato-Staaten, den veralteten Bestand an Transportern durch ein modernes Modell zu ersetzen.

Daher gründeten Aérospatiale, Lockheed, Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) und British Aerospace Ende 1982 ein Konsortium, das die Machbarkeit eines europäischen Transporters untersuchen sollte. Dass es tatsächlich einen Bedarf dafür gab, zeigte sich spätestens 1998/1999 bei den Intervention der Nato im Kosovokrieg.

Die Airbus A400M ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt

In der Konzeptionsphase, so Franzeck, hatte „jeder Partner seine eigenen Vorstellungen davon, was die Maschine leisten soll“. Oder, um es mit den Worten eines externen Branchenkenners zu sagen: „Ein Blick auf das Lastenheft zeigt, dass man sich eine eierlegende Wollmilchsau wünschte, die auch noch fliegen kann.“

Das „modernste Transportflugzeug der Welt“

Ende 2007 wurde mit dem Bau des ersten Prototyps begonnen, zwei Jahre später fand der Erstflug statt. Franzeck: „Das Feedback der Piloten ist wirklich gut. Sie mögen unser Flugzeug und sind voll des Lobes, was uns natürlich freut.“

Und auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen äußerte sich zuletzt sehr positiv. Die A400M werde das „modernste Transportflugzeug der Welt“ sein, sagte sie bei einem Besuch auf dem niedersächsischen Fliegerhorst Wunstorf, wo die A400M seit Ende 2014 stationiert ist.

Aktuell stehen dort 25 Maschinen, aber da der Platz langsam knapp wird und die Bundeswehr in den nächsten Jahren noch weitere A400M erhalten wird, soll ein Teil der Transportflugzeuge ab 2025 auf dem bayerischen Fliegerhorst Lechfeld stationiert werden.

Mehr als 120 Kilometer Kabel und rund 400 Rohrleitungen

700 Kilometer nördlich davon wird unterdessen in der Bremer Airbus-Halle emsig gearbeitet, denn in Kürze steht der nächste Beluga-Flug nach Sevilla an. Jens Franzeck deutet auf den Innenraum eines Rumpfes, in dem gerade Rohrleitungen für Hydraulik und Kabel fixiert werden. „Von außen sieht die Maschine so groß aus“, sagt er, „aber in Wahrheit sind es ähnlich beengte Verhältnisse wie in einem U-Boot. Allein für die Elektrik müssen über 120 Kilometer Kabel verlegt werden, dazu kommen annähernd 400 Rohrleitungen für das Luftverteilungssystem und fast doppelt so viele Leitungen für die Hydraulik.“

Die Maschine ist mit einer „Fly by wire“-Steuerung ausgestattet, bei der die Lenkkommandos der Piloten nicht mehr analog über Stahlseile, Schubstangen und hydraulische Systeme übertragen werden, sondern über elektrische Signale. Das ermöglicht es den Piloten, die fast 80 Tonnen schwere Maschine mit kleinen Sidesticks zu steuern, die wie Computerspiel-Joysticks aussehen und auch ähnlich funktionieren. Zudem beanspruchen sie deutlich weniger Platz im Cockpit.

Propellerturbinen mit rund 11.000 PS Leistung

Angetrieben wird das 45 Meter lange Flugzeug von vier eigens entwickelten Propellerturbinen-Triebwerken mit rund 11.000 PS Leistung. Dank der Turboprop-Bauweise kann die A400M wegen ihres niedrigem Spritverbrauchs relativ lange Strecken bewältigen. Franzeck: „Bei maximaler Beladung liegt die Reichweite bei 3.100 Kilometern, unbeladen schafft die Maschine sogar fast 9.000 Kilometer.“

Wenn der Transporter dann nach langem Flug an seinem Einsatzort angekommen ist, kann er über die Heckrampe binnen kurzer Zeit entladen werden. Für die Konstrukteure war dieses Bauteil eine echte Herausforderung, denn die Vehikel, die in den Flieger einfahren, sind oft schwer und mit Ketten ausgestattet. Daher muss die Rampe so beschaffen sein, dass sie bei diesem Vorgang nicht beschädigt wird.

Es gibt aber auch Einsätze, wo die Piloten gar nicht landen können, weil das Gelände zu unwegsam ist oder feindliche Hinterhalte drohen. Dann öffnet der Lademeister kurzerhand die Heckklappe und setzt die Fracht per Fallschirm ab – so wie Tom Cruise in „Mission Impossible“.

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

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