Leuna. Studium? Nein, danke: Trotz seines guten Abiturs hatte Niklas Wöhle keine Lust, weiter die Schulbank zu drücken. „Theorie allein füllt mich nicht aus“, so der junge Mann, „ich mag das Praktische.“ Also bewarb er sich als Chemikant beim Chemieunternehmen Domo Caproleuna. Und lernte in diesem Sommer ein halbes Jahr vorzeitig aus – die Prüfung bestand er mit 98 Prozent!

Jetzt arbeitet der 21-Jährige in der Phenolsynthese des Betriebs. Hier stellt man mit Phenol und Aceton zwei wichtige Zwischenprodukte für Caprolactam her, das wiederum Ausgangsstoff für Kunststoffe ist – Polyamid 6. Wöhle ist zufrieden, die Arbeit macht ihm Freude, auch mit den Zwölf-Stunden-Schichten im Unternehmen hat er kein Problem.

Jeder Azubi wird hier von Anfang an individuell gefördert und gefordert

Ausbildungskoordinator Sebastian Wetzel und Personalchef Thomas Thielecke sind denn auch stolz auf ihren Schützling mit dem überragenden Abschluss. Allerdings ist Wöhle da keine große Ausnahme: Über die Jahre ist nahezu jeder dritte Azubi von Domo vorzeitig fertig geworden, und das mit guten Ergebnissen. Woran liegt’s?

Bei Domo, so erfährt man, wird nach Bedarf ausgebildet und jeder Azubi individuell gefördert und gefordert. „Schon im Auswahlverfahren legen wir viel Wert auf Motivation, Ehrgeiz und Teamfähigkeit“, berichtet Wetzel. Beim praktischen Teil der Lehre erhält jeder Azubi einen eigenen Ansprechpartner, der ihm zur Seite steht.

Domo in Leuna wächst kräftig. „Es war absehbar, dass wir 2020 zusätzlich rund zehn neue Chemikanten benötigen“, berichtet Personalchef Thieleck. Deshalb warb Domo Mitte 2018 auch um Menschen, die einen Neuanfang wagen wollen: Die zwar eine Berufsausbildung haben und in Lohn und Brot stehen, aber mit ihrem alten Job unzufrieden sind.

Umschulung: Zwei Jahre lernen ohne Berufsschule

Das Angebot: Eine zweijährige Ausbildung ohne Berufsschule zum Chemikanten, mit IHK-Abschluss. „110 Bewerber haben ihre Unterlagen eingereicht“, schildert Ausbildungskoordinator Wetzel. Drei Frauen und sechs Männer wurden eingestellt, sie sind zwischen Ende 20 und Ende 40 und erhalten eine erhöhte Ausbildungsvergütung. Heute, nach einem Jahr Laufzeit, erweist sich das Projekt als voller Erfolg: Alle sind engagiert dabei und sehen den Zwischenprüfungen gelassen entgegen. „Bei Bedarf werden wir das sicher wiederholen.“

Übrigens: Niklas Wöhle studiert nun doch noch. Ab Oktober startet er mit Verfahrenstechnik an der Hochschule Anhalt in Köthen. Aber eben neben der Arbeit! Das Schichtsystem erlaubt ihm problemlos die Teilnahme an geforderten Präsenzveranstaltungen. Wöhle bleibt also fest in seiner Schicht verankert, im Betrieb – und in der Praxis.