Es ist wie im normalen Leben: immer am Ball bleiben, auch bei Schwierigkeiten, nicht aufgeben – und, besonders wichtig, immer optimistisch bleiben.

Bitterfeld-Wolfen. Bunt flimmert es auf den Monitoren der Schaltwarte von Nouryon Bitterfeld: Hier laufen alle Produktionsdaten des Chlorwerks zusammen. Von hier aus wird die komplexe Anlage gesteuert, mit der 85 Beschäftigte pro Jahr über 90.000 Tonnen der wichtigen Chemikalie produzieren.

Klar also, dass es in der Schaltwarte viel Wissenswertes zu sehen und zu hören gibt. Azubi Assane Kouda fragt immer wieder nach, wenn er etwas Neues entdeckt. Und die Kollegen, Anlagenfahrer Volker Schroeter etwa, geben dem wissbegierigen jungen Mann bereitwillig Auskunft. Seit Sommer 2018 hat der 26-Jährige, der aus dem afrikanischen Burkina Faso stammt, bei Nouryon einen Lehrvertrag als Chemikant in der Tasche. „Die Ausbildung läuft super“, findet er. Werkleiter Stefan Kauerauf stimmt zu – und hofft, dass Kouda im Betrieb bleiben darf. Sicher ist das nicht.

Eine Bereicherungfür das Team

„Sein Wissensdrang in Verbindung mit dem Anspruch, die schwierige deutsche Sprache so schnell wie möglich zu lernen, ist absolut beispielhaft“, so Kauerauf. Anfängliche Vorbehalte im Werk seien verschwunden, Kouda werde allseits akzeptiert. Der Kollege sei offen, hilfsbereit und optimistisch: „Er ist eine echte Bereicherung für unser Team.“

Rein altersbedingt könne Kouda in Sachen Ausbildung natürlich schon viel weiter sein. Doch er hat einen schwierigen Weg hinter sich: 2014, nach einer Ausbildung zum Lebensmittelchemiker in seiner Heimat, besorgt er sich ein Visum, ein Flugticket und flieht nach Deutschland. Hier bittet er um Asyl.

„Es sind soziale Gründe, die mir ein normales, sicheres Leben in Burkina Faso leider unmöglich machen“, erzählt Kouda. Öffentlich darüber reden möchte er erst, wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist (die zuständigen Behörden wissen natürlich Bescheid).

„Ich will meine Ausbildung beenden, arbeiten, mir hier ein Leben aufbauen“

Die erste Zeit in Deutschland ist hart. Fast anderthalb Jahre ist der arbeits- und lernwillige junge Mann zum Nichtstun im Asylbewerberheim Marke unweit von Bitterfeld-Wolfen verdammt. Weder Arbeit noch Deutschkurs sind ihm gestattet. Die Anerkennung der Asylgründe erweist sich als kompliziert, die Aufenthaltsgenehmigung gilt immer nur für drei Monate – bis heute.

„Ich dachte schon, ich hätte mein Leben verbockt“, sagt Kouda im Rückblick. Doch mit Unterstützung lernt er dann rasch Deutsch und darf schließlich eine Arbeit als Alttextilsortierer annehmen. So kann er eine Wohnung finanzieren, sich einen Freundeskreis aufbauen, Praktika absolvieren.

Eine Exkursion im Rahmen des bundesweiten Jobstarter-Programms bringt Kouda ins Chlorwerk. Hier fällt er Werkleiter Kauerauf durch großes Interesse auf und durch gezielte Fragen zur Elektrochemie und zum Herstellungsprozess. „Diesen engagierten und motivierten Mann wollte ich unbedingt im Betrieb haben“, sagt Kauerauf. Ein dreimonatiges Praktikum überzeugt den Werkleiter vollends – wenig später hat Assane Kouda den Lehrvertrag. „Ich will meine Ausbildung beenden, arbeiten, mir hier ein Leben aufbauen“, sagt Kouda.

Unternehmen hofft auf ein Happy End

Doch das Happy End lässt noch auf sich warten. Noch immer droht dem bestens integrierten jungen Mann die Ablehnung im Asylverfahren, vielleicht sogar die Abschiebung ins Ungewisse. Deshalb will das Nouryon-Team aus Bitterfeld auch in Zukunft alles nur Mögliche tun, damit der junge Afrikaner bleiben kann. „Wir sind sehr froh darüber, dass hier eine gelungene Integration erreicht wurde“, unterstreicht Kauerauf noch einmal. Das nütze dem Menschen, seinen Kollegen und auch dem Unternehmen.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Schon in der Schule in Burkina Faso gehörte Chemie zu meinen Lieblingsfächern. Mein Lehrer hat mich ermutigt, dabeizubleiben.

Was reizt Sie am meisten?

Mir macht es einfach Spaß, immer wieder Neues kennen und verstehen zu lernen. Die Chemie ist dafür ein perfektes Feld!

Worauf kommt es an?

Es ist wie im normalen Leben: immer am Ball bleiben, auch bei Schwierigkeiten, nicht aufgeben – und, besonders wichtig, immer optimistisch bleiben.