Kitzingen. War das heute nun ein gelungener Arbeitstag? Viele können das nach Feierabend nicht immer ganz so eindeutig beantworten. Ingbert Jäcklein (62) schon. Sein Kriterium: „Wenn jeder Mitarbeiter, der morgens in unseren Betrieb kommt, am Abend wieder gesund heimgeht – dann war es ein guter Tag.“

Jäcklein arbeitet als Fachkraft für Arbeitssicherheit in der Gießerei Franken Guss in Kitzingen. Die Firma mit knapp 600 Beschäftigten ist auf Eisen- und Aluminiumguss spezialisiert. Heiße Öfen, Funkenflug und flüssiges Eisen, das in riesigen Metallbehältern per Stapler herumgefahren wird, prägen das Bild. Klar, dass es da gefährlicher zugeht als in einer Zahnbürsten-Fabrik. Umso größer ist die Verantwortung eines Mitarbeiters, der für Arbeitssicherheit sorgt.

Im Betrieb ist Jäcklein schon seit 34 Jahren. Er kennt dort alles und jeden.Der Geschäftsführung ist er direkt unterstellt. Das stärkt seine Autorität und Unabhängigkeit. Mit drei Kollegen arbeitet der Senior im „Team Gesundheit“ eng zusammen, besonders mit Michael Schlereth. Der kümmert sich neben Jäcklein ums Thema Arbeitssicherheit und sagt über den alten Recken: „Ohne seine Erfahrung wären wir oft aufgeschmisssen.“

Verbrennungen sind heute deutlich seltener

Einmal im Monat trifft sich das Team, um die jüngsten Arbeitsunfälle zu besprechen. Zwei bis drei Vorfälle kommen da im Schnitt zusammen, rund 30 im Jahr. „Als ich in der Gießerei angefangen habe, waren es mehr als 200“, so Jäcklein.

Wirklich ernst oder gar lebensbedrohlich waren und sind die wenigsten Fälle. Seit dem Eigentümerwechsel bei Franken Guss 2009 gab es im Betrieb keinen einzigen ernsten, vieles ist eher harmlos. „Ein umgeknickter Fuß oder ein Splitter im Finger etwa – aber auch das wird alles gemeldet“, sagt Schlereth.

Drei große Gefahrenquellen gibt es in der Gießerei. Da ist zum einen der Verkehr. Auf dem Gelände sind rund 70 Stapler im Einsatz. Zum anderen sind da die Verbrennungen. Allerdings haben sie im Vergleich zu früher deutlich abgenommen. Es gibt heute Arbeitskleidung mit speziellem Gewebe, das selbst flüssigem Eisen kurz standhalten kann. An den gefährlichsten Orten trägt man eh Vollschutzanzug mit Helm und Visier.

Einmal im Jahr wird jeder Prozess neu auf Gefahren überprüft

Kaum zu verhindern sind sogenannte mechanische Unfälle. Die kommen etwa immer wieder beim „Putzen“ vor, also beim nachträglichen Bearbeiten von Gussteilen. Ein schwerer Hammer landet da schon mal auf der Hand. „Da kann ich noch so viele Vorkehrungen treffen“, erklärt Jäcklein. „Menschliche Fehler werden immer passieren.“ Aber sie lassen sich reduzieren. So teilen sich die Mitarbeiter beim Putzen sieben verschiedene – teils ungefährliche – Arbeitsschritte. Nach 15 Minuten auf einer Position wird rotiert. Diese Veränderung hält die Konzentration hoch – und senkt die Verletzungsgefahr.

Ideen wie diese sind Ergebnis des Gefahrenmanagements der Gießerei. Innerhalb eines Jahres werden der komplette Betrieb und seine Arbeitsprozesse einmal intensiv begutachtet und auf Gefahren untersucht. Auch neue Stoffe und Materialien für die Produktion werden vor ihrem Einsatz genau geprüft und dokumentiert. „So bekommen wir etwa mit, ob Stoffe möglicherweise krebserregend sind“, sagt Jäcklein. „Und die will ich in meinem Betrieb nicht haben.“

Die Schutzbrille nehmen viele nicht wichtig genug

Über die Gießerei verteilt helfen 26 Sicherheitsbeauftragte Jäcklein und seinen Kollegen dabei, Gefahren zu identifizieren. So oft es geht, sucht er allerdings selbst den Kontakt zu den Kollegen. Er nennt es den „Einsatz an der Front“. Dabei kommt es immer wieder auch zu leidenschaftlich geführten Diskussionen, etwa über nicht aufgesetzte Schutzbrillen: „Es gibt immer noch Leute, die nicht verstehen, dass sie nur zwei Augen haben, die nicht nachwachsen.“

In solchen Momenten weist Jäcklein immer wieder auf die Vorschriften hin. Gerne auch mal etwas eindringlicher. „Arbeitsschutz ist unbequem und hinderlich. Aber wenn ich hier überall nur Freunde hätte, würde ich mit Sicherheit etwas falsch machen.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf? Ich habe ihn bewusst ausgewählt. Denn ich wollte viel mit Menschen zu tun haben.

Was reizt Sie am meisten?

Quasi jeden Tag passiert in der Firma etwas Neues – und ich bin aufgrund meiner übergreifenden Funktion fast überall eingebunden.

Worauf kommt es an?

Man muss ziemlich hartnäckig sein und braucht ein sehr dickes Fell. Ärger mit den eigenen Kollegen darf man auf keinen Fall persönlich nehmen.

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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