Leuna. Wie genau Marvin Meinhardt zu seinem Berufswunsch kam, weiß der 20-Jährige heute nicht mehr. Aber Fakt ist: Seit er fünf oder sechs Jahre alt war, gab es nur eines für ihn – Lokführer werden! Natürlich hatte er auch eine Modelleisenbahn. Und das, obwohl es in der ganzen Familie keine Eisenbahner gab.

Inzwischen ist die Eisenbahn tatsächlich Alltag für Meinhardt. Vor einem Jahr hat er die Ausbildung zum Lokführer beendet, einen Tag später ging es zum ersten Mal selbstständig auf Schicht als Rangierlokführer. „Klar, ich war bestens vorbereitet, hatte alles 1.000-mal geübt, aber aufgeregt war ich trotzdem“, bekennt er.

Die Oma gab den Tipp für die Bewerbung

Doch er meisterte den ersten Dienst bravourös. Möglich machte es die Ausbildung bei InfraLeuna, der Betreibergesellschaft des Chemiestandorts Leuna. Der Tipp für eine Bewerbung hier kam übrigens von der Oma. Und nach der Zusage verließ Meinhardt sogar das Gymnasium, um seinen Traumberuf zu lernen.

Nun arbeitet der junge Mann bei der Anschlussbahn der InfraLeuna als Rangierlokführer. Seine Aufgabe: Leere und beladene Kesselwagen zu rangieren und zu Zügen zusammenstellen, so, wie es die Kunden im Chemiepark benötigen – und wie es der Disponent zu Schichtbeginn angeordnet hat.

Meinhardt schafft die Wagen zu den Beladestationen der Standortfirmen, wo die Waggons befüllt werden, und zum Ausgangsort für den Weitertransport. Manchmal geht’s auch zum Übergabebahnhof ins Bahnnetz ins zehn Kilometer entfernte Großkorbetha.

Wir sitzen nicht den ganzen Tag im Sessel des Führerstands

„Wir sitzen aber nicht den ganzen Tag im Sessel des Führerstands“, betont Meinhardt beim aktiv-Besuch. Oft muss er runter vom „Bock“, steuert die Lok mit der Funkfernbedienung oder hängt Waggons an und ab. Beim Kuppeln sind jedes Mal 30 Kilo zu bewegen – da kommen schnell Tonnen zusammen … „Immer bin ich mit meinen Schichtkollegen im Kontakt, wir sprechen uns ab, wer wo seine Arbeit verrichtet, damit alles pünktlich und sicher abläuft.“

Auch mit dem Disponenten steht er im permanenten Austausch: Rund 2.000 Kesselwagen sind täglich auf den 93 Kilometer Gleisanlagen des InfraLeuna-Geländes unterwegs. Nicht nur die Arbeit ist abwechslungsreich, bereits die dreijährige Ausbildung fand Meinhardt großartig. Natürlich weil er ein Triebfahrzeug fahren durfte – aber ihn begeisterte auch die Technik, das Prüfen von Wagen und Bremsen, ja: sogar die komplexen Eisenbahn- und Rangiervorschriften.

Aktuell werden zehn Mitarbeiter zu Rangierlokführern umgeschult

„Wir haben auch gesehen, wie moderne Stellwerke funktionieren und welche Aufgaben Fahrdienstleiter und Disponenten haben“, schwärmt der junge Mann. Insgesamt arbeiten 34 Lokführer für die InfraLeuna. Vier „Eisenbahner im Betriebsdienst mit der Fachrichtung Lokführer und Transport“ werden jährlich ausgebildet (Meinhardt ist schon in ihre Ausbildung eingebunden).

Der Arbeitsmarkt für Fachleute im Eisenbahnbetriebsdienst und auf den Lokomotiven ist angespannt. Deshalb setzt das Unternehmen seit Mai ein ehrgeiziges Projekt um: „Wir schulen in Eigenregie zehn Beschäftigte in einem anspruchsvollen fünfmonatigen Kurs zu Rangierlokführern um“, berichtet Peter Krämer, Leiter der Abteilung Bahnlogistik. „Alle zehn Leute sind außerordentlich engagiert dabei, die Zwischenprüfungen waren hervorragend. Wir hoffen, alle im Herbst nach den Prüfungen übernehmen zu können.“

InfraLeuna ist auch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen mit der Zulassung für Güterfernverkehr. Um die steigenden Leistungen im EVU-Verkehr, etwa nach Duisburg, Rostock oder Augsburg auch künftig effizient und umweltfreundlich erbringen zu können, hat die InfraLeuna zwei neue Elektroloks erworben.

Auch Meinhardt war bereits auf großer Strecke unterwegs: „Das ist spannend, man sieht Land und Leute“, sagt der passionierte Leichtathlet, der schon Landesmeister im Dreisprung war. Persönlich ziehe er aber den Rangierdienst vor, da sei die Abwechslung größer. „Und nach der Schicht ist man schnell zu Hause. Ich will ja auch mal eine Familie gründen.“ Und sein zweites Hobby pflegen, als Trompeter in einer Big Band.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Schon als kleiner Junge wollte ich unbedingt Lokführer werden. Dieser Wunsch ist mit der Zeit immer größer geworden.

Was reizt Sie am meisten?

Die Verantwortung, die man trägt, die große Selbstständigkeit beim Arbeiten. Und das Zusammenarbeiten mit den anderen im Team.

Worauf kommt es an?

Man muss körperlich fit und geistig flink sein, immer konzentriert, und man muss ganz genau wissen, was man gerade macht.