Salzgitter. Die Begeisterung sprudelt nur so aus ihm heraus: Stefan Schrank ist fasziniert von dieser neuen Antriebstechnik. Von der Möglichkeit, mithilfe von Wasserstoff in einer Brennstoffzelle Strom zu erzeugen und damit einen Zug anzutreiben. Und natürlich vom weltweit ersten Zug dieser Art.

Kein Wunder eigentlich, schließlich ist der Wirtschaftsingenieur aus dem Landkreis Peine beim Schienenfahrzeug-Hersteller Alstom ein Mann der ersten Stunde für die neue Technologie. Sie drückt den Schadstoffausstoß bei der täglichen Fahrt auf null und ermöglicht so eine neue Ära im Bahnverkehr.

Lokführer loben den neuen Zug

„Coradia iLint“ heißt der innovative Zug. „Lint“ ist die Abkürzung für „leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen“, das „i“ steht für Intelligenz. Denn der Triebwagen verfügt über ein ausgefeiltes Energiemanagementsystem.

Zwei der neuen Züge fahren schon! Im Linienverkehr zwischen Bremervörde und Buxtehude sowie von Bremerhaven nach Cuxhaven. Mit Erfolg, sagt Projektleiter Schrank, „aber natürlich lernen wir noch jeden Tag dazu.“ Dabei ist dem Ingenieur die Meinung der Lokführer besonders wichtig, die mit dem neuen Zug unterwegs sind: „Sie loben ihn, einige fahren ihn besonders gern.“

Nur vier Jahre Entwicklungszeit brauchten die Ingenieure

Schrank und das Ingenieurteam bei Alstom zeigten mit dem iLint recht fixen Innovationsgeist: 2012 reifte nach ersten Studien die Idee. „Uns wurde klar, dass die neue Technologie Sinn macht“, erzählt Schrank. 2014 begann die Entwicklung, schon 2016 präsentierte Alstom den ersten Prototyp.

Angetrieben wird der Coradia iLint mithilfe von Brennstoffzellen, die zusammen mit einem Wasserstofftank unter dem Zugdach untergebracht sind. Die Brennstoffzellen erzeugen durch die Reaktion von mitgeführtem Wasserstoff und Luftsauerstoff den Strom für die Elektromotoren. Als Abgas entsteht dabei nur – harmloser Wasserdampf!

Batterien helfen beim Beschleunigen

Die Zellen bringen es zusammen auf 400 Kilowatt (kW) Leistung. Darüber hinaus verfügt der Coradia iLint über zwei Batterien mit insgesamt 900 kW Spitzenleistung. Die sind nötig, damit der Zug beim Beschleunigen genug Antriebskraft hat.

Dank dieser Batterien kann der iLint laut Projektleiter Schrank ähnlich schnell beschleunigen wie der herkömmliche Coradia mit seinen drei Dieselmotoren. Der bringt es auf insgesamt 1.170 kW und gilt damit als sehr stark motorisiert. Beim Gesamtwirkungsgrad schneidet aber der iLint deutlich besser ab als der Dieseltriebwagen. Die Energie beim iLint reicht für gut 1.000 Kilometer Strecke, in der Spitze ist Tempo 140 möglich.

Das Land Niedersachsen will den Kauf von Zügen unterstützen

Begeistert sind auch die Fahrgäste, denn der iLint macht das Bahnfahren deutlich leiser. Und umweltschonender wird es ohnehin durch ihn. Das Land Niedersachsen unterstützt deshalb den Kauf von weiteren 14 Wasserstoff-Zügen mit 81 Millionen Euro. Die Züge sollen von 2021 an Dieselloks ersetzen. Denn das ist noch ein Vorzug des Stromantriebs per Brennstoffzelle: Alte Trassen müssen nicht für teures Geld elektrifiziert werden.

Mit der Förderung leiste Niedersachsen „echte Pionierarbeit im Nahverkehr“, sagt Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Der Politiker verspricht weitere Unterstützung, falls die neue Technologie ihre Alltagstauglichkeit belegt. „Dann werden wir die Weichen dafür stellen, dass der Schienenverkehr in Zukunft weitestgehend klimafreundlich und emissionsfrei funktioniert.“

Auch in anderen Regionen Deutschlands überzeugte der Coradia iLint bereits: Er war in Sachsen, Thüringen und Hessen auf Demonstrationsfahrt. Und er hat mittlerweile auch gezeigt, dass er nicht nur etwas für die niedersächsische Tiefebene ist, wie Schrank betont. „Wir waren mit ihm jetzt im Winter im Schwarzwald unterwegs. Da hat er problemlos jede Steigung geschafft – selbst bei Schnee.“ Gute Aussichten also für den französischen Zughersteller mit Werk im niedersächsischen Salzgitter.

Die Bahn-Industrie ist im vergangenen Jahr kräftig gewachsen.

  • 12,0 Milliarden Euro setzten die Unternehmen 2018 um.
  • 8,6 Milliarden Euro erlösten sie mit Schienenfahrzeugen.
  • 52.100 Menschen gab die Bahn-Industrie Arbeit.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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