Frankfurt. Barack Obama und Sebastian Fitzek haben die Nase vorn: Ihre Bücher „Ein verheißenes Land“ und „Der Heimweg“ waren 2020 laut Branchendienst „Media Control“ die meistverkauften Titel im Bereich Sachbuch und Belletristik in Deutschland.

Auch bei Rasmus Schöll, dem Inhaber der Buchhandlung Aegis in Ulm, gingen diese Titel im vergangenen Jahr häufig über die Ladentheke. Aber nicht wie sonst üblich in der 75-jährigen Firmengeschichte. Corona, Lockdown und Hygieneregeln sorgten dafür, dass der Buchhändler sein Geschäft in der Ulmer Innenstadt teils nur sehr eingeschränkt öffnen konnte.

Daher funktionierte der Mann einen alten Mercedes-Benz-Bus in einen mobilen Bücherkiosk um – und stellte ihn in die Fußgängerzone. Über die Seitenfenster des Busses gab Schöll bestellte Bücher aus und nahm neue Bestellungen entgegen. Die Kunden mussten keinen Laden betreten und empfingen die Werke von Obama, Fitzek und Co. unter freiem Himmel.

Kleine Buchläden ziehen eigene Online-Shops hoch oder liefern per Fahrradkurier

„Buchhandlungen und Verlage haben in den vergangenen Monaten mit großem Engagement und viel Kreativität dafür gesorgt, dass Menschen weiterhin Zugang zu Büchern, zu professioneller Beratung und lebendiger Literaturvermittlung hatten“, erklärt dazu Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Buchhandels. Auch die Bremer Buchhandlung Melchers reagierte früh auf die Kundenbegrenzung in den Geschäften: Bücherwürmer konnten Privattermine an Samstagen buchen, um ungestört im Sortiment zu stöbern. Zudem richtete Melchers einen eigenen Online-Shop ein und lieferte den Kunden die Bestellungen an die Haustür.

Derartige Beispiele gab es zuhauf in der Branche mit ihren gut 5.000 Läden und rund 26.000 Beschäftigten. Buchhändler sattelten aufs Fahrrad um, fuhren die telefonischen Bestellungen per Lastenrad aus. Alsbald suchten sie ihr Glück in eigenen Online-Shops. Um mit Amazon und Co. mithalten zu können, übernahmen viele gar die Portokosten für ihre Kunden.

Tatsächlich ging die Rechnung am Ende halbwegs auf: Der Umsatzrückgang der stationären Buchhandlungen betrug im Jahr 2020 „nur“ 9 Prozent. Die größeren Filialisten traf die Krise deutlich härter. So klagte etwa Nina Hugendubel, geschäftsführende Gesellschafterin der Kette Hugendubel, im vergangenen Jahr: „Wir erleben hohe Umsatzeinbrüche.“

In der Krise entdeckten besonders viele junge Leser die Lust an Büchern wieder

Dabei entdeckten ja gerade im Lockdown viele die Lust am Lesen wieder – vor allem auch Jugendliche! Jeder Dritte unter 20 griff häufiger zum Buch als vor der Krise. Davon profitierten aber auch Streamingdienste wie Kindle unlimited, Storytel oder Nextory, die etwa E-Books und Hörbücher im Abonnement anbieten.

Beim stationären Buchhandel kamen die Kleinen umsatzmäßig zwar mit einem blauen Auge davon, mussten allerdings erhöhte Kosten verschmerzen. Letztlich geht es nicht nur um den gestiegenen Arbeits- und Zeitaufwand für den Inhaber oder den Angestellten, der die Bücher ausliefert, sondern zusätzlich um Ausgaben etwa für Fahrräder, für neue Technik oder das Programmieren und Installieren von Online-Shops.

Fürs erste Halbjahr 2021 gibt es übrigens bereits Zahlen: Der Umsatz im Buchhandel vor Ort liegt fast 23 Prozent unter dem Stand im „normalen“ Jahr 2019. Es ist also noch jede Menge zu tun – kreative Ideen bleiben gefragt.

Christian Schreiber
Autor

Unser freier Autor Christian Schreiber ist als Journalist in Baden-Württemberg, Bayern und der Welt unterwegs. Wirtschaftsthemen fesseln ihn seit seiner Jugend. Der Allgäuer, der in Augsburg Medien und Kommunikation studierte, hat die Berge in sein Herz geschlossen und auch sie zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht.

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