Güglingen. Vielleicht passiert es mitten im Gespräch mit dem Chef. Oder in einer Besprechung. Andreas Conz, der bei Weber-Hydraulik in Güglingen (Kreis Heilbronn) arbeitet, ist immer darauf gefasst: „Wenn der Piepser Alarm schlägt, lasse ich alles stehen und renne los.“ Genau wie etwa zehn weitere Kollegen. Sie sprinten dann die Straße hoch zum Feuerwehrhaus. Sekunden später stecken sie in ihren Schutzanzügen und schwingen sich in die roten Fahrzeuge, denn irgendwo im Zabergäu werden sie jetzt dringend gebraucht.

 Wenn’s in Deutschland brennt, werden Arbeitnehmer zu Helfern. Denn mehr als 75 Prozent aller Feuerwehrleute sind Ehrenamtler, haben also eigentlich einen ganz anderen Job! Natürlich kann nicht jeder Helfer einfach so seinen Arbeitsplatz verlassen, doch viele Betriebe stellen Mitarbeiter gezielt für Einsätze frei. Wie Weber-Hydraulik: „Das ist für uns selbstverständlich“, sagt Personalreferentin Elena Brell. „Wir wollen etwas fürs Gemeinwohl in der Region tun, wo es möglich ist.“

Und wenn in der Belegschaft gleich mehrere Meldeempfänger piepen, wird das ganz konkret. Andreas Conz ist als Feuerwehr-Kommandant besonders gefordert. Eben noch bei der Arbeit, muss er dann einen Einsatz koordinieren und mit seinem Team die richtigen Maßnahmen treffen. 

Bei einem Einsatz geht es oft um Leben und Tod

Zum Beispiel bei diesem schrecklichen Unfall im Nachbarort: Ein Landwirt wurde mit den Beinen in die Messer seines Mähdreschers gezogen, als er sie reinigen wollte. Conz atmet tief ein. „Das war vor ein paar Jahren“, erzählt er. „Viele Erlebnisse vergisst man nicht.“ Er weiß immerhin: Der damals schwer Verletzte kann heute wieder laufen, mit zwei Beinprothesen. Conz ist Feuerwehrmann mit Leib und Seele, seit seinem 18. Lebensjahr. „Weil es schön ist, anderen zu helfen“, beschreibt er. „Außerdem sind wir ein tolles Team, es geht auch um den Zusammenhalt und die Freizeitgestaltung.“

Seine Leidenschaft für die Feuerwehr ist auch der Grund, warum er bei Weber-Hydraulik arbeitet. Der Mittelständler produziert mit 660 Leuten in Güglingen nämlich nicht nur Hydraulikzylinder und hydraulische Systemlösungen etwa für mobile Arbeitsmaschinen – sondern ist auch Spezialist für Rettungsgeräte. Damit befreien Einsatzkräfte in aller Welt eingeklemmte Unfallopfer. Conz ist gelernter Schreinermeister, doch heute schult er bei Weber Einsatzkräfte im Umgang mit diesen Rettungsgeräten.

Am Arbeitsplatz springen derweil Kollegen ein

Mit ihnen teilt er die Freude am Helfen, auch wenn Feuerwehrleute einiges wegstecken müssen. Conz: „Wir wurden sogar mal mit Flaschen beworfen, als wir einen Schwerverletzten versorgten und die Angehörigen nicht gleich zu ihm lassen konnten.“ Auch mit solchen Erlebnissen müsse man umgehen können.

Im Betrieb springen derweil Kollegen ein. Dass Weber-Hydraulik die örtliche Feuerwehr unterstützt, auch mit Geräten, hat fürs Unternehmen wiederum handfeste Vorteile: „Wir machen das auch für eine gute Außenwirkung und um für Bewerber noch interessanter zu sein“, erklärt die Marketing-Leiterin des Geschäftsbereichs Rescue, Heidi Tiedt. Das Unternehmen darf im Gegenzug beispielsweise auch den Schulungsraum der Feuerwehr nutzen. Tiedt betont aber: „Sicher ist es nicht in jedem Unternehmen möglich, Mitarbeiter einfach so freizustellen.“

Die verlorene Arbeitszeit „schenkt“ das Unternehmen der Feuerwehr

Bei Weber funktioniere es auch, weil in der Produktion in der Regel nur ein Kollege pro Abteilung ausfalle. Das könne man ausgleichen. Die verlorene Zeit müssen die Helfer nicht nachholen. Und das Unternehmen stellt die Kosten auch niemandem in Rechnung.

Personalerin Brell achtet übrigens auch in Bewerbungsgesprächen darauf, ob jemand Ehrenämter hat: „Dann weiß man, dass auch eine gewisse Verantwortung und Teamfähigkeit da ist.“

Mehrmals hatte die Güglinger Feuerwehr auch schon Einsätze im Unternehmen. Zum Beispiel, als bei Hochwasser Teile der Produktion unter Wasser standen oder ein Rauchmelder anschlug. Conz sagt lächelnd: „Dann ist es natürlich von Vorteil, wenn die Feuerwehr die örtlichen Gegebenheiten bestens kennt.“

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

Alle Beiträge der Autorin