Besigheim. „Wer einmal zur Feuerwehr gekommen ist, bleibt für immer“, sagt Coşkun Dörtler und überprüft den Sitz seines wattierten Brandschutzoveralls. Obwohl der Anzug dick und schwer ist, bewegt sich der 51-Jährige schnell und geschmeidig. Seit dem Hochwassereinsatz 1993 gehört er zur Werkfeuerwehr der BASF in Besigheim.

Im Werk produzieren rund 230 Mitarbeiter Farbpigmente. „Als der Fluss Enz Teile des Betriebsgeländes überflutete, hab ich mit angepackt“, erzählt Dörtler. Inzwischen hat er sich zum Maschinisten und Gerätewart hochgearbeitet. Der gelernte Maschinenschlosser sorgt dafür, dass die Pumpen im Werk laufen – auch die am betriebseigenen Löschfahrzeug LF8. „Das Fahrzeug hat ein H-Kennzeichen, ist also ein Oldtimer“, sagt er und blickt stolz auf das rote Feuerwehrauto, dem man seine 30 Jahre nicht ansieht.

Die Ausrüstung muss tipptopp sein. Bei jedem Einsatz der Werkfeuerwehr kann es um Leben und Tod gehen

Kein Rostfleck, keine Schramme verunzieren den Lack, im Inneren ist alles penibel aufgeräumt. „Die Ausrüstung muss immer tipptopp in Ordnung sein“, sagt Dörtler und checkt nebenbei, ob die Atemschutzgeräte richtig auf den Schlitten sitzen. Denn: „Bei jedem Einsatz kann es um Leben und Tod gehen. Wenn die Sirene losgeht, habe ich jedes Mal Gänsehaut.“ Trotzdem ist er mit Leib und Seele dabei: „Die Feuerwehr ist ein Ehrenamt. Es ist eine Ehre, dabei zu sein.“

Jeden Mittwoch stehen für die 25 Feuerwehrleute, darunter auch zwei Frauen, Einsatzübungen auf dem Plan. Zwölf von ihnen haben neben dem 80-stündigen Grundlehrgang auch die Ausbildung zum Betriebssanitäter gemacht. „Wir werden auch bei Unfällen oder kleinen Verletzungen wie Schnittwunden gerufen“, erklärt Kommandant und Kreisausbilder Antonios Fotiou. Er ist als Einziger für seine Aufgaben bei der Werkfeuerwehr teilweise von seiner Arbeit im Betrieb freigestellt.

Die Kollegen aus aller Welt halten bei der Werkfeuerwehr fest zusammen

Rund 70 Einsätze kommen im Jahr zusammen. Zu den Aufgaben der Wehr gehören neben Einsätzen im Werk auch der vorbeugende Brandschutz und der Hochwasserschutz: Das BASF-Gelände grenzt direkt an die Enz. Die Feuerwehrleute haben auch ein kleines Mehrzweckboot in ihrem Magazin. „Wir werden zudem bei kritischen und gefährlichen Aktionen wie Schweißarbeiten dazugezogen“, erklärt Fotiou, „wir prüfen vorab, wo Gefahren entstehen könnten und überwachen alles.“ Und sie bauen für das Betriebsfest das Festzelt auf.

Einmal im Jahr gibt es eine Übung, an der die freiwilligen Feuerwehren aus Besigheim und dem benachbarten Löchgau teilnehmen. „Ich kenne jeden Wasseranschluss“, sagt Dörtler. „Aber auch fremde Kollegen müssen sich hier im Ernstfall sofort zurechtfinden.“

Dörtler ist in Deutschland geboren, seine Eltern stammen aus dem türkischen Izmir. Das Team der Werkfeuerwehr ist international: „Wir haben Griechen wie unseren Kommandanten, Rumänen, Italiener und andere Nationalitäten dabei“, erzählt Dörtler lächelnd, „und alle halten zusammen.“ Dann wird er ganz ernst: „Wenn man beim Einsatz irgendwo reingeht, weiß man nie, was einen erwartet. Wir haben deshalb eine strenge Hierarchie, wie beim Militär. Es gibt ganz klare Befehle, die ausgeführt werden müssen, da ist keine Zeit für Diskussionen.“

Nach der Übung gemeinsam zum Essen

Der Zusammenhalt ist auch für Rouven Bissinger etwas ganz Besonderes, der frisch ausgelernte Chemikant ist seit Beginn seiner Ausbildung vor drei Jahren bei der BASF-Werkfeuerwehr. „Die Kameradschaft ist einmalig“, sagt der 19-Jährige, „und das Essen eine Wucht.“

Denn die Feuerwehrleute kommen auch privat regelmäßig zusammen. Dann kocht Dörtler für die Mannschaft: Seine „schwäbische Frühlingsrolle“, eine Neu-Interpretation der Maultasche, ist legendär. Nach der Mittwochsübung gibt’s ein Abendessen für alle, oft sogar Wunschmenüs, die Dörtler kocht.

Dann sitzen alle am großen Tisch in der Küche im Aufenthaltsraum. An den Wänden hängen Fotos von Ausflügen. Sie zeugen von dem guten Zusammenhalt und der Kameradschaft der Truppe. Highlight der regelmäßigen Unternehmungen? Dörfler strahlt: „Wir waren zusammen in Malta.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Es ist nicht so einfach, in diese eingeschworene Gemeinschaft reinzukommen. Ich habe Einsatz gezeigt, dann hat‘s geklappt!

Was reizt Sie am meisten?

Der Zusammenhalt und die Kameradschaft. Wir können uns immer zu 100 Prozent aufeinander verlassen. Und anderen zu helfen, ist eines der schönsten Dinge der Welt.

Worauf kommt es an?

Augen offen halten, Situationen schnell einschätzen – der Job kann lebensgefährlich sein!

Andrea Veyhle
Autorin

Nach dem Germanistik- und Anglistik-Studium absolvierte Andrea Veyhle ein Volontariat und arbeitete für eine Agentur. Seit 2007 ist sie freiberuflich für verschiedene Verlage tätig. Für aktiv berichtet sie in Reportagen über die Chemie in Baden-Württemberg und stellt mit Porträts die vielseitigen Berufsbilder der Branche vor. Außerdem erklärt sie, wo uns chemische Produkte im Alltag begegnen. In ihrer Freizeit experimentiert sie gerne in der Küche, Kalorien strampelt sie auf dem Rennrad wieder ab.

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