Kempen. Es ist usselig – das sagen die Menschen am Niederrhein, wenn es kalt ist und ständig regnet. Nur das Flachshaus ist an diesem Abend ein behaglicher Zufluchtsort, der durch die Fenster warmes Licht auf den Gehsteig wirft. Wer eintritt, kommt an Herbert Druyen kaum vorbei. Er steht hinter der Theke und schenkt Majid Panahi einen frisch gebrühten Kaffee ein. Druyen ist nicht etwa Gastronom, sondern arbeitet als Freiwilliger in Wachtendonks Asylcafé, in dem sich an diesem Abend gut 60 Flüchtlinge eingefunden haben: Männer, Frauen und Kinder.
Szenenwechsel: Malte Berndt und Michael Hüpen sind ganz Ohr, während ihr Ausbilder ihnen erklärt, wie ein Ventil funktioniert. Mit Menschen umgehen – das ist Druyens Ding auch im Job. Beim Chemie-Armaturenbauer Samson Pfeiffer in Kempen, knapp neun Kilometer von Wachtendonk entfernt, leitet er unter anderem die Ausbildung.
Ein Mann, der sich bei vielen Aufgaben bewährt
Hubventile und Kugelhähne des Unternehmens sind die Herzklappen der Chemie. Sie regeln den Durchfluss von so aggressiven Stoffen wie Säuren, Laugen, Fluorverbindungen, Chlorgas oder Flusssäure. Die Firma hat 200 Mitarbeiter und setzte letztes Jahr 35 Millionen Euro um, der Exportanteil liegt bei 40 Prozent. Ihre Produkte verrichten ihren Dienst in fast allen Chemieanlagen weltweit. Und nicht nur dort: Bergbau, Öl- und Gasförderung wie auch die Pharmabranche vertrauen auf Qualität made in NRW.
Druyen ist außerdem Leiter des Facility Managements. In dieser Funktion sorgt er dafür, „dass der Betrieb rundläuft“. Er beschafft Material sowie Werkzeuge – und kümmert sich um die Instandhaltung der Gebäude. Hier ist ein Organisationstalent gefragt, das stets die Ruhe bewahrt und den Überblick behält.
Großer Wert auf respektvollen Umgang
Neben diesen Fähigkeiten bringt der Wachtendonker auf der Arbeit wie im Ehrenamt noch etwas anderes Entscheidendes ein: Er legt großen Wert „auf einen respektvollen Umgang mit Menschen“. Dabei begleitet er die einen ins Berufsleben und ins Erwachsensein, die anderen auf einer schweren Etappe des Lebenswegs, wie etwa den afghanischen Flüchtling Majid Panahi im Asylcafé.
Sich um Menschen zu kümmern, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, ist für den 62-Jährigen eine Selbstverständlichkeit – und das seit Jahrzehnten. Sein Engagement begann vor 30 Jahren mit Flüchtlingen aus Sri Lanka und Indien, den Tamilen und Singhalesen. Dann kamen die Heimatlosen, die der Kosovo-Krieg vertrieben hatte. Als im Herbst 2015 die jüngste Flüchtlingswelle auf Deutschland zurollte, war für ihn klar: „Jetzt muss der Popo wieder hoch!“
Dina da Costa-Ramacher, Kopf des Orga-Teams in der Initiative des ökumenischen Arbeitskreises „MitMenschen“, der das Café betreibt, beschreibt Druyen so: „Er ist sehr engagiert und geradlinig. Ein politischer Mensch, der sich einmischt und die Öffentlichkeit nicht scheut.“
"Die Sprache ist das Allerwichtigste"
Zum Einmischen gehört für Druyen auch, Flüchtlingen Deutschunterricht zu geben, „denn die Sprache ist das Allerwichtigste, um Kontakt aufzunehmen“. Und auch, um später einen Ausbildungsplatz zu bekommen und im Beruf erfolgreich zu sein.
Der Niederrheiner ist „ein Mensch, der in Beziehungsgeflechten lebt“, sei es als Ausbildungsleiter, Sachwalter der Betriebsstätten, Energiemangementbeauftragter oder Leiter des betrieblichen Vorschlagswesens. Außerdem ist er im Prüfungsausschuss Metall der IHK Mittlerer Niederrhein.
Als Grünen-Politiker kämpfte Herbert Druyen für Umwelt und Natur, jetzt setzt er sich für Flüchtlinge ein. Fragt man ihn, warum er das tut, antwortet er: „Das kommt von meinen toleranten Eltern und deren Erziehung. Ich habe einfach den Anspruch an mich, Menschen zu helfen, die in Not sind. Das hat mit meiner Lebenseinstellung und meinen Prinzipien zu tun.“
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Mein Bruder arbeitete als Maschinenschlosser. Und weil auch ich handwerklich begabt war, bestimmten meine Eltern, als ich 14 war: „Du wirst auch Maschinenschlosser!“
Was reizt Sie am meisten?
Durch meine vielen Aufgaben ist meine Arbeit abwechslungsreich und vielschichtig.
Worauf kommt es an?
Gewissenhaft und selbstbewusst zu arbeiten – und Spaß dabei zu haben. In 27 Jahren gab es nur wenige Tage, an denen ich nicht gern zur Arbeit gegangen bin.