Köln. Am Empfang der Kölner Maschinenbaufirma Romaco Kilian steht eine Anlage, die an eine alte Nähmaschine erinnert. Sie ist exakt 100 Jahre alt. Und wenn man mit der Hand das seitliche Schwungrad bedient, tröpfeln unten frisch gepresste Tabletten heraus. Die Mitarbeiter nennen das gute Stück liebevoll „Heinzelmännchen“.

Zur „KTP 720X“ würde so ein Name kaum passen. Mannshoch ist die Anlage, etwa so groß wie einer dieser modernen Doppel-Kühlschränke, die Innenverkleidung aus hochglänzendem Edelstahl. Die Maschine kann bis zu 1,02 Millionen Tabletten pro Stunde pressen. Anders gesagt: In der Zeit, die der ehemalige jamaikanische Sprinter und Rekordhalter Usain Bolt für 100 Meter brauchte, etwa 2.700.

Löcher werden in Millisekunden mit Pulver gefüllt

„Sie ist unser Supersportwagen“, sagt Peter Heyn, in der Firma für das technische Marketing zuständig. Am Beispiel der KTP 720X macht er deutlich, worauf es ankommt: Geschwindigkeit, Präzision und Zuverlässigkeit. Denn Tempo sei wertlos, wenn es durch lange und häufige Wartungs- und Reinigungspausen aufgefressen wird.

Der „Supersportwagen“ ist, wie die meisten Kilian-Maschinen, ein sogenannter Rundläufer. In der Mitte dreht sich blitzschnell eine Matrizenscheibe mit im Kreis angeordneten Löchern, und jedes einzelne davon wird in Millisekunden gleichmäßig mit Pulver gefüllt. Mit exakt voreingestellter Presskraft wird das Pulver zusammengedrückt, damit Tabletten der gewünschten Härte und Dicke entstehen.

Anlagen für Kopfschmerzmittel und Gebissreiniger-Tabs

Die Anlage arbeitet, wie ihre kleine Schwester KTP 420X, so effizient, dass nur minimale Verluste vom gepressten Pulver anfallen – ob das nun ein Kopfschmerzmittel, eine Vitamintablette oder ein Gebissreiniger-Tab ist. Außerdem, erklärt Heyn, lässt sich die Maschine so leicht zerlegen, dass sie besonders schnell gereinigt oder umgerüstet werden kann.

Rund 70 Prozent der Kunden kommen aus der Pharma-Industrie. Und die Maschinen des Traditionsunternehmens sind rund um den Globus gefragt. Etwa 185 Menschen arbeiten in der Domstadt, neben der KTP-Reihe bauen sie noch viele andere Modelle. In kleinen Serien, genau auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet.

Auf Wunsch auch für herzförmige Brausebonbons. Und sogar für die Farbtabletten in dem Malkasten, den seit Urzeiten jedes i-Dötzchen in seinem Ranzen hat.

Werner Grosch
Autor

Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.

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