Mangel, Mangel und noch mehr Mangel: Das schwache Abschneiden niedersächsischer Schüler in der aktuellen Pisa-Studie, die vielen ausgefallenen Schulstunden, der Lehrkräftemangel und die dramatisch gesunkenen Mathe-Kenntnisse bei Auszubildenden – die Liste der Mängel bei der Bildung ist lang und der Handlungsdruck hoch. Aus Sicht der Stiftung Stiftung NiedersachsenMetall ist der Zustand des deutschen Bildungssystems katastrophal. „Für eine Nation, die auf den ‚Rohstoff in den Köpfen‘ angewiesen ist, um ihren Wohlstand zu sichern, sind die Ergebnisse ein Armutszeugnis“, sagt Geschäftsführer Olaf Brandes. „Pisa hat gezeigt, dass Deutschland bereits den Anschluss an vergleichbare Industrieländer verloren hat.“

Mit der Pisa-Note sinkt die Ausbildungsreife

Bei der Analyse wollen es Brandes und sein Team nicht belassen. Es sollen Lösungen her. Deshalb hat die Stiftung NiedersachsenMetall jüngst Bildungsexperten aus Schule, Uni und Betrieben zu Veranstaltungen in Braunschweig und Hildesheim eingeladen. Einhelliger Tenor: Wir brauchen eine Bildungsoffensive! Der Trend ist alarmierend: Seit der ersten Internationalen Schulleistungsstudie der OECD im Jahr 2000 haben die deutschen Schüler vor allem in Mathematik und den Naturwissenschaften noch nie so schlecht abgeschnitten wie in der jüngsten Untersuchung: In Mathe etwa verfügt aktuell jeder dritte Jugendliche nicht über das erforderliche Basiswissen. „Daraus ergeben sich Probleme mit der Ausbildungsreife“, sagt Christina Anger, Bildungsexpertin vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Schließlich braucht es mathematisches Wissen für viele Ausbildungen und in Studiengängen wie Informatik und Ingenieurwissenschaften.

Doch wie kann man die Probleme angehen? Ellen Osterode-Meyer, Leiterin der Realschule Himmelsthür, verweist auf Defizite, die Schüler bereits aus der Grundschule mitschleppen. Allerdings sieht sie auch viel ungenutztes Potenzial, weil Kinder häufig „Freude am Lernen“ mitbrächten. Doch um die zu aktivieren, müsse einiges passieren. „Wir benötigen mehr Sozialarbeiter, Schulassistenten und das Lernen in kleineren Gruppen“, sagt Osterode-Meyer.

Was Schulen aktuell nicht schaffen, müssen Betriebe ausgleichen

Aber nicht nur an solchen Fachkräften fehlt es den Schulen. Auch die Lehrerzimmer werden immer leerer. „Es gibt immer weniger Lehramtsstudierende“, sagt Professor Jürgen Menthe, der an der Uni Hildesheim Lehrkräfte für Haupt- und Realschulen ausgebildet. Er fordert, das Studium attraktiver zu machen. Stattdessen machten viele Unis inzwischen Kompromisse bei der Qualität der Bewerber.

Für Betriebe ergeben sich aus der Bildungsmisere neue Herausforderungen. „Es ist die Aufgabe von Unternehmen, die Auszubildenden weiterzubilden, um sie für den Arbeitsmarkt und das eigene Unternehmen fit zu machen“, sagt Friederike Hartrich, Personalleiterin bei der Hempelmann KG in Hildesheim, einem Großhändler für Haustechnik. Für ihr Unternehmen hat Hartrich dazu bereits ein Konzept entwickelt. Sie rät anderen Betrieben, in der Ausbildung nicht nur auf Wissensvermittlung zu setzen, sondern auch auf Emotion: „Wir müssen die Leidenschaft für Leistung wecken!“

Eckpunkte für die Bildung

  • Die Stiftung NiedersachsenMetall hat bereits 2023 einen Eckpunktekatalog für die Bildung erarbeitet.
  • Eine der Kernforderungen: Damit Schulen einen modernen und praxisnahen Unterricht anbieten können, müssen Schulleitungen und Lehrkräfte mehr Freiräume bekommen.
  • Die Formel dafür: weniger Bürokratie und mehr Budgethoheit. Außerdem brauchen Schulen Spielräume, um etwa Quereinsteiger zu beschäftigen. Lehrerinnen und Lehrer sollten zudem von fachfremden Aufgaben entlastet werden.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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