Das ist doch mal ein Wort: 84 Prozent der Teilnehmer einer deutschlandweiten Beschäftigtenumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sind zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. In der Industrie ist es noch ein Tick – nämlich 1 Prozentpunkt – mehr. Hier ist auch die Fluktuation relativ gering, sprich: Die Menschen wechseln vergleichsweise selten die Stelle. Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) kommen zu einem ähnlichen Ergebnis: Neun von zehn Beschäftigten sind zufrieden im Job. Bedeutsamer noch als das Gehalt sind dabei der Inhalt der Tätigkeit und die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten einzusetzen.

Ganz klar: Arbeit ist viel mehr ist als Pflichterfüllung und ihr Wert geht weit über das Einkommen hinaus. Sie gibt Erfüllung, Stolz, Anerkennung – und Sinnhaftigkeit. Das Gefühl, sinnvolle Arbeit zu tun, haben 88 Prozent der Erwerbstätigen, wie eine Studie der EU ergab. (Siehe dazu auch unseren Artikel über den Wert der Arbeit.) „Einen Trend zum sogenannten Quiet Quitting, also die innere, unausgesprochene Kündigung, den Abschied vom Engagement im Job, den beobachten wir nicht", sagt Oliver Stettes, Leiter Themencluster Arbeitswelt und Tarifpolitik am IW.

In der Metall- und Elektrobranche und der Stahl-Industrie sind die Beschäftigten ihren Arbeitgebern besonders treu: 38 Prozent bleiben (laut Bundesagentur für Arbeit) zehn Jahre oder länger in derselben Firma – und damit länger als in den meisten anderen Branchen. Warum ist das so? aktiv hat bei drei Beschäftigten in baden-württembergischen Metall- und Elektrobetrieben genauer nachgefragt. Sie erzählen auf diesen beiden Seiten, was für sie den Reiz an der Arbeit ausmacht.

„Vertrauen ist eine große Motivation“

Emily Oelmaier, 21, technische Produktdesignerin, Wölfle, Ochsenhausen:

„Vor meiner Ausbildung war ich an einer zweijährigen Berufsfachschule mit Fachrichtung Metalltechnik. Da habe ich gemerkt, dass mir das technische Zeichnen total Spaß macht, weil ich gern kreativ bin. Nach der Schule habe ich mich dann unter anderem bei Wölfle beworben. Beim Firmenrundgang haben mich der herzliche Empfang und die Vielfalt der Produkte überzeugt. Hier entstehen unter anderem Fahrerkabinen, insbesondere für Nutzfahrzeuge.

Im Januar 2023 habe ich meine Ausbildung zur technischen Produktdesignerin abgeschlossen und bin seither in unserem Konstruktionsbüro im Bereich HVAC tätig. Derzeit nehme ich an einem Ausbilderlehrgang teil und werde diesen voraussichtlich im Dezember abschließen. Das haben meine Vorgesetzten angeregt. Denn sie haben schnell erkannt, dass ich sehr kontaktfreudig und hilfsbereit bin, gern mit anderen Menschen arbeite und Dinge erkläre.

Irgendwann möchte ich die Ausbildung im Büro übernehmen

Schon als ich noch Azubi war, habe ich verschiedene Aufgabenkataloge für Praktikanten, die ich betreut habe, erstellt. Ebenso habe ich Azubis begleitet, die in unserem Büro einen Abteilungswechsel gemacht haben. Mit dem Ausbilderschein kann ich zunächst einen der Ausbilder tatkräftig unterstützen und irgendwann einmal selbst die Ausbildung im Büro übernehmen. Darüber bin ich total glücklich, und das Vertrauen, das man mir schenkt, ist eine große Motivation.

Auch mit der Produktion haben wir Konstrukteure viel Kontakt. Jedes Mal finde ich es aufs Neue toll, wenn ich am Ende das Teil, welches ich am Computer konstruiert habe, in den Händen halte. Schön ist auch das familiäre Betriebsklima. Die Abteilung technisches Büro umfasst vier Sparten: Heiz-Klima-Systeme, Kabinenbau, Elektrik und Elektronik. Insgesamt sind hier rund 40 Menschen beschäftigt. Ich fühle mich hier wirklich angekommen und gehe gern arbeiten. Es passt alles. Irgendwann mache ich vielleicht mal noch einen Technikerabschluss. Aber das lasse ich auf mich zukommen.“

„Frühere Rente? Für mich kein Thema!“

Ralph Burkart, 62, Vertriebsmitarbeiter bei Electrostar, Ebersbach an der Fils:

„In den letzten Jahren ist mein Beruf immer mehr zu meinem Hobby geworden. Denn meine beruflichen und privaten Interessen ergänzen sich wunderbar. Ich liebe den Kontakt mit anderen Menschen, während Corona hat mir das wirklich gefehlt. Und ich reise leidenschaftlich gern, lerne gern andere Kulturen kennen, andere Essgewohnheiten. Das mache ich seit über 30 Jahren ausgiebig als Vertriebsmitarbeiter im Export. In Asien, Nordamerika und auch quer durch Europa präsentiere ich bei Kunden oder auf Messen unsere Produkte: Kehrmaschinen, Sauger für Industrie und Handwerk, Hand- und Haartrockner. Der Außendienst ist für mich – einen gelernten Kaufmann für Groß- und Außenhandel – die Erfüllung meiner Jugendträume. Gleichzeitig hat er mich auch geerdet, weil mir dadurch meine Herkunft bewusster geworden ist und ich sie auch zu schätzen weiß.

Mit der Kehrmaschine von Standort zu Standort gewandert

Im Sommer habe ich an einer ganz besonderen Aktion teilgenommen: einer Wanderung von Ebersbach an unseren tschechischen Standort in Nýřany, gemeinsam mit Kollegen – und unserer neuen Kehrmaschine DuroSweep. Über die ganze Strecke – immerhin rund 400 Kilometer – haben wir die Maschine geschoben, über Asphalt, Schotter, Wiesen, Waldwege. In einem Ort habe ich einmal morgens um halb acht gesehen, wie eine Frau mit einem Besen die Straße kehrte. Der habe ich natürlich gleich geholfen. Solche Situationen gab es oft. Wir haben so viel erlebt und hatten vor allem viele nette und interessante Gespräche mit Menschen. Als wir den Limes passierten, habe ich mir eine römische Zenturio-Uniform angezogen. Zum Wandern war das zwar nicht so bequem, aber der Spaß war es wert!

Ich werde bald 63, aber nach der Rente sehne ich mich gar nicht, im Gegenteil. Früher aufzuhören, ist für mich kein Thema. Und das nicht etwa wegen der unverhältnismäßigen Abschläge, die selbst nach einem langen Arbeitsleben drohen. Ich habe sogar schon dem Firmeninhaber gesagt, dass ich als Rentner gern noch in irgendeiner Form im Betrieb mitmischen möchte. Es macht mir einfach zu viel Spaß. Das ist für mich überhaupt bei allem das Wichtigste. Für alles andere findet sich eine Lösung.“

„Ich kann viel mitgestalten“

Oliver Oehler, 53, Leiter der Entwicklung, Schondelmaier GmbH Presswerk, Gutach:

„Als Entwicklungsleiter kann ich einen Beitrag leisten zu wichtigen Themen wie zum Beispiel CO2-Einsparung, ressourcenschonendes Arbeiten oder energieeffiziente Produktion. Was mich auch stolz macht: In fast jedem Fahrzeug, von Auto bis E-Bike, sind Komponenten verbaut, die wir mitentwickelt haben und die bei uns produziert werden. 80 Prozent unserer Kunden sind in der Auto-Industrie, darunter auch die großen Zulieferer.

Als kleines, inhabergeführtes Unternehmen können wir so erfolgreich sein, weil bei uns die Hierarchien flach und die Wege kurz sind. In meinem 15-köpfigen Entwicklungsteam sind auch gelernte Facharbeiter aus der Produktion. Der direkte Praxisbezug ist also immer gegeben. Meine Erfahrung ist: Über die Jahre wächst der Stolz auf die Arbeit. 1986 habe ich bei Schondelmaier meine Ausbildung zum Werkzeugmacher angefangen. Das lag im wahrsten Sinne des Wortes nahe, denn mein Elternhaus steht neben der Firma.

Hier kann man einen Job finden, der auch stolz macht

Als Azubi habe ich die Arbeit in der Industrie schätzen gelernt – und später die Chancen genutzt. Nach fünf Jahren im Werkzeugbau habe ich eine Fortbildung zum Maschinenbautechniker und dabei auch den Fachhochschulabschluss gemacht. Anschließend kam ich in die Konstruktion – wieder bei Schondelmaier. Mit 27 Jahren habe ich dann noch ein Maschinenbaustudium drangehängt. Nach zwei Jahren in einer Entwicklungsfirma bin ich wieder zu Schondelmaier zurückgekehrt. In der anderen Firma ging es ausschließlich um Entwicklung, da hat mir einfach der Kontakt zur Praxis, zur Fertigung gefehlt. Heute bin ich Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung von Schondelmaier.

Mein Job macht mir jeden Tag aufs Neue Spaß. Gerade hier, in einem mittelständischen Betrieb, habe ich die Möglichkeit, vieles mitzugestalten. Jungen Leuten, die vor der Entscheidung für einen Beruf stehen, empfehle ich: Schaut in die Industriebetriebe rein, seht euch die Produktion an – zum Beispiel als Praktikanten oder bei Tagen der offenen Tür. Ihr werdet sehen: Auch in einem Presswerk wie Schondelmaier, wo Stahl umgeformt wird, ist alles modernste Hightech. Hier entstehen Dinge mit handfestem Nutzen. Und zwar zukunftsweisend und klimafreundlich. Hier könnt ihr eine Arbeit finden, die euch stolz macht!“

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

Alle Beiträge der Autorin