In diesen Wochen lohnt ein Besuch des Jüdischen Museums in Rendsburg doppelt: Hier erfährt man nicht nur eine Menge über die Geschichte der Juden in Schleswig-Holstein, sondern kann auch eine Ausstellung zum Comic-Künstler Will Eisner (1917 - 2005) sehen.

Eisner, jüdischer Sohn österreichischer und rumänischer Immigranten in die USA, gilt als „Vater der Graphic Novel“, also Comics mit eher literarischem Anspruch. Das Jüdische Museum in Rendsburg zeigt nun die erste deutsche Retrospektive des Künstlers.

Originalzeichnungen des Comic-Künstlers Eisner

Bereits 1952 versuchte Eisner, mit Comics gesellschaftliche Zusammenhänge aufzugreifen. 1978 erschien seine erste Graphic Novel „Ein Vertrag mit Gott“. Viele weitere folgten, oft zum Thema Antisemitismus.

Das Museum zeigt noch bis Januar 2024 Originalzeichnungen von Eisner. Aus diesem Anlass wurde zudem eine 384 Seiten starke Monografie über den Künstler gedruckt, die seit langem vergriffen und nur noch in der Ausstellung erhältlich ist.

400 Jahre Kultur und Kampf um Anerkennung

Aber das Museum ist auch unabhängig von der Eisner-Ausstellung einen Besuch wert. Es informiert über die 400-jährige Geschichte der Juden im nördlichsten Bundesland, ihren Kampf um gleiche Rechte und Integration, über jüdisches Leben in der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik. Rassistischer Antisemitismus wurde zu dieser Zeit in allen Schichten salonfähig und nahm stetig zu, bis er schließlich in der Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von Millionen von Juden in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur mündete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Schleswig-Holstein vielfach nur eine Zwischenstation vor der Auswanderung aus Europa. Erst seit den 1990er Jahren finden Juden vor allem aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion in Schleswig-Holstein ein Zuhause, wo sie für neues aktives Leben in den jüdischen Gemeinden sorgen. Die Gegenwart nimmt deshalb auch einen großen Raum in der Ausstellung ein.

Synagoge als Museumsgebäude

Das Museum in der Prinzessinstraße 7-8 befindet sich in der einzigen ursprünglich erhaltenen Synagoge Schleswig-Holsteins. Sie wurde 1844/45 erbaut und damit noch vor der Zeit der sogenannten Emanzipation, der gesellschaftlich und rechtlichen Gleichstellung von Juden. Deswegen fügt sich das Gebäude recht unauffällig in den Straßenzug ein.

Jüdisches Museum Rendsburg: Täglich außer montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos finden Sie auf der Internetseite der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf: jmrd.de

Lothar Steckel
Autor

Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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