Zölle: Wer zahlt? Das müssen Sie jetzt wissen

Zölle: Wem sie schaden, wem sie nützen
Wie funktionieren Zölle?
Zölle sind eine Art Extra-Steuer, die Waren ausländischer Firmen teurer macht. Dabei spricht man von Import-Zöllen.
Ein Beispiel: Der Staat erhebt auf ein ausländisches Produkt im Wert von 100 Euro einen 25-prozentigen Zoll. Dann muss der Käufer 125 Euro bezahlen. Davon kassiert der Staat 25 Euro.
Wie wirken sich Zölle auf die Wirtschaft aus?
Zölle verzerren den Wettbewerb zwischen den einheimischen und den ausländischen Produkten. Das führt zu schlechteren Ergebnissen für alle Beteiligten.
Zölle verursachen Bürokratie. Bürokratie macht Lieferketten ineffizienter, das heißt: aufwendiger, langsamer und teurer.
Zölle sorgen auch dafür, Waren umzulenken. Stehen Unternehmen vor Zollschranken, suchen sie sich neue Kunden und/oder Lieferanten in anderen Staaten.
Langfristig zeigt sich zudem: Wer ausländische Konkurrenz mit Zöllen fernhält, macht es den inländischen Firmen zu bequem. Sie haben dann wenig Anreiz, sich zu verbessern. In Staaten ohne freien Handel sinkt die Produktqualität.
Schließlich können neue Zölle zu Vergeltungsmaßnahmen der betroffenen Staaten führen. Daher droht allgemeiner Protektionismus mit üblen Folgen für die Weltwirtschaft.
Welche Vorteile und Nachteile haben Zölle?
Staaten versprechen sich von Zöllen folgende Vorteile:
- Mehr Einnahmen für den Staat
- Schutz der einheimischen Produzenten vor ausländischen Konkurrenten
- Schutz vor billigen ausländischen Produkten, die das Herkunftsland auf unfaire Weise gefördert hat (Anti-Dumping-Zölle)
Zölle haben die folgenden Nachteile:
- Käuferinnen und Käufer zahlen mehr.
- Kaufen Betriebe verzollte Waren, geben sie die Zoll-Kosten möglichst an die eigenen Kunden weiter. Beides treibt die Inflation an.
- Oft sind die einheimischen Produkte preiswerter, nur weil sie zollfrei sind. Sie sind aber nicht unbedingt besser. Kaufen Kunden sie dann nur wegen des Preisvorteils, bekommen sie schlechtere Ware, als eigentlich möglich wäre.
Was bedeutet Protektionismus?
Protektionismus sind die Maßnahmen, mit denen der Staat einzelne Wirtschaftsbereiche vor ausländischer Konkurrenz schützt.
Wichtige Beispiele für protektionistische Maßnahmen sind:
- Zölle
- Höchstmengen für bestimmte Einfuhren
- Komplizierte Vorgaben für technische Produkte
- Komplizierte Anmeldeformalitäten für Einfuhrgüter
Das Gegenteil von Protektionismus ist Freihandel.
Was bedeutet Freihandel?
Freihandel ist der Austausch von Waren und Dienstleistungen ohne Zölle und andere Handelsbeschränkungen. Das Ziel ist, Wohlstand und Lebensqualität der beteiligten Länder zu erhöhen.
Die Idee des Freihandels geht wesentlich auf den Briten David Ricardo zurück. Er kam schon vor rund 200 Jahren zu dem Schluss, dass Handelshemmnisse schädlich sind. Freierer Handel dagegen führe zu besserer Arbeitsteilung und zu Kostenvorteilen. Davon profitierten alle.
Ein Beispiel: Angenommen, in Irland kostet die Produktion von einem Kilo Schafwolle 100 Euro und die Produktion eines Kilo Orangen 4 Euro. In Spanien kostet dagegen die Herstellung eines Kilo Wolle 200 Euro, die eines Kilo Orangen aber nur 2 Euro. Dann ist es sinnvoll, dass die Länder sich spezialisieren. Tauschen sie ihre jeweils günstigeren Waren ohne Zölle aus, bekommen die Verbraucher in beiden Ländern die jeweiligen Produkte zu einem besseren Preis.

Der Handelskrieg mit den USA
Welche Zölle erheben die USA?
Am 2. April hat US-Präsident Donald Trump Zölle auf fast alle Importe in die USA verkündet. Er sprach von einem „Tag der Befreiung“ für die USA. Pauschal gilt ein Aufschlag von 10 Prozent. Für zahlreiche Länder ist ein höherer Wert angesetzt worden. So gelten etwa für die Staaten der EU 20 Prozent. Für Waren aus China werden zukünftig 34 Prozent erhoben. Die EU hat bereits mit Vergeltung gedroht.
Bereits kurz nach seiner Amtseinführung im Januar hatte Trump verschiedene Importzölle eingeführt – zunächst in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko. Die wurden dann zum Teil wieder ausgesetzt. Später kamen dann 25 Prozent auf Einfuhren von Stahl und Aluminium aus aller Welt hinzu. Seit Anfang April sind zudem 25 Prozent Importzölle auf Autos in Kraft getreten. Abgaben auf Autoteile sollen bis spätestens Anfang Mai folgen. Auch diese Abgaben gelten für Importe aus allen Ländern der Welt.
Wer zahlt die Erhöhung der Zölle in den USA?
Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Donald Trump einen Handelskonflikt angefangen. Die US-Denkfabrik American Action Forum hat errechnet: Dieser kostete die US-Verbraucher rund 57 Milliarden Dollar (52 Milliarden Euro) jährlich.
Zölle verteuern die Waren in den USA. US-Verbraucher werden nun mehr bezahlen müssen. Oder sie steigen auf alternative einheimische Produkte um. Deren Produktion ist in der Regel teurer – und die Qualität womöglich schlechter.
Ob der Konsum auch für Europäerinnen und Europäer teurer wird, hängt von den Gegenmaßnahmen der EU ab. Verlangt sie auf US-Produkte wie Whiskey oder Motorräder Zölle, dann werden diese mehr kosten als jetzt.
Möglich ist zudem, dass EU-Unternehmen, die unter den US-Zöllen leiden, dies durch höhere Preise in Europa ausgleichen. Dann zahlen europäische Verbraucher auch für diese europäischen Produkte mehr.
Ein weiterer Trend könnte sein, dass chinesische Hersteller auf Europa ausweichen. Denn sie sind besonders stark von den US-Zöllen betroffen. Kommen chinesische Waren dann günstig auf unseren Markt, bedeutet dies mehr Wettbewerb. Und unter Umständen niedrigere Preise.
Warum hat Trump die Zölle gegen Europa erhöht?

Der US-Präsident stört sich am Handelsdefizit der USA. Als Grund für dieses Defizit sieht er „unfaire Handelsbedingungen“. Denen will er mit Zöllen ein Ende setzen.
Experten nennen für die Zölle noch weitere Zwecke: Die Zölle sollen
- US-Firmen vor Konkurrenz schützen,
- Einnahmen erzielen, mit denen sich dann zum Beispiel Steuersenkungen finanzieren lassen würden,
- als Verhandlungsmasse dienen, um Zugeständnisse in anderen Politikfeldern zu erzwingen.
Was bedeuten Handelsdefizit und Handelsüberschuss?
Von einem Handelsdefizit spricht man, wenn die Einfuhren (Importe) eines Landes die Ausfuhren (Exporte) übersteigen.
Das Handelsdefizit der USA lag 2024 bei 918 Milliarden Dollar (rund 850 Milliarden Euro). Das heißt: Um diesen Betrag überstieg der Wert der US-Importe den der US-Exporte. Vereinfacht gesagt bedeutet ein US-Handelsdefizit aber erst mal nur, dass Amerikaner mehr Waren verbrauchen, als sie selbst herstellen.

Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums Außenwirtschaft am Münchner Ifo-Institut, meint: Die US-Zölle seien kaum geeignet, das Handelsdefizit der USA deutlich zu senken. Laut der Ökonomin sprechen dafür vor allem zwei Effekte:
- Wer aufgrund von Zöllen weniger importiere, werde zwangsläufig mehr seiner eigenen Produkte konsumieren. Diese Produkte stehen dann für Exporte nicht mehr zur Verfügung.
- Zölle verteuerten ausländische Zulieferungen für US-Produzenten. Das schade dann deren Wettbewerbsfähigkeit.
Sind hingegen die Ausfuhren höher als die Einfuhren, liegt ein Handelsüberschuss vor. Die Exportnation Deutschland zählt zu den Ländern mit hohem Handelsüberschuss.

Welche Auswirkungen hat der Handelsstreit auf die deutsche Wirtschaft?
Zusätzliche Zölle würden die deutsche Exportindustrie treffen. Das gilt vor allem für die Bereiche Pharma, Autos und Maschinen. Sie machen 60 Prozent aller deutschen Exporte in die USA aus.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat ausgerechnet: Ein weltweiter Handelskrieg würde die deutsche Wirtschaft über die vierjährige Amtszeit Trumps rund 200 Milliarden Euro kosten. Dabei nimmt das IW unter anderem wechselseitige Zölle von 20 Prozent zwischen der EU und den USA an.

Welche Zölle erhebt die EU gegen die USA?
Die Gegenmaßnahmen der EU gegen die US-Zölle sind jetzt leider nötig. „Zölle einfach hinnehmen ist keine Option“, sagt Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums Außenwirtschaft am Münchner Ifo-Institut. „Deswegen ist es wichtig, glaubwürdige Vergeltungsmaßnahmen zu entwickeln und damit zu drohen.“
Expertin Lisandra Flach rät zu gezielten Maßnahmen. Dazu zählen Zölle, die Europa selbst nur maßvoll schaden. Auch eine Digitalsteuer, die besonders die US-Tech-Firmen treffen würde, sei überlegenswert.
Für klare Kante gegenüber US-Zöllen wirbt auch Claudia Schmucker. Sie ist Leiterin des Zentrums für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und Expertin für transatlantische Wirtschaftsbeziehungen. „Die EU muss mit aller Härte reagieren und darf sich nichts gefallen lassen.“ Schwäche zeigen habe in der Vergangenheit nie viel gebracht, sagt sie.
Knackpunkt für Europa sei die Einigkeit: „Trump wird versuchen, die EU zu spalten“, so Schmucker. Sie glaubt jedoch, dass die EU in Handelsfragen weiter gemeinsam entscheiden werde. Dies gelte „zur Not auch gegen den Widerstand einzelner Staaten“.
Was bedeutet Handelskrieg?
Handelskriege sind Auseinandersetzungen zwischen Staaten oder Staatengemeinschaften. Das Ziel ist meist, wirtschaftliche und politische Interessen durchzusetzen. Das Mittel sind meist Zölle.
Podcast-Tipp: „Trumps Zoll-Hammer“ – jetzt reinhören!
Droht Deutschland ein Handelskrieg? In der neuesten Folge des aktiv-Podcasts „Das Wirtschaftsteil“ loten wir aus, warum Zölle die Daumenschraube der Wirtschaft sind, wie sie funktionieren, was sie bewirken. Hören Sie die Folge „Trumps Zoll-Hammer“ jetzt überall, wo es Podcasts gibt – hier klicken: ao5.de/wirtschaftsteil
Können Zölle meinen Arbeitsplatz gefährden?
Die hohen Zölle der USA führen dazu, dass deutsche Hersteller schlechtere Chancen haben, ihre Produkte dort zu verkaufen. Beispielsweise für die deutsche Auto-Industrie sind die USA ein wichtiger Markt.
So sieht der Verband der Automobilindustrie in den Zoll-Maßnahmen eine große Belastung für die Automobil-Industrie. Die negativen Auswirkungen betreffen auch Arbeitsplätze.
Wie schützt die EU sich und ihre Bürger vor den Folgen der US-Zölle?
Das langfristige Ziel der EU ist es, dass die US-Zölle wieder zurückgenommen werden. Dafür ist die EU zu Verhandlungen bereit. Eine Einigung würde den Schaden für Europa und die USA begrenzen.

In Reaktion auf die US-Zölle auf Stahl und Aluminium hatte die EU bereits ihrerseits Zölle angekündigt. Dabei geht es um Abgaben auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder oder Jeans. Die werden hauptsächlich in Bundesstaaten produziert, in denen Trumps Partei die Mehrheit hat. So soll politischer Druck aufgebaut werden.
Die EU diskutiert weitere Gegenmaßnahmen. Besonders im Gespräch sind Abgaben auf digitale Dienstleistungen. Diese würden die großen amerikanischen Tech-Konzerne treffen.
Der EU könnte es allerdings schwerfallen, sich im Handelskrieg massiv zu wehren. Denn sie ist militärisch auf die USA angewiesen. Ohne die USA fehlt es der EU an wichtigen militärischen Fähigkeiten. Experten rechnen mit rund zehn Jahren, um solche Lücken halbwegs zu schließen.
„Wir sind da von den USA abhängig“, sagt Expertin Claudia Schmucker. Der US-Präsident könnte Handels- und Sicherheitsfragen miteinander vermischen. Beendet er im schlimmsten Fall die US-Sicherheitsgarantien gegenüber Europa, müsste die EU wohl nachgeben.
Umso mehr kommt es für die EU darauf an, neue Handelspartner zu finden. Mit dem südamerikanischen Mercosur-Abkommen ist man da in die richtige Richtung unterwegs. Ein Abkommen mit Indien könnte folgen.
Langfristig gilt: Die EU sollte sich auf ihre Stärken besinnen und diese ausbauen. Ganz vorn steht da für Fachleute die Vollendung des Binnenmarkts: Bankenunion – Digitalunion – ein gemeinsamer Markt für Energie und Dienstleistungen. „Das ist das Wichtigste, was wir gegen Trump tun können“, sagt Expertin Claudia Schmucker. „Es nutzt uns selbst und macht uns gleichzeitig für andere attraktiver, weil wir nicht mehr so zersplittert sind.“
Autoren: Michael Stark, Thomas Hofinger, Elke Bieber