Die meisten Ehepaare leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das heißt, grundsätzlich bleibt es bei der Vermögenstrennung beider Partner, aber bei einer Scheidung wird der während der Ehe erwirtschaftete Zuwachs des Besitzes zwischen den Ex-Partnern aufgeteilt. Was man zur Zugewinngemeinschaft und zum Zugewinnausgleich wissen sollte, erklärt Eva Becker, Rechtsanwältin in Berlin und Mitglied im Ausschuss für Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.
Welche Arten von Güterstand gibt es in der Ehe?
Grundsätzlich kennt das Gesetz drei wesentliche Güterstände, mit denen Eheleute ihre wirtschaftlichen Beziehungen untereinander regeln. Einer der drei ist die Gütergemeinschaft, bei der beiden Partnern alles gemeinsam gehört, auch das Eigentum aus vorehelicher Zeit; ebenso werden eventuelle Schulden beiden zugerechnet. Dieser Güterstand ist kaum noch in Gebrauch. Das Gegenteil davon ist die Gütertrennung. Wie der Name sagt, behält jeder sein eigenes Vermögen aus vorehelicher Zeit und auch das, was im Lauf der Ehe angeschafft wird, bleibt Eigentum des jeweiligen Käufers. „Kommt es zur Scheidung, findet keinerlei Ausgleich statt, auch wenn nur einer der beiden seinen Besitz mehren konnte“, erklärt Juristin Becker.
Wer die Zugewinngemeinschaft nicht will, muss einen Ehevertrag abschließen
Der dritte Güterstand, und das ist der in der Praxis am meisten verbreitete, ist die Zugewinngemeinschaft. Sie ist gesetzlich praktisch als „Normalzustand“ vorgesehen; wer sie nicht möchte, muss einen vom Notar beglaubigten Ehevertrag mit einer anderen Regelung schließen. „Dabei bleibt es grundsätzlich beim getrennten Vermögen, aber Wertzuwächse, die während der Ehe hinzukommen, werden beiden Partnern zugerechnet und können ausgeglichen werden“, erklärt die Expertin. Seit 2013 gibt es schließlich als vierte Variante den sogenannten deutsch-französischen Wahlgüterstand, der trotz seines Namens nicht nur deutsch-französischen Paaren offensteht, sondern auch rein nationalen. Er kombiniert deutsches mit französischem Recht und beruht im Prinzip auf der klassischen deutschen Zugewinngemeinschaft, ist aber in manchen Punkten abweichend.
Bei der Zugewinngemeinschaft haftet der Partner nicht für Schulden, die vor der Ehe gemacht wurden
Bei der Zugewinngemeinschaft behält jeder das Eigentum, das er mit in die Ehe bringt. Becker: „Auch für Schulden, die womöglich einer der Partner vor der Hochzeit hat, muss nur er geradestehen.“ Die Haftung geht nicht etwa auch auf den Partner über, wie oft irrtümlich angenommen wird. Ebenso gehört das, was die Eheleute während der gemeinsamen Zeit individuell anschaffen, nur dem betreffenden Partner. Gemeinsam angeschaffte Güter sind natürlich Eigentum beider Ehegatten. Das, was während der Ehe an Vermögen bei beiden hinzukommt, wird jedoch bei deren Ende auf beide Partner aufgeteilt. Das passiert im Zugewinnausgleich, den das Familiengericht vornimmt. In diesen sogenannten Zugewinn gehen dann auch die Wertsteigerungen des Privateigentums aus der vorehelichen Zeit der Partner ein.
Auch beim individuellen Vermögen hat der Ehegatte ein Wörtchen mitzureden
Grundsätzlich darf auch während der Ehe jeder bei einer Zugewinngemeinschaft über sein Vermögen verfügen, wie er es möchte, also zum Beispiel Anschaffungen tätigen oder auch einen Teil verschenken. „Dies darf aber nicht das Vermögen im Ganzen betreffen, je nach Höhe müssen davon 10 bis 20 Prozent übrig bleiben“, so die Expertin. Auch einzelne Gegenstände des gemeinsamen Haushalts darf keiner der beiden Partner einfach verkaufen, selbst wenn er sie angeschafft hat und sie sein Eigentum sind. Dazu zählen zum Beispiel Küchengeräte oder der Fernseher. Verweigert hier der Partner die Zustimmung, wäre ein bereits geschlossener Kaufvertrag ungültig.
Anfangsvermögen und Endvermögen: Über den Vergleich wird bei einer Scheidung der Zugewinnausgleich errechnet
Für den Zugewinnausgleich wird das Vermögen zum Beginn und zum Ende der Ehe individuell für beide Partner ermittelt, und die Beträge werden dann miteinander verglichen. Der Partner, der einen größeren Wertzuwachs während der Ehe hatte, muss hiervon die Hälfte an seinen Ex-Partner abgeben. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass beide Eheleute ihren Anteil zum wirtschaftlichen Erfolg geleistet haben, auch wenn vielleicht einer der beiden hauptsächlich unbezahlte familiäre Aufgaben übernommen hat und deshalb kein eigenes Vermögen bilden konnte. Stichtage für die Berechnung sind der Tag der Trauung sowie der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags. „Schon ab dem Tag der Trennung haben die Partner Auskunftsansprüche über das Vermögen des jeweils anderen“, erläutert Expertin Becker. So soll verhindert werden, dass das Vermögen noch vor der Scheidung verschoben wird.
Wichtig: Will einer der Partner bei der Scheidung den Zugewinnausgleich durchführen, muss er ihn vor dem Familiengericht beantragen, dieses wird nicht von sich aus tätig. Der Ausgleich muss zwar nicht zwingend mit der Scheidung durchgeführt werden, das ist aber ratsam, weil der Anspruch auf Zugewinnausgleich drei Jahre nach Eintreten der Rechtskraft der Scheidung verjährt und das leicht in Vergessenheit geraten kann. Zudem wird auch die Ermittlung der Vermögensbestände immer schwerer, je mehr Zeit vergeht.
Familienrechtlerin Becker rät: „Bringen einer oder beide Partner bereits einen gewissen Besitz mit in die Ehe, kann es sinnvoll sein, das Anfangsvermögen zu deren Beginn zu berechnen und notariell festzuhalten, sodass hierüber bei einer eventuellen Scheidung kein Streit aufkommen kann.“
Was geht alles in die Berechnung ein?
In den Zugewinnausgleich geht das Vermögen ein, das beide Partner während der Zeit der Ehe bilden, auch wenn es nur einem von ihnen gehört. Kauft sich beispielsweise die Ehefrau nach der Hochzeit ein Auto, so gehört es zwar nur ihr allein, der Wert des Wagens würde aber mit in den Zugewinn einfließen.
Demgegenüber bleiben Besitztümer, die die Partner bereits vor der Ehe besessen haben, grundsätzlich außen vor. Steigen diese allerdings während der Ehe im Wert, würde dieser Zuwachs wiederum ausgleichspflichtig sein. Beispiel: Einer der Partner besitzt schon vor der Ehe eine Eigentumswohnung, die zum Zeitpunkt der Heirat 100.000 Euro wert ist. Steigt der Wert bis zur Scheidung auf 120.000 Euro, werden 20.000 Euro als Zugewinn gerechnet.
Manche Vermögenswerte, die einer der Partner während der Ehe erlangt, gehen nicht in den Zugewinn ein. Das betrifft etwa Erbschaften oder Schenkungen. Hier würde wieder nur der nach dem Erb- oder Schenkungsfall eingetretene Vermögenszuwachs mit in die Berechnung einbezogen, jedoch nicht das Erbe oder Geschenkte selbst.
Kann man die Regeln der Zugewinngemeinschaft individuell abändern?
Ja. Denn nicht für alle Paare ist das Modell der Zugewinngemeinschaft optimal geeignet oder gewünscht. Becker: „Dafür ist der Abschluss eines Ehevertrags notwendig und damit der Gang zum Notar.“ So kann etwa vereinbart werden, dass bestimmte Vermögensgegenstände ganz aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen werden sollen. Das wird beispielsweise häufig gemacht, wenn einer der Partner ein Unternehmen besitzt, das seine Existenzgrundlage darstellt.
Gängige weitere Modifikationen sind etwa, dass der Zugewinnausgleich nur dann durchgeführt werden soll, wenn die Ehe eine bestimmte Zeit gehalten hat, oder dass beispielsweise darauf verzichtet wird, wenn keine Kinder geboren werden. Häufig wird der Zugewinnausgleich auf den Todesfall beschränkt, denn auch wenn einer der Partner stirbt, hat der Hinterbliebene grundsätzlich noch einen Anspruch auf den Ausgleich des Zugewinns.
Der deutsch-französische Wahlgüterstand kann zum Beispiel passend sein, wenn ein Partner eine Immobilie mit in die Ehe bringt. „Die bleibt dann bei der Betrachtung des Zugewinns komplett außen vor, das heißt, auch eine Wertsteigerung würde nicht berücksichtigt werden“, so Becker.
Eine komplette Gütertrennung bietet sich hingegen in vielen Fällen für Hochzeitspaare im „besten Alter“ an. Diese heiraten oft zum zweiten Mal, und beide sind finanziell unabhängig, sodass sie nicht unbedingt auf gegenseitige Absicherung angewiesen sind. Zudem soll oft auch sichergestellt werden, dass der Besitz erhalten bleibt und später den eigenen Kindern zugutekommt und nicht über den Zugewinnausgleich auf eine andere Familie übergeht.