Das Homeoffice ist für viele Arbeitnehmer zur Normalität geworden, viele sprechen auch von mobilem Arbeiten. Doch was ist da arbeitsrechtlich eigentlich genau erlaubt? Wo und wie dürfen Beschäftigte tätig sein – auch beim Kinderbetreuen im Sandkasten und beim Sonnenbad im Urlaub?

Nathalie Oberthür, Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht und Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht beim Deutschen Anwaltsverein, erläutert, was Beschäftigte wissen sollten.

Außer den allgemeinen Regeln für Homeoffice und Co. gibt es oft speziellere Vorgaben – etwa durch einen Tarifvertrag. Was zum Beispiel in tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektro-Industrie gilt, erklärt unser Artikel über den schon 2018 vereinbarten Tarifvertrag zum Mobilen Arbeiten.

Was bedeutet eigentlich mobiles Arbeiten?

„Grundsätzlich geht es beim mobilen Arbeiten um die Frage des Arbeitsortes, also wo genau der Beschäftigte seine Tätigkeit ausübt“, erklärt Oberthür. Begriffe wie Homeoffice, mobiles Arbeiten, mobile Office oder Ähnliches bezeichnen juristisch gesehen dasselbe: Der Beschäftigte arbeitet nicht an einem Arbeitsplatz im Unternehmen, sondern woanders.

Etwas anderes ist dagegen ein Telearbeitsplatz, der in der Praxis aber nur relativ selten vorkommt. „Dabei handelt es sich um einen festen Arbeitsplatz, den der Arbeitgeber eingerichtet hat, der sich aber nicht in den Büroräumen des Unternehmens befindet“, erläutert die Arbeitsrechtsexpertin. Ein typisches Beispiel wäre ein fest eingerichteter Büroraum in der eigenen Wohnung.

Was bedeutet es, wenn man einen Telearbeitsplatz hat?

„Ein Telearbeitsplatz wird vom Arbeitgeber eingerichtet und unterliegt teilweise der Arbeitsstättenverordnung“, sagt Oberthür. Das bedeutet: Der Arbeitgeber stellt die Einrichtung (Arbeitstisch, Stuhl, Lampe und so weiter) sowie sämtliche Arbeitsmittel (Rechner, Bildschirm, Papier et cetera). Er bezahlt alles und entscheidet auch, wie der Arbeitsplatz aussieht.

Außerdem ist der Arbeitgeber – genauso wie bei den Arbeitsplätzen im Unternehmen – dafür verantwortlich, dass die Regeln zum Gesundheitsschutz eingehalten werden, beispielsweise die entsprechenden Vorgaben zur Ergonomie.

Was bedeutet es, wenn man mobil arbeitet?

„Derzeit gibt es zum mobilen Arbeiten nur wenige Vorschriften, vieles ist also Vereinbarungssache“, so Oberthür. Man muss sich individuell mit dem Arbeitgeber einigen, wie das mobile Arbeiten praktisch umgesetzt werden soll. „Der Beschäftigte hat keine Ansprüche auf eine bestimmte Mindestausstattung seines Arbeitsplatzes“, erklärt die Juristin.

Will man um jeden Preis im Homeoffice arbeiten, und der Chef akzeptiert dies nur widerwillig, muss man also gegebenenfalls den dazu notwendigen Rechner und alles andere selbst bezahlen. In der Praxis kommt das aber kaum vor. Normalerweise stellt das Unternehmen – schon in eigenem Interesse – beim mobilen Arbeiten meist mindestens den Laptop und/oder das Smartphone.

Es ist Verhandlungssache, welche Kosten darüber hinaus übernommen werden, ob die Firma beispielsweise auch einen Monitor, einen Schreibtisch und einen Arbeitsstuhl zur Verfügung stellt oder laufende Kosten (Strom, Telefon/Internet) übernimmt.

Allerdings rechnet die Expertin damit, dass absehbar erste gesetzliche Regelungen zum mobilen Arbeiten kommen werden, da diese Arbeitsform in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Darf der Chef meinen Arbeitsplatz im Büro auflösen, wenn ich mobil arbeite?

„Wenn das mobile Arbeiten nicht dauerhaft vereinbart wurde, muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten einen funktionsfähigen Arbeitsplatz bereitstellen“, sagt Oberthür. Wo er das tut, entscheidet aber ausschließlich der Chef.

Das Unternehmen kann also die Büroräume am Firmensitz schließen, muss dem Mitarbeiter dann aber anderswo einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, beispielsweise indem das Unternehmen für seine Beschäftigten Arbeitsplätze in einem Co-Working Space anmietet.

Kann der Chef verlangen, dass ich in meiner Privatwohnung einen Arbeitsplatz einrichte?

„Die Einrichtung eines Arbeitsplatzes in der Wohnung des Beschäftigten ist nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich“, sagt die Expertin. Man kann entsprechende Forderungen also ablehnen. Denn der Chef darf nicht bestimmen, wie seine Angestellten ihre Privatwohnungen zu nutzen haben.

Ist der Beschäftigte damit einverstanden, in seiner Wohnung einen Arbeitsplatz einzurichten und hat er anderswo keinen anderen Arbeitsplatz (mehr), handelt es sich um einen Telearbeitsplatz (siehe oben).

Damit entscheidet der Arbeitgeber, mit welchen Möbeln und so weiter der Arbeitsplatz eingerichtet wird und muss auch alle Kosten übernehmen, da das Unternehmen verpflichtet ist, jedem Beschäftigten einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Habe ich Anspruch auf mobiles Arbeiten?

Die Entscheidung über das mobile Arbeiten ist derzeit allein Sache des Unternehmens. „Der Arbeitgeber muss das mobile Arbeiten nicht gestatten. Auch unter Corona-Bedingungen begründet der Infektionsschutz keinen individuellen Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice“, sagt Oberthür. Lehnt der Chef das Homeoffice ab, muss man also weiterhin ins Büro fahren.

Kann der Arbeitgeber mobiles Arbeiten gegen meinen Willen anordnen?

„Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, mobil zu arbeiten, sondern dies geschieht immer freiwillig“, sagt die Arbeitsrechtsexpertin. Ausnahme: Die mobile Arbeit ist ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart. Dann muss man im vertraglich vereinbarten Umfang ins Homeoffice, wenn der Chef dies wünscht.

Wo genau darf ich mobil arbeiten?

Im Café, im Schwimmbad oder im eigenen Garten – rein technisch könnte man seinen Laptop fast überall aufklappen. „Das Unternehmen kann aber Vorgaben zum Arbeitsort machen“, sagt Oberthür. Wenn der Chef also beispielsweise wegen des Datenschutzes das mobile Arbeiten nur in geschlossenen Privaträumen (Zuhause, Hotelzimmer) erlaubt, nicht aber außerhalb (Café, Bahn), muss man sich daran halten.

Abgesehen davon darf man frei entscheiden, wo man arbeitet. „Der Ort muss aber grundsätzlich zum Arbeiten geeignet sein“, sagt die Juristin. Ein ruhiges Café wäre also okay, nicht jedoch der Tresen eines Clubs mit lauter Musik oder die Bank auf dem Spielplatz, während man die Kinder beaufsichtigt.

Darf man verreisen und mobil arbeiten?

Auch das kommt auf die individuellen Vereinbarungen mit dem Unternehmen an. Wenn mobiles Arbeiten außerhalb des Heimatortes ausdrücklich verboten ist, muss man sich natürlich daran halten. Ansonsten sind Reisen innerhalb von Deutschland nach Einschätzung von Oberthür unproblematisch. Man könnte also beispielsweise die Oma auf dem Land besuchen oder eine Ferienwohnung an der Ostsee mieten und seinen Job von dort aus erledigen.

Bei Aufenthalten im Ausland kann es dagegen zu Problemen mit der Steuer und der Sozialversicherung kommen. „Im Ausland sollte man deshalb niemals ohne ausdrückliche Absprache mit dem Unternehmen mobil arbeiten“, warnt die Arbeitsrechts-Expertin. Wer davon träumt, seinen Laptop auf Mallorca aufzuklappen, sollte das also unbedingt vorher mit dem Chef klären.

Was ist mit der Sicherheit im Homeoffice?

Auch wenn der Arbeitgeber die Einrichtung und Gestaltung des Arbeitsplatzes (außer beim Telearbeitsplatz) nicht selbst bestimmt, muss das Unternehmen aber natürlich trotzdem – im Rahmen seiner Möglichkeiten – für den Gesundheitsschutz seiner Beschäftigten sorgen.

Das bedeutet: „Macht das Unternehmen Vorgaben, beispielsweise zum ergonomischen Sitzen oder zur Arbeitsplatzsicherheit, muss man sich daran halten“, sagt die Expertin.

Bin ich im Homeoffice unfallversichert?

Inzwischen sind die Regelungen angeglichen worden und auch beim mobilen Arbeiten besteht derselbe Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, den man auch im Büro hat.

Wie ist die Arbeit im Homeoffice sonst noch geregelt?

„Das mobile Arbeiten betrifft ausschließlich die Entscheidung über den Arbeitsort, es gibt keine arbeitsrechtlichen Sonderregelungen“, erklärt Oberthür. Folglich entscheidet allein das Unternehmen über folgende Dinge:

  • Arbeitszeit (es gibt keinen automatischen Anspruch auf freie Einteilung der Arbeitszeit oder auf Vertrauensarbeitszeit),
  • Pausenzeiten,
  • telefonische und sonstige Erreichbarkeit,
  • Art der Kontaktaufnahme (Telefon, Videokonferenzen, E-Mail und so weiter),
  • Arbeitsinhalte, die Verteilung der Aufgaben, Termine für Meetings und Ähnliches,
  • notwendige Maßnahmen zum Datenschutz und zur Vertraulichkeit (der Arbeitgeber kann also beispielsweise verlangen, bestimmte Sicherheitssoftware aufzuspielen oder dass man wegen der Vertraulichkeit nicht an öffentlichen Orten arbeiten darf).

Damit der Arbeitsalltag in der Praxis reibungslos funktioniert, werden die genauen Abläufe und Regelungen meist individuell abgestimmt. Da erfahrungsgemäß sowohl das Unternehmen als auch der Beschäftigte Interesse daran haben, dass die Zusammenarbeit klappt, gibt es dabei allerdings nur selten Streitereien.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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