Hamburg. Sind Männer tatsächlich Vorsorgemuffel? Wenn ja, warum? Und wie motiviert man sie für den regelmäßigen Gesundheits-Check, der ja kostenlos ist? Darüber sprach aktiv mit Professor Frank Sommer. Der Urologe und Sportmediziner ist Professor für Männergesundheit in Hamburg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit.

Sind Männer Angsthasen, wenn es um den Gang zum Arzt geht?

In gewisser Weise ja. Sie haben Angst vor negativen Nachrichten, die ihnen der Arzt mitteilen könnte. Und weil sie die nicht wissen wollen, gehen sie nicht zur Vorsorge. Diese Vogel-Strauß-Taktik hat viel mit dem männlichen Selbstverständnis zu tun: Wie im Grönemeyer-Song „Männer“ will sich das starke Geschlecht unverletzbar und unzerstörbar fühlen … Da passt die Vorsorgeuntersuchung nicht recht ins Bild, sie wird leider als Zeichen von Schwäche gesehen.

Und irgendwie ist eine solche Untersuchung ja auch nervig.

Stimmt. Männer sind besonders von den langen Wartezeiten in den Praxen genervt, das ist zumindest ihr Hauptargument, die Untersuchungen zu schwänzen. Nur 21 Prozent von ihnen gehen zur Vorsorge – bei den Frauen sind es immerhin 60 Prozent! Es gibt aber einen Lichtblick, die Anzahl der Untersuchungen hat zuletzt leicht zugenommen. Das ist ein Anfang, das sollte aber noch viel besser werden. Übrigens in unser aller Interesse.

Wie könnte das gelingen?

Man muss Männer bei ihrem Ego packen und sie positiv motivieren.

Schön gesagt. Aber wie geht das dann konkret?

Männliche Gemeinschaft ist da wichtig. Wenn Männer etwa beim Betriebssport zusammenkommen, fällt es ihnen leichter, über körperliche Symptome zu sprechen. Womöglich ist da ein Kollege, der schon bei der Herz-Kreislauf-Vorsorge war und vorschlägt, gemeinsam die entsprechenden Blutwerte checken zu lassen. Das hilft ungemein, weil sich die Männer in einem geschützten Raum austauschen. Schlägt hingegen die Ehefrau das Gleiche vor, schalten viele Männer auf stur …

Also bloß nicht am männlichen Selbstbewusstsein kratzen?

Lieber positiv motivieren: Anstatt Männern vorzurechnen, wie hoch das Herzinfarkt-Risiko ist, sollte man aufzeigen, wie leistungsfähig sie bleiben können, wenn sie regelmäßig zur Vorsorge gehen. Diese Leistungsfähigkeit verbinden Männer oft mit dem Gesundsein. So können sie mit ihrer Familie noch vieles erleben. Und nicht zuletzt, das höre ich oft in meinen Sprechstunden, wollen sie ja auch im Bett noch lange ihren Mann stehen.

Sie sind Professor für Männergesundheit. Sollte es generell einen „Männerarzt“ geben?

Nicht unbedingt. Ich glaube aber, dass es Männern den Arztbesuch erleichtern würde, wenn sie alles an einem Termin erledigen könnten. Warum nicht sogar bei einem Vorsorgetag im Betrieb, wo Ärzte unterschiedlicher Disziplinen die wichtigen Vorsorgeuntersuchungen anbieten? Dort gehen Kollegen dann gemeinsam hin – und lange Wartezeiten gäbe es auch nicht.