Am eigenen Häuschen, für das man oft lange gespart hat, hängen viele Erinnerungen. Hier hat man die Kinder groß gezogen, geliebt, gelacht, gefeiert und viele glückliche Tage erlebt. Kein Wunder, dass man das vertraute Eigenheim auch im Alter nicht aufgeben möchte. Doch Steine kann man bekanntlich nicht essen, deshalb sucht so mancher nach einer Lösung, um das Haus zu Geld zu machen, ohne ausziehen zu müssen. Welche Möglichkeiten es gibt, erklärt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW.
Wer diesen Plan umsetzen will, hat verschiedene Möglichkeiten, die jedoch eine Gemeinsamkeit haben: „Insgesamt sind in Deutschland nur sehr wenige Anbieter auf dem Markt, die überhaupt entsprechende Angebote machen“, sagt Scherfling. Sie bieten grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man das Eigenheim in Form einer Leibrente verkaufen. Zum anderen kann man es beleihen durch eine Umkehrhypothek.
Umkehrhypothek oder Leibrente: Bei beiden wird eine monatliche Rente gezahlt
Beide Angebote wirken auf den ersten Blick ähnlich, weil eine monatliche Rente gezahlt wird. Doch Vorsicht! „Rein rechtlich handelt es sich um völlig unterschiedliche Modelle, man sollte also genau prüfen, worauf man sich einlässt“, so Scherfling.
Es ist nicht immer einfach, hier den Durchblick zu behalten, denn die Anbieter verwenden ganz unterschiedliche Begriffe, beispielsweise Immobilienrente, Rückwärtshypothek, Zustifterrente oder auch Reverse Mortgage. Doch es ist wichtig, sich genau zu informieren, denn Fehlentscheidungen können teuer werden und sind kaum zu korrigieren.
Die Umkehrhypothek: Erst nach dem Tod werden das Darlehen und Zinsen zurückgezahlt
Bei einer Umkehrhypothek nimmt man einen Kredit auf die Immobilie auf. Entweder bekommt man das ganze Geld auf einen Schlag ausgezahlt oder man erhält eine monatliche Zahlung als Zusatzrente. Diese Zusatzrente wird entweder für eine bestimmte Zeit, zum Beispiel 20 Jahre, gezahlt oder aber ein Leben lang.
Der Unterschied zum klassischen Immobilienkredit: „Die gesamte Hypothek und alle Zinsen werden erst nach dem Tod an das Kreditinstitut zurückgezahlt“, erläutert Scherfling. Dann können die Erben entscheiden, ob sie die Summe anderweitig aufbringen und das Haus behalten oder ob sie die Immobilie verkaufen, um die Hypothek abzulösen. Mehr zum Thema Immobilienkredit und wie wann man ihn kündigen kann, lesen Sie auf aktiv-online.de: Immobilienkredit kündigen? Nach zehn Jahren kann man immer raus.
„Bei einer Umkehrhypothek bleibt man weiter Eigentümer der Immobilie“, erklärt der Finanzexperte. Das bedeutet, dass man wie bisher alle Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten selbst bezahlen muss.
Die Leibrente: Der Verkäufer bleibt im Haus und erhält eine lebenslange Zusatzrente
Wesentlich häufiger als die Umkehrhypothek ist das Leibrenten-Modell. Dabei verkauft man das Eigenheim entweder an ein Unternehmen oder eine Stiftung. Der verkaufende Senior bekommt aber normalerweise nicht den gesamten Kaufpreis auf einen Schlag ausgezahlt, sondern als lebenslange monatliche Zusatzrente. Außerdem darf er sein Leben lang in der Immobilie wohnen bleiben und muss dafür keine Miete zahlen.
Mit Vertragsabschluss ist der Senior nicht mehr selbst Eigentümer der Immobilie, sondern das Unternehmen, das die Rente auszahlt. Grundsätzlich wäre damit auch das Unternehmen für Sanierungen zuständig. Mehr zum Thema Sanierung und wie sie staatlich gefördert wird, lesen Sie auf aktiv-online.de: Neuer Steuerbonus für die energetische Sanierung: Wie funktioniert das genau?
Doch: „In den Verträgen kann vereinbart werden, dass der Senior diese Instandhaltungskosten weiterhin selbst übernehmen muss“, weiß der Experte. Hier sollte man genau nachfragen, denn dabei geht es um nennenswerte Summen – wenn im Laufe der Jahre beispielsweise ein neues Dach oder ein neuer Heizkessel fällig werden.
Das Wohnrecht im Alter unbedingt ins Grundbuch eintragen lassen
„Entscheidend ist bei dem Leibrenten-Modell, dass sowohl die Höhe der monatlichen Zahlungen als auch das lebenslange Wohnrecht unbedingt erstrangig im Grundbuch eingetragen werden müssen“, sagt der Experte. Ein vertraglich vereinbarter Anspruch reicht nicht aus, denn dabei könnte möglicherweise das gesamte Vermögen verloren gehen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Anbieter pleitegeht, sodass das Haus zwangsversteigert werden muss. In solchen Fällen ist der neue Besitzer nicht mehr an irgendwelche Verträge mit dem ursprünglichen Käufer gebunden.
Er kann also den Senior aus dem Haus werfen und muss auch die monatliche Rente nicht zahlen. „Eintragungen im Grundbuch dagegen gelten auch bei einem Eigentümerwechsel weiterhin“, so Scherfling.
Rückwärtshypothek: Für wen sich diese Art der Altersvorsorge eignet
Egal ob Umkehrhypothek oder Leibrente: Nicht jedes Eigenheim ist überhaupt zur Verrentung geeignet. Die Bedingungen sind je nach Anbieter etwas unterschiedlich. In der Regel muss man mindestens 65 Jahre alt sein, und die Immobilie muss gepflegt sowie ganz oder weitestgehend schuldenfrei sein. „In der Praxis eignen sich solche Angebote vor allem für ältere Menschen, die keinen Wert darauf legen, dass ihre Immobilie für eventuelle Erben erhalten bleibt“, sagt Scherfling.
Kernelement bei der Verrentung der Immobilie ist das lebenslange Wohnrecht, denn schließlich geht es ja darum, dass man in seinem Eigenheim wohnen bleiben will. Viele Senioren können aber im hohen Alter nicht mehr selbstständig bleiben, sondern müssen in ein Pflegeheim umziehen.
„Dieser Punkt sollte im Vertrag detailliert geklärt werden“, empfiehlt der Experte. Hier sind nämlich unterschiedliche Lösungen denkbar, beispielsweise ob das Häuschen bereits mit dem Auszug (gegen eine Abfindung) endgültig an den Anbieter fällt oder ob dem Senior die Mietzahlungen der neuen Bewohner zustehen.
Vorsicht bei einer kleinen Rente
Attraktiv ist die Verrentung der Immobilie natürlich vor allem dann, wenn die Rente relativ klein ist und auch anderweitig kein nennenswertes Vermögen zur Verfügung steht. Doch Vorsicht, wenn die Rente zum Leben nicht reicht! „Auch wenn die Preise steigen, bleibt die Zusatzrente aus der Immobilie ein Leben lang konstant“, erklärt der Finanzexperte. Reicht das Geld in einigen Jahren trotz der Zusatzrente wieder nicht aus, muss man trotzdem ausziehen und hat außerdem die Immobilie, also den einzigen Vermögenswert, verloren.
Ob Leibrente oder Umkehrhypthek: Wichtig ist es, genau nachzurechnen
„Sowohl eine Umkehrhypothek als auch eine Leibrente sind sehr teure Produkte“, sagt Scherfling. Vereinfacht gesagt, bekommt man immer viel weniger Geld heraus, als die Immobilie eigentlich wert ist. Die Berechnungsgrundlage der Anbieter ist zwar der aktuelle Marktwert der Immobilie, doch davon werden noch alle möglichen Abschläge und Gebühren abgezogen, teilweise bis zu 50 Prozent. „Rein finanziell betrachtet, ist es meist vorteilhafter, die Immobilie zu verkaufen und auszuziehen“, weiß der Experte.
Wie die Rechnung im Einzelfall ausfällt, hängt natürlich auch davon ab, wie alt man wird. Wer beim Verkauf gesundheitlich fit ist und sich auf ein langes Leben freuen kann, kalkuliert hier natürlich anders als jemand, der bereits gesundheitlich angeschlagen ist.
Ein Rechenbeispiel
Der potenzielle Verkäufer ist 70 Jahre alt und hat eine Immobilie im Wert von 350.000 Euro. Der Anbieter bietet eine lebenslange Rente in Höhe von 750 Euro pro Monat sowie ein lebenslanges kostenloses Wohnrecht. Stirbt der ehemalige Eigentümer nur fünf Jahre später, also mit 75 Jahren, hat er insgesamt 750 Euro mal 12 Monate mal 5 Jahre gleich 45.000 Euro fürs Haus bekommen. Wird er dagegen 95 Jahre alt, würde er insgesamt 750 Euro mal 12 Monate mal 25 Jahre gleich 225.000 Euro erhalten.
Das Recht, weiterhin in der geliebten Immobilie zu bleiben, muss also selbst bei einem langen Leben ziemlich teuer erkauft werden.
Würde dagegen das Eigenheim auf dem freien Markt verkauft, würde man dafür einen Marktwert von 350.000 Euro erhalten. Allerdings müsste man in diesem Fall natürlich ausziehen. Von dem Geld könnte eine kleinere Immobilie für beispielsweise 200.000 Euro gekauft werden, man hätte trotzdem noch 150.000 Euro zur freien Verfügung. Oder aber man zieht in eine Mietwohnung um, müsste dann aber Miete zahlen.
Weitere Alternative: Verkaufen und zurückmieten
Mit etwas Glück ließe sich sogar einen Käufer finden, der sowieso nicht selbst einziehen, sondern vermieten möchte. Dann könnte man die Immobilie verkaufen und gleich wieder zurückmieten. Im Mietvertrag kann man dann beispielsweise vereinbaren, dass der neue Eigentümer auf sein ordentliches Kündigungsrecht verzichtet oder dass die Miete nicht oder nur wenig steigen wird.
Im Gegenzug akzeptiert man dann einen geringeren Verkaufspreis. Dazu ein Beispiel: Eine Immobilie wird statt für 350.000 Euro wegen des Kündigungsschutzes und einer Mietengarantie für 330.000 Euro verkauft. Man wohnt dann zur Miete und zahlt dem neuen Besitzer 800 Euro Miete im Monat. Dann hätte man erst nach knapp 35 Jahren, also kurz vor dem 105. Geburtstag, insgesamt 330.000 Euro Miete bezahlt.