Lieferketten, Produktion, Personalplanung – verändert sich in einem Bereich etwas, hat das oft auch Auswirkungen auf die anderen. Um die vernetzte Produktion in Unternehmen besser handhaben zu können, braucht es Kenntnisse aus vielen Bereichen. Seit Kurzem kann man sich solches Know-how in einer Fortbildung aneignen: „Geprüfter Meister Vernetzte Industrie – Bachelor Professional in Smart Industry (IHK)“.
Was sich dahinter genau verbirgt, erklärt Claudia Schlebrügge. Sie ist Teamleiterin Weiterbildung bei der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven.
Frau Schlebrügge, Bremen hat als eine der ersten IHKs den neuen Abschluss im Programm. Wie ist die Fortbildung entstanden?
Bei uns in Bremen und auch in Stuttgart gab es Unternehmen, die an ihre IHKs herangetreten sind. Die haben gesagt: Die herkömmlichen Fortbildungsprüfungen passen nicht mehr so recht zu dem, was wir von unseren Mitarbeitern verlangen. Wir brauchen eine andere Struktur, neue Inhalte. Dann haben wir gemeinsam überlegt, was wir daraus machen.
Welche Inhalte werden in der neuen Fortbildung vermittelt?
Der Schwerpunkt liegt auf dem Thema Vernetzung. Mitarbeiter sollen lernen, nicht mehr nur in einem Bereich Expertise zu haben, sondern ganze Prozessketten im Unternehmen im Blick zu haben.
Geben Sie doch mal ein oder zwei Beispiele.
Angenommen, Sie müssen eine Maschine austauschen. Früher hat man dann die Maschine ausgetauscht – und alles ging weiter wie bisher. Heute wird die Maschine ausgetauscht, zugleich wird aber zum Beispiel das Controlling ins Boot geholt und die Personalabteilung informiert, weil vielleicht Schulungen nötig werden. Ein anderes Beispiel: Ein Betrieb stellt eine Produktionsanlage auf Wasserstoff um. Dann müssen die beteiligten Fachkräfte das Zusammenspiel aller Prozesse verstehen und steuern können – eben die bereichsübergreifende Vernetzung des gesamten Systems.
Geht es auch um IT-Kenntnisse, Stichwort „Smart Industry“?
Ja, der IT-Anteil an der neuen Fortbildung ist sogar sehr groß. Auch künstliche Intelligenz spielt eine Rolle. Das ist übrigens neu: Normalerweise haben technisch-kaufmännische Fortbildungen keinen IT-Teil.
Ein anderer Prüfungsteil dreht sich um das Thema Personalführung. Wozu brauchen Meister Vernetzte Industrie das?
Zum einen ist dieser Teil vorgeschrieben, um überhaupt einen Bachelor anbieten zu können. Zum anderen wird genau das aber auch von den Unternehmen gewünscht: Man braucht in einem vernetzt arbeitenden Betrieb auch Personalverständnis und die Kompetenz, mit Kollegen aus unterschiedlichsten Bereichen zu kommunizieren.
Dafür wird auf einen Grundlagenteil komplett verzichtet.
Das haben wir ganz bewusst so gestaltet. Manchmal fragen sich Unternehmen: Warum wird in einer Fortbildung noch Mathe vermittelt? Das müssen unsere Leute doch sowieso können. Stattdessen sind heute oft Kenntnisse in agilem Projektmanagement gefragt – deshalb gibt es auch dazu einen Prüfungsteil.
An wen richtet sich die neue Fortbildung?
An alle Mitarbeiter kleiner oder großer Unternehmen, die Transformationsprozesse zu meistern haben. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Teilnehmer eine gewerblich-technische oder kaufmännische Ausbildung haben.
Wie ist denn bisher die Nachfrage? Bislang gab es ja erst eine Prüfung in Bremen, die nächste ist für 2026 geplant.
Die Nachfrage zieht langsam an. Ich finde das ganz normal: Wenn etwas neu ist, ist es erst mal mit Ängsten verbunden. Über den neuen Abschluss kann man sich noch nicht in Internetforen informieren, man findet keine Klausuren zur Vorbereitung. Aber ich denke, nach und nach werden immer mehr Kammern aufspringen. Denn die Nachfrage aus der Industrie ist da.

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Klavier in einer Band.
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