Bonn. Neues Jahr, neues Glück: Man könnte doch mal wieder was lernen, um beruflich voranzukommen! Wenn es nur nicht so schwer wäre, sich dazu aufzuraffen …
Beim Kampf mit dem inneren Schweinehund können Tipps von Professorin Esther Winther helfen. In Sachen lebenslanges Lernen kennt sich kaum jemand so gut aus wie die wissenschaftliche Direktorin am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn, mit der AKTIV gesprochen hat.
Zunächst muss einem klar sein: Weiterbildung lohnt sich! Je mehr man kann, desto geringer das Risiko, arbeitslos zu werden. Umfragen belegen zudem: Wer sich weiterbildet, ist zufriedener – mit sich selbst wie mit seinen beruflichen Möglichkeiten. Und Fortbildung lohnt sich in jedem Lebensalter, weil Wissen schneller veraltet als früher.
Schon deshalb liegt Lernen im Trend. Das zeigen Auswertungen für das Bildungsministerium: So ist die Quote der Erwerbstätigen, die jenseits der 55 noch büffeln, stark gestiegen, von 41 Prozent (2007) auf 53 Prozent (2014).
Wie aber kommt man aus dem Sessel, womöglich noch nach Feierabend?
1. Anfangen
„Man kann sich selbst mit einem Trick aus der Reserve locken“, empfiehlt Expertin Winther, „indem man sich ehrlich fragt: Was hindert mich eigentlich daran, eine Weiterbildung anzugehen? Fehlende Zeit, fehlendes Interesse, vielleicht Angst vor dem, was einen erwartet?“ Das mal in einer Art Checkliste zu notieren und die einzelnen Punkte dann selbstkritisch zu hinterfragen – das würde schon viel bewirken.
Aber auch Bauchgefühle helfen. Wenn man etwa durch einen Artikel oder TV-Bericht auf etwas gestoßen wird, plötzlich merkt: Mensch, das würde mich interessieren. „Diesen angeregten Zustand kann man ausnutzen, um sich zu motivieren“, so die Professorin. Allerdings sollte das Ziel nicht zu hoch gesteckt sein: „Die Zufriedenheit mit einer Weiterbildung hängt in hohem Maße davon ab, inwieweit das Gelernte zu dem passt, was jemand am Arbeitsplatz tut.“
Was daher ebenfalls hilft: Beim Mittagessen mit Kollegen, die eine Schulung absolviert haben, übers Lernen reden! „Ganz konkret fragen: Warum habt ihr das eigentlich gemacht?“, rät die Expertin. „Hat man so das Motiv herausgekitzelt, stellt man oft fest: Ach, eigentlich denke ich ja genauso … Und wenn der Kollege es geschafft hat, warum ich dann nicht auch?“
Wobei es laut Winther gar nicht mal so schwer ist, gestandene Fachkräfte für einen Kurs zu motivieren. Aber: „Die bleiben dann oft nicht am Ball, brechen eine Weiterbildung relativ häufig ab – bei Facharbeitern ist eher das Durchhalten das schwierige Element.“
2. Durchhalten
Durchhänger gibt es häufig, wenn Kursinhalte zwischendurch sehr theoretisch werden. „Dann kommt schnell der Reflex: Das bringt mir nichts“, weiß Winther. Helfen könne es dann, Probleme aus dem eigenen Arbeitsalltag ins Seminar einzubringen – und notfalls den Dozenten zu bitten, sich stärker an der Wirklichkeit zu orientieren. „Das ist ein plakativer Rat“, räumt die Professorin ein, „hilft aber. Weil man auf diese Weise das, was einen sowieso beschäftigt, und das, was man lernt, viel stärker zusammenbringt – und das stärkt das Durchhaltevermögen.“
Ebenfalls wichtig: „Das Umfeld möglichst so verändern, dass man gerne in der Situation verweilen möchte.“ Beispiel: Bei Gemecker im Kurs – gegenhalten! „Wenn man Nörgler in der Gruppe hat, darf man ruhig mal bewusst sagen: Wir wollen jetzt hier nicht nörgeln – es geht für uns um wertvolle Zeit.“
Hilfreich ist auch eine robuste Schwamm-drüber-Haltung. „Wenn man in einem Bildungsprozess steckt, darf man sich nicht zu sehr von unvermeidlichen Misserfolgen irritieren lassen – das blockiert den Fokus aufs Aktuelle“, erklärt die Expertin. Zum Beispiel nach einer Gruppenarbeit: „Je nach Tagesform ist man da auch mal weniger erfolgreich – so einer Situation darf man nicht lange nachhängen, sonst steigert man sich da negativ rein.“
3. Anwenden
Kurs vorbei, Wissen gespeichert – und dann? „Am besten gelingt der Transfer von neuem Wissen, wenn sich die eigene Arbeit, die tägliche Routine, leicht verändert.“ Da genüge schon eine Kleinigkeit – ein bisschen mehr Verantwortung zum Beispiel, ein etwas anderes Aufgabenprofil. Das dürfe, wer dazugelernt hat, ruhig einfordern: „Aus psychologischer Sicht geht es da um ein Belohnungssystem“, erklärt Winther, „es führt letztlich dazu, dass Inhalte einer Weiterbildung real Anwendung finden in der täglichen Arbeitspraxis.“
Übrigens: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr? „Das ist Unsinn!“, betont Professorin Winther. „Es steht inzwischen längst außer Zweifel, dass auch Ältere noch lernen können.“
Vielfältige Förderung
- Betriebe bieten ihren Beschäftigten in Sachen Fortbildung häufig eine ganze Menge an – was da jeweils im Angebot ist, weiß die Personalabteilung.
- Wer auf eigene Faust dazulernen will, dem hilft der Staat: mit Meister-Bafög, Bildungsprämie, Bildungskredit – und so fort. Einen praktischen Überblick gibt die Stiftung Warentest in einer Broschüre, kostenloser Download unter: test.de
- Zudem gibt es beim Bildungsministerium eine Hotline: Unter 030 - 20179090 kann man sich montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr in Sachen Weiterbildung beraten lassen.