Berlin. Die Mieten sind vielerorts hoch wie nie - dann sollte aber wenigstens die Wohnung in Ordnung sein. „Wie bei einer Waage müssen Leistung und Gegenleistung im Gleichgewicht sein“, erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund das Grundprinzip.
Bei kaputten Heizungen, Schimmel, Lärm oder anderen Mängeln muss man also nicht voll zahlen, sondern kann die Miete in dem Maße reduzieren, wie die Nutzung der Wohnung beeinträchtigt ist. „Dabei sollte man es aber nicht übertreiben“, sagt Ropertz. „Die Mietminderung muss angemessen sein.“
Mietminderung individuell abwägen
Was das bedeutet, muss man im Einzelfall individuell abwägen. Die im Internet kursierenden Mietminderungstabellen können dabei nur ein grober Anhaltspunkt sein. Daneben sollte man seinen gesunden Menschenverstand einsetzen: Wer beispielsweise die Miete einer ansonsten einwandfreien Wohnung wegen eines feuchten Kellers um 50 Prozent kürzen will, schießt mit Sicherheit über das Ziel hinaus.
„Bei überzogener Minderung droht die Kündigung wegen Mietrückstands“, erklärt der Jurist. Im Zweifel sollte man sich deshalb beraten lassen, wie viel angemessen ist.
Kürzung nicht immer möglich
Bei absoluten Kleinigkeiten wie einer defekten Glühbirne im Hausflur kann man die Miete allerdings überhaupt nicht kürzen. Auch wenn man einen Schaden selbst verursacht hat, muss man weiterhin die volle Miete zahlen. Beschädigt man beispielsweise beim Heimwerken versehentlich das Cerankochfeld der mitgemieteten Einbauküche, darf man die Miete auch dann nicht mindern, wenn man tagelang nicht kochen kann.
Grundsätzlich darf man auch nur dann kürzen, wenn das Problem erst nach dem Abschluss des Mietvertrags erkennbar wird: Wer an eine Schnellstraße zieht, kann sich hinterher also nicht über Vekehrslärm beklagen. Wer eine Wohnung mit Einfachverglasung mietet, darf die Miete hinterher nicht wegen fehlender Isofenster kürzen. „In solchen Fällen ist die Miete ja üblicherweise auch relativ niedrig. Der schlechte Zustand ist also schon eingepreist“, erklärt Ropertz.
Trotzdem muss die übliche Wohnungsausstattung natürlich funktionieren. Der Vermieter kann sich also nicht damit herausreden, dass die kaputte Heizung oder das Warmwasser sowieso noch nie funktioniert haben.
Informationspflicht des Mieters
Sobald das Problem erstmals auftritt, ist man verpflichtet, den Vermieter umgehend zu informieren, aus Beweisgründen am besten schriftlich. „Dies liegt auch im eigenen Interesse des Mieters“, sagt Ropertz. „Ihm drohen nämlich Schadensersatzforderungen des Vermieters, wenn sich ein Schaden wegen der fehlenden Meldung vergrößert.“ Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn man einen Wasserrohrbruch erst nach Wochen meldet, sodass die Reparatur viel teurer wird als nötig.
Genau rechnen
Sobald der Vermieter über das Problem informiert ist, darf man sang- und klanglos die Miete kürzen. „Eine Mietminderung muss man weder ausdrücklich ankündigen, noch muss man dem Vermieter zuerst die Gelegenheit geben, das Problem zu beheben“, so der Experte. Man überweist also einfach weniger Miete, bis die Angelegenheit bereinigt ist.
Berechnungsgrundlage ist immer die Warmmiete, dabei wird tagesgenau abgerechnet. Funktioniert beispielsweise die Heizung drei Tage nicht, darf man auch nur für diese drei Tage die Miete kürzen.
Kein Anspruch auf Milieuschutz
Es ist grundsätzlich egal, ob der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist oder ob er überhaupt eine Möglichkeit hat, das Problem zu lösen. Sorgt also ein neu eröffneter Jugendtreff im Nachbarhaus für Dauerlärm, kann man auch dauerhaft die Miete mindern.
„Allerdings hat man keinen Anspruch auf sogenannten Milieuschutz“, erklärt Ropertz. Etabliert sich also in einem ehemals gutbürgerlichen Viertel nach und nach die Drogenszene der Stadt, muss man trotzdem weiter voll zahlen.
Streitpunkt Bauarbeiten
Speziell nervige Bauarbeiten führen oft zu Streitereien mit dem Vermieter. „In Großstädten wie Berlin entscheiden die Gerichte häufig, dass Baustellen zum Stadtleben gehören, eine Mietminderung also nicht möglich ist“, sagt der Jurist.
Auch wenn Bauarbeiten des Vermieters für Lärm und Dreck sorgen, muss man aufpassen: Liegen die Nerven wegen einer allgemeinen Modernisierung blank, darf man die Miete mit Beginn der Bauarbeiten mindern. „Bei energetischen Sanierungen dagegen ist eine Mietminderung seit 1. Mai 2013 erst ab dem vierten Monat der Arbeiten erlaubt“, erklärt Ropertz. Man muss also zunächst einmal drei Monate lang leiden. Kleines Trostpflaster: In diesem Fall kann man sich aber den Infobrief an den Vermieter sparen - er weiß schließlich selbst am besten, wann die Arbeiten begonnen haben.
Vorsicht: Bei einer unberechtigten Mietminderung droht die Kündigung, wenn der Rückstand mehr als eine Monatsmiete ausmacht, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat (BGH VIII ZR 107/12, Urteil vom 10.10.2012).